Was für Neubaugebiete längst etabliert ist, will die Bundesregierung jetzt per bundesgesetzlicher Regelung für alle Gebiete Deutschlands verbindlich vorschreiben: Kommunen müssen künftig eine verbindliche Wärmeplanung auch für bebaute Bereiche vorlegen.
Nachdem ein erster Referentenentwurf noch vorgesehen hatte, die Wärmeplanung auf Regionen ab 10.000 Einwohnern zu beschränken, sehen die aktualisierten Planungen der Bundesregierung eine flächendeckende Wärmeplanung vor. Übertragen wird die Pflicht zur Wärmeplanung formal auf die Länder, die wiederum die Aufgabe an ihre Kommunen delegieren können.
Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern müssen bis spätestens 30. Juni 2026 Wärmepläne erstellen – Kommunen bis 100.000 Einwohner haben dafür bis zum 30. Juni 2028 Zeit. Dieser Zeitplan ist mehr als ambitioniert. Es ist nicht absehbar, mit welchem Personal die Kommunen die zusätzliche Aufgabe der Wärmeplanung in der vorgegebenen kurzen Zeitspanne erfüllen sollen. Einmal mehr verkennt die Bundesregierung die Gegebenheiten vor Ort und wälzt den Kommunen nicht nur neue Aufgaben über, sondern macht diese auch zu einem unnötig großen Problem. Dabei hilft es auch nur bedingt, dass die Länder für Kommunen unter 10.000 Einwohnern – immerhin der überwiegende Teil der Kommunen in Deutschland – ein vereinfachtes Verfahren (zum Beispiel Reduzierung des Kreises der Verfahrensbeteiligten und Ausschluss eines Wasserstoffnetzes für Teilgebiete, in denen ein Wärmenetz wahrscheinlich erscheint) vorsehen können und eine Wärmeplanung für mehrere Gemeindegebiete gemeinsam erfolgen kann.
Die Übertragung der Wärmeplanung von den Ländern auf die Kommunen ist sinnvoll und zielführend: Die Ausgangssituation in den einzelnen Kommunen und die Potenziale sind so unterschiedlich, dass es nicht möglich ist, von Bundes- oder Landesseite eine für alle passende Lösung zu entwickeln. Vielmehr braucht es örtlich angepasste Lösungen, die über die kommunale Wärmeplanung erarbeitet werden müssen. Wichtig ist daher, dass der Bund lediglich einen Rahmen vorgibt, der möglichst viel Flexibilität und Gestaltungsfreiheit bei der Durchführung der Wärmeplanung sowie der Erstellung von Wärmeplänen belässt. Erforderlich ist zunächst eine Bestandsanalyse und darauf aufbauend eine Potenzialanalyse, auf deren Grundlage dann ein Zielbild entwickelt werden kann. Erst auf dieser Grundlage wird es möglich sein, konkrete Vorgaben hinsichtlich einzelner Technologien zur Wärmeversorgung zu machen.
Wärmeplanung muss ergebnisoffen erfolgen
Daher ist es falsch, wenn mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Wärmeplanung auch bereits konkrete Ziele vorgegeben werden sollen, bis zum Jahr 2030 die Hälfte der leitungsgebundenen Wärme klimaneutral zu erzeugen. Betreiber von bestehenden Wärmenetzen müssen laut Gesetzentwurf bis zum Jahr 2030 die Wärmenetze mindestens zu 30 Prozent und bis zum Jahr 2040 mindestens zu 80 Prozent mit Wärme aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme speisen. Neue Wärmenetze müssen ab 1. Januar 2024 mindestens zu 65 Prozent mit Wärme aus erneuerbaren Energien oder aus unvermeidbarer Abwärme gespeist werden. Mit solchen zentralistischen Vorgaben wird das Ergebnis der Wärmeplanung dem eigentlichen Planungsprozess vorangestellt. Wenn das Zielbild bereits vor der Bestands- und Potenzialanalyse feststeht, entwertet die Bundesregierung die kommunale Wärmeplanung, bevor diese beginnt. Damit wiederholt die Bundesregierung den Fehler, den sie beim Gebäudeenergiegesetz zumindest auf den letzten Metern noch korrigiert hatte. Es ist richtig, dass die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes jetzt unter den Vorbehalt der kommunalen Wärmeplanung gestellt werden. Genauso richtig wäre es, die Ergebnisse der kommunalen Wärmeplanung nicht vorab mit Zielvorgaben zu überfrachten.
Wichtig ist auch bei der künftigen Wärmeversorgung die Technologieoffenheit. Wenn in Flensburg fast schon traditionell auf Fernwärme gesetzt wird oder im bayerischen Fuchstal mit einem Wärmetopf eine Nahwärmeversorgung erfolgreich etabliert wird, bedeutet das nicht, dass Wärmenetze das Allheilmittel einer nachhaltigen Wärmeversorgung in allen Regionen Deutschlands sein können. Auch die Wärmepumpe kann bei Bestandsgebäuden nicht ohne weiteres nachgerüstet und effizient genutzt werden. In bestehenden Schulen, Kitas, Verwaltungs- und Wohngebäuden ist die Wärmepumpe oft keine realistische technische Option, sondern funktioniert nur im Zusammenhang mit einer energetischen Sanierung. Daher ist es wichtig, dass auch andere Energieträger künftig in die Wärmeversorgung einbezogen werden. Insbesondere Holzpellets können für ältere Gebäude in dünn besiedelten ländlichen Regionen ein Lösungsansatz sein, wenn Wärmenetze oder Wasserstoffnetze nicht errichtet werden und Wärmepumpen wegen des energetischen Gebäudezustands nicht in Frage kommen oder nur mit unverhältnismäßig hohem Zusatzaufwand effizient genutzt werden können.
