Der demografische Wandel verläuft sowohl in Deutschland als auch in Hessen sehr unterschiedlich. Während in Städten die Bevölkerung zunimmt, ist die Wachstumsrate auf dem Land rückläufig. Dies ist das zentrale Ergebnis einer Studie des Forschungszentrums Demografischer Wandel (FZDW) der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS). Die Forscher werteten hierzu Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus.
Demnach sind auf der Ebene der 16 Bundesländer Berlin und Hamburg demografisch am besten aufgestellt. Nur in diesen Bundesländern wurden im Jahr 2014 mehr Kinder geboren als Menschen verstarben. Besonders ungünstig fallen die demografischen Rahmendaten dagegen für die meisten neuen Bundesländer sowie für das Saarland aus: In Sachsen-Anhalt zum Beispiel starben im Jahr 2014 annähernd doppelt so viele Menschen wie Kinder geboren wurden.
„Frauen in Berlin und Hamburg bekommen nicht etwa mehr Kinder als Frauen in Sachsen-Anhalt oder im Saarland. Es leben aber dort deutlich mehr junge Frauen, die Kinder bekommen können“, erläutert Dr. Sven Stadtmüller, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des FZDW und Autor der Studie, die Unterschiede zwischen den Bundesländern.
Zudem zeigen sich bestimmte demografische Muster: Bundesländer, die ein vergleichsweise positives Verhältnis von Geburten zu Sterbefällen aufweisen, profitieren auch überdurchschnittlich von Zuwanderung – und umgekehrt. „Manche Regionen sind also gleich in doppelter Hinsicht demografisch gut aufgestellt; andere sind aber auch doppelt benachteiligt“, bilanziert Stadtmüller.
Stadtmüller und Jonathan Kohl, Co-Autor des Berichts, analysieren in ihrer Studie zudem die demografische Entwicklung in den Landkreisen und kreisfreien Städten Hessens. Hier zeigt sich eine deutliche Spaltung der demografischen Lage nach Stadt und Land. Während im Jahr 2014 in der Stadt Frankfurt am Main knapp 1.500 Geburten auf 1.000 Sterbefälle kamen, waren es im Vogelsbergkreis nur 493 Neugeborene pro 1.000 Gestorbenen. Auch die übrigen kreisfreien Städte weisen ein sehr günstiges Verhältnis von Geburten zu Sterbefällen auf. Dies hinge, so die Autoren, mit der vergleichsweise jungen Altersstruktur in den hessischen Städten zusammen. Zudem fällt auch die Zuwanderung in die kreisfreien Städte besonders hoch aus, wenngleich sich hier für das Jahr 2015 neue Entwicklungen abzeichnen: Fiel der Wanderungsgewinn im Vogelsbergkreis im Jahr 2014 noch am geringsten aus, so profitierte dieser Landkreis ein Jahr später am meisten von Zuwanderung. Diese Trends gelte es weiter zu beobachten, so die Forscher.
Das Bild verschiedener demografischer Entwicklungsverläufe zwischen Ost und West einerseits und zwischen Stadt und Land andererseits verfestigt sich, wenn man auf die prognostizierte Entwicklung der Bevölkerungszahl und der Altersstruktur blickt. In weiten Teilen der neuen Bundesländer wird die Bevölkerung stark schrumpfen und altern, während Berlin und Hamburg, aber auch Bayern, Baden-Württemberg und Hessen weiter wachsen werden und die Alterung der Bevölkerung dort gedämpfter ausfällt. Auch in Hessen verfestigen sich die demografischen Trends und lassen vor allem für die kreisfreien Städte einen weiteren Anstieg der Bevölkerungszahl und eine nur mäßig fortschreitende Alterung erwarten. Hingegen wird die Bevölkerungszahl im Werra-Meißner-Kreis sowie im Kreis Vogelsberg stark abnehmen und altern.
Im Fazit geben die Autoren einen Ausblick auf die Konsequenzen, die sich aus der hohen Zuwanderung der letzten Jahre für die demografische Entwicklung ergeben. So werde die Bevölkerungszahl in geringerem Ausmaß schrumpfen als angenommen – und auch die Alterung der Bevölkerung wird gemäßigter ausfallen. Dies hänge mit der jungen Altersstruktur der Flüchtlinge zusammen. Gleichzeitig erwarten die Autoren eine zunehmende demografische Spaltung insbesondere zwischen Stadt und Land. „Die Menschen, die als Flüchtlinge nach Deutschland kommen, zieht es, zumindest mittel- und langfristig, vornehmlich in die Städte. Dies wird sich dort zusätzlich positiv auf Bevölkerungszahl und Altersstruktur auswirken“, so Stadtmüller.