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Rechte und Pflichten für Muslime

Innenpolitik, Soziales

Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz hat gemeinsam mit Vertretern von muslimischen Verbänden Entwürfe der Verträge vorgestellt, die grundlegende Fragen im Verhältnis der Stadt zu den drei islamischen Verbänden und der Alevitischen Gemeinde regeln sollen.

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Die Verhandlungen waren bereits Anfang 2007 auf Initiative des damaligen Ersten Bürgermeisters Ole von Beust aufgenommen und nach der Bürgerschaftswahl 2008 vom CDU-GAL-Senat fortgesetzt worden. Gegenstand der Gespräche und des ausverhandelten Vertrages sind sowohl Aspekte der praktischen Religionsausübung muslimischer und alevitischer Bürger Hamburg, wie religiöse Feiertage, Religionsunterricht, Bau von Gebetsstätten und Bestattungswesen, als auch Fragen der Wertegrundlagen der grundgesetzlichen Ordnung, wie der religiösen Toleranz und der religiösen Neutralität des Staates, der Nichtdiskriminierung aufgrund von Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, Glauben und religiöser und politischer Anschauungen sowie des Bekenntnisses zum staatlichen Schulwesen. Darüber hinaus ist im Rahmen der Verhandlungen der Frage der rechtlichen Einordnung islamischer Verbände als Religionsgemeinschaften nachgegangen worden. Hierzu eingeholte Gutachten haben bestätigt, dass neben der Alevitischen Gemeinde auch die drei verhandelnden islamischen Verbände als Religionsgemeinschaften anzusehen sind. Die Frage, ob sie auch die Voraussetzungen für die Verleihung der Rechte einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft erfüllen und damit einen den Kirchen vergleichbaren Rechtsstatus für sich beanspruchen könnten, war nicht Gegenstand der Verhandlungen und Begutachtungen. Öffentlich-rechtliche Befugnisse wie z. B. die Erhebung von Kirchen- und Kultussteuern sind daher auch nicht Gegenstand der vertraglichen Regelungen. Ebenso wenig sieht der Vertrag finanzielle Förderungen für die islamischen Verbände oder die Alevitische Gemeinde vor.

Im Einzelnen enthält der Vertrag Regelungen über

  • die Glaubensfreiheit der muslimischen und alevitischen Gläubigen und über die Rechtsstellung der islamischen Verbände und der alevitischen Gemeinde,
  • Gemeinsame Wertegrundlagen,
  • islamische und alevitische Feiertage,
  • Bildungswesen,
  • Hochschulausbildung,
  • Religionsunterricht,
  • Religiöse Betreuung in besonderen Einrichtungen,
  • Rundfunkwesen,
  • Gewährleistung der Vermögensrechte; Errichtung und Betrieb von Gebetsstätten und sonstigen Gemeindeeinrichtungen,
  • Bestattungswesen.

Während die vertraglichen Regelungen weithin die bereits nach Verfassung und Gesetz geltenden Rechte und Pflichten der Vertragsparteien bestätigen und bekräftigen, wird die Regelung über die Feiertage eine konkrete Rechtsänderung nach sich ziehen: Die höchsten islamischen und alevitischen Feiertage werden danach den Status kirchlicher Feiertage, vergleichbar mit dem Buß- und Bettag, erhalten.

Die Regelung über den Religionsunterricht ist in enger Abstimmung mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland formuliert worden und sieht eine fünfjährige Entwicklungsphase vor, in der der an den staatlichen Schulen erteilte „Religionsunterricht für alle in evangelischer Verantwortung“ in seiner Verantwortungsstruktur mit dem Ziel einer gleichberechtigten Beteiligung auch der islamischen und alevitischen Religionsgemeinschaften weiterentwickelt werden soll. Dies bedingt auch den Einsatz muslimischer und alevitischer Religionslehrerinnen und -lehrer. An dem Umstand, dass es sich um einen Unterricht an staatlichen Schulen durch entsprechend qualifiziertes Lehrpersonal handeln wird, wird sich nichts ändern.

Die CDU begrüßte das Vorhaben. Künftig sei es für Muslime schwerer zu begründen, warum ihre Tochter nicht am Schwimmunterricht oder am Sexualunterricht teilnehmen dürfe. Der Vertrag werfe jedoch noch viele Fragen auf, die vor einer endgültigen Beschlussfassung geklärt werden müssten, meinte Fraktionschef Dietrich Wersich. Er kritisierte allerdings, dass kein Kopftuch-Verbot von Lehrerinnen, Staatsanwältinnen oder Polizistinnen verankert wurde. In der Hansestadt leben rund 130 000 Muslime und 50 000 Aleviten.

 

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