Wärmeplanung kostet Geld
Die Kosten der verpflichtenden Wärmeplanung sind den Kommunen im Rahmen der Konnexität aufgabenangemessen und auskömmlich zu erstatten. Die Bundesregierung kalkuliert in ihrem Gesetzentwurf für die einmalige Erstellung bis zum Jahr 2028 mit Kosten in Höhe von 535 Millionen Euro und für die Fortschreibung ab 2029 mit einem jährlichen Erfüllungsaufwand der Verwaltung in Höhe von 38 Millionen Euro. Der Gesetzentwurf sieht eine Kompensation der Mehrausgaben, die letztendlich bei den Kommunen anfallen werden, nicht konkret vor. Der Grundsatz „Wer bestellt, bezahlt“ gilt bei der Ampel-Regierung nicht. Wieder einmal lebt die Bundesregierung ihr zweifelhaftes Konnexitätsverständnis aus, wonach derjenige, der die Aufgabe ausführt, diese auch finanzieren muss. Somit wird auch die bundesseitig vorgegebene Wärmeplanung die ohnehin angespannte kommunale Finanzsituation weiter verschärfen, sofern die Länder nicht im Rahmen von dort greifenden Konnexitätsregelungen den Kommunen mit Delegation der Aufgabe auch die anfallenden Kosten erstatten. So oder so macht es sich der Bund bei der Finanzierung seiner Ideen mal wieder zu leicht.
Dabei ist absehbar, dass der Finanzbedarf nicht allein die Erstellung und Fortschreibung von Wärmeplänen umfasst. Denn die Wärmeplanung ist laut Gesetzentwurf der Bundesregierung „ein langfristiger, strategischer Prozess, der mit der Erstellung des Wärmeplans beginnt und insbesondere in konkreten Umsetzungsmaßnahmen auf Seiten der öffentlichen Stellen wie auch der privaten Investoren münden soll.“ Auf die Stadtwerke und Kommunen werden erhebliche Investitionsbedarfe zukommen. Allein dafür, dass (bestehende) Wärmenetze auf den Einsatz erneuerbarer Energien und unvermeidbarer Abwärme umgestellt werden müssen, kalkuliert die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf mit jährlich 415 Millionen Euro bis 2030 und ab 2031 mit jährlich 770 Millionen Euro. Seriös prognostiziert werden für den gesamten Umbau der Wärmeversorgung jährliche Investitionskosten von drei Milliarden Euro bis in die 2030er Jahre hinein. Die vom Bund vorgesehenen Mittel in Höhe von drei Milliarden Euro bis 2026 werden keinesfalls auskömmlich sein. Die erforderlichen Investitionen in Bestandsnetze und den Netzausbau werden letztendlich beim Endkunden ankommen und von den Verbraucherinnen und Verbrauchern gezahlt werden. Die Bundesregierung verweist in der Gesetzesfolgenabschätzung zwar darauf, dass die dadurch steigenden Preise für die Wärmeversorgung niedriger sein werden als die Kostensteigerung im Bestand für Gas- und Ölheizungen durch die CO2-Preisaufschläge in den kommenden Jahren. Es bleibt aber abzuwarten, ob diese CO2-bedingten Preisaufschläge tatsächlich über den umzulegenden Investitionskosten liegen werden.
Gut gemeint ist nicht gut gemacht
Die Wärmeplanung an sich ist vom Grundsatz her ein sinnvoller Ansatz, die Wärmeversorgung nachhaltig auszurichten. Zielführend ist auch, wenn die Kommunen diese Aufgabe letztendlich übernehmen. Wie bei vielem steckt aber auch hier der Teufel im Detail: Der Drang der Bundesregierung zu Vorabfestlegungen legt der kommunalen Planungshoheit unnötig Fesseln an. Die kurze Fristsetzung erschwert die Umsetzung des Vorhabens. Zusätzlich ist die Finanzierung nicht geklärt, was insbesondere für die Bürgerinnen und Bürger zu einem doppelten Problem werden kann: Sie müssen mit steigenden Kosten für die Wärmeversorgung rechnen und mit steigenden Hebesätzen auf die kommunalen Realsteuern, wenn die Kommunen ihre Ausgaben zur Erstellung und Fortschreibung der Wärmeplanung nicht anderweitig kompensieren können. Damit bestätigt auch das Vorhaben der Wärmeplanung, dass das Ergebnis von gut gemeint nicht zwingend gut gemacht sein muss.
Autor: Dr. André Berghegger, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Kommunalpolitik der
CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag
Dieser Beitrag erscheint in der September-Ausgabe der kommunalpolitischen blätter (KOPO).
Sie besitzen noch kein Abo der KOPO? Das können Sie hier gleich ändern.