Gestern fand im Deutschen Bundestag eine Anhörung zur geplanten Neuregelung der Konzessionsvergabe statt. Die Vergabe von sogenannten „Konzessionen“ – also den Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung – hat in der Vergangenheit vermehrt zu gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf möchte die Bundesregierung mehr Rechtssicherheit schaffen.
Die Wegenutzungsrechte zur leitungsgebundenen Energieversorgung müssen in vergabeähnlichen Verfahren alle 20 Jahre neu vergeben werden. Beim Wechsel der Inhaber dieser Rechte gab es zuletzt immer häufiger Probleme. Die damit verbundenen Verfahrensverzögerungen schaden uns allen, da wichtige Netzausbau- und Verstärkungsmaßnahmen zum Erliegen kommen können.
Mit dem Gesetzentwurf werden mehrere Instrumente eingeführt beziehungsweise erweitert. So wird der Auskunftsanspruch der Gemeinde gegenüber dem Inhaber des Wegenutzungsrechts im Hinblick auf relevante Netzdaten konkretisiert. Um das Ausschreibungsverfahren transparent und diskriminierungsfrei durchführen zu können, müssen der Gemeinde möglichst ausführliche und belastbare Informationen zur wirtschaftlichen und technischen Situation des Netzes zur Verfügung gestellt werden. Der Wettbewerb um das Netz erfordere einerseits Vorgaben an die Gemeinden, die das Verfahren durchführen. Andererseits müsse es strenge Regeln gegenüber den aktuellen Inhabern des Wegenutzungsrechts geben, „denen trotz eines drohenden Netzgebietsverlustes aufgegeben werden muss, an einem fairen Verfahren mitzuwirken“.
In der gestrigen Anhörung erklärte der Sachverständige Professor Dominik Kupfer, es gebe ein „deutliches Spannungsverhältnis“ zum deutschen Verfassungsrecht und zum europäischen Recht . Der örtliche Verteilernetzbetrieb sei eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft. Indem der Gesetzentwurf den Gemeinden Gestaltungskompetenzen entziehe, verstoße er gegen die in Artikel 28 des Grundgesetzes geregelte Garantie der kommunalen Selbstverwaltung. Auch die Rechtsauffassung der Regierung, dass die EU-Konzessionsrichtlinie nicht gelte, sei unzutreffend. „Sie haben es mit einer Konzession im Sinne der Richtlinie zu tun“, sagte Kupfer in der Anhörung.
Auch für Professor Christian Theobald ist nicht nachvollziehbar, dass die Konzessionsrichtlinie in dem Entwurf nicht umgesetzt wird. Entgegen der Auffassung der Regierung sei von der Anwendbarkeit der Richtlinie grundsätzlich auszugehen. Philipp Boos betonte, der deutsche Gesetzgeber gehe über die europarechtlichen Anforderungen an die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen weit hinaus. Der Ausschluss einer sogenannten Inhouse-Vergabe (ohne Ausschreibung) an ein kommunales Unternehmen („Stadtwerk“) erscheine rechtspolitisch problematisch. Auch der Deutsche Städtetag forderte in seiner Stellungnahme, den Kommunen eine rechtssichere Inhouse-Vergabe zu ermöglichen.
Anderer Auffassung war Karl-Ludwig Böttcher (Brandenburgischer Städte- und Gemeindebund), der sich in seiner Stellungnahme gegen Inhouse-Vergaben aussprach: „Die immer wieder aufflