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Bundeskabinett beschließt Neuregelungen für Wohnungsbau

Allgemein, Strukturpolitik, Wohnugsbau

Kommunen können zukünftig auch in Gewerbegebieten oder in stark verdichteten städtischen Gebieten neue Wohnungen bauen. Dafür eröffnen die „Urbanen Gebiete“ den Kommunen mehr Flexibilität. Auch die Lärmschutzverordnungen wurden dazu angepasst. Den entsprechenden Gesetzentwurf zur „Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt“ hat das Kabinett beschlossen.

Außerdem wurde das Baugesetzbuch an die EU-Richtlinie von 2014 angepasst und der Umgang mit Ferienwohnungen geregelt. Darüber hinaus hat das Kabinett die neuen Immissionsrichtwerte für Lärm und Sportstättenbetrieb verabschiedet.

Die im Städtebaurecht neu eingeführte Baugebietskategorie „Urbane Gebiete“ erlaubt den Kommunen, dass künftig auch in stark verdichteten städtischen Gebieten oder in Gewerbegebieten Wohnungen gebaut und Gebäude als Wohnraum genutzt werden dürfen. Die Bundesregierung setzt damit einen wichtigen Teil des Programms „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen und zur Wohnungsbau-Offensive“ um, das im März 2016 vom Kabinett beschlossen wurde. Darin ist vorgesehen, dass Bauland bereitgestellt, Wohngebiete verdichtet, und Bauvorschriften vereinfacht werden.

„Das neue urbane Gebiet soll das Miteinander von Wohnen und Arbeiten in den Innenstädten erleichtern und neue Möglichkeiten für den Wohnungsbau schaffen. Mit dem urbanen Gebiet folgen wir dem Leitbild einer Stadt mit kurzen Wegen, Arbeitsplätzen vor Ort und einer guten sozialen Mischung.“, so Bundesbauministerin Barbara Hendricks.

„Urbane Gebiete“ zeichnen sich durch Nutzungsmischung aus: Gewerbebetriebe, Wohnungen, aber auch soziale, kulturelle und andere Einrichtungen werden in nächster Nähe gemeinsam existieren. Wichtig ist, dass die Wohnnutzung nicht wesentlich gestört ist. Jedes Bauplanungsverfahren erfordert auch in urbanen Gebieten eine vorausgehende Umweltverträglichkeitsprüfung. Dafür muss ein Umweltbericht vorgelegt werden. Dieser Bericht muss die Ziele des Bauleitplans beschreiben und eine Bestandsaufnahme des derzeitigen Umweltzustandes enthalten. Auch eine Prognose über die Entwicklung dieses Zustandes bei der Durchführung der Planung muss enthalten sein.

Die Gemeinden sind außerdem verpflichtet, nachzuweisen, dass die Ergebnisse der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung im Flächennutzungsplan berücksichtigt worden sind. Außerdem muss begründet werden, warum anderweitige Planungsmöglichkeiten nicht in Betracht kommen.

Die Richtwerte der zumutbaren Lärmbelastung für Kern-, Dorf- und Mischgebiete sind in der „Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ (TA Lärm) geregelt. Die TA Lärm sieht eine Erhöhung von Immissionswerten vor, wenn „dem Wohnen dienende Gebiete an gewerblich oder industriell genutzte Flächen angrenzen“. Für die neue Baugebietskategorie „Urbane Gebiete“ wurden die Immissionsrichtwerte auf maximal 63 Dezibel tagsüber und 48 Dezibel nachts festgesetzt.

Auch die Immissionsrichtwerte von Sportanlagen wurden neu geregelt, um den Spielbetrieb auf Sportanlagen zu fördern. Die Richtwerte dürfen in den Abendstunden, sowie den Ruhezeiten an Sonn- und Feiertagen um fünf Dezibel erhöht werden. Für urbane Gebiete gelten die in der TA Lärm festgelegten Grenzwerte.

Planungsverfahren beschleunigen
Um die Planungsverfahren für den Wohnungsbau zeitlich zu straffen, dürfen nun Bebauungspläne im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden. Dies gilt für Pläne mit einer Grundfläche von 10.000 Quadratmetern für Wohnnutzung. Diese Flächen müssen sich an Ortsteile anschließen, die im Zusammenhang bebaut sind. Diese Regelung ist bis zum 31. Dezember 2019 befristet. Voraussetzung ist, dass für das vorgesehene Bebauungsgebiet die Umweltverträglichkeit festgestellt wurde. Zudem darf keine Gefahr für schwere Unfälle im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestehen.

„Rollladen-Siedlungen“ begrenzen
In den begehrten Urlaubsgebieten und in den attraktiven Städten wird der Wohnungsmangel verschärft, weil viele Eigentümer ihre Wohnungen nur vorübergehend nutzen. Oft werden diese Wohnungen sogar ausschließlich als Ferienwohnungen jeweils kurzfristig vermietet. Der Gesetzentwurf regelt den Umgang mit diesen Ferienwohnungen. Gemeinden können einen Genehmigungsvorbehalt gegen den Neubau oder die Nutzung von Wohnraum als „Ferienwohnung“ aussprechen. Dadurch sollen „Rollladen-Siedlungen“ unterbunden werden. In Sondergebieten (z.B. Kurorten) sind aber Ferienwohnungen und Dauerwohnungen nebeneinander als Regelnutzungen weiterhin zugelassen.

Der Wohnungsbau ist Ländersache. Dies wurde 2006 festgelegt, als die Beziehungen zwischen Bund und Ländern neu geordnet wurden. Seitdem darf der Bund die Länder nur noch bis zum Jahr 2019 finanziell unterstützen. Ab 2020 fallen die Zuschüsse weg. Für 2016 bis 2019 unterstützt der Bund die Länder und Kommunen durch eine Aufstockung der Kompensationsmittel für die soziale Wohnraumförderung. Dadurch stehen den Ländern jährlich insgesamt eine Milliarde Euro zur Verfügung.Damit keine sozialen Brennpunkte entstehen, werden wohnungsbaupolitische Maßnahmen mit stadtentwicklungspolitischen Instrumenten stärker verzahnt. Dafür hat der Bund die Städtebaufördermittel auf 700 Millionen Euro erhöht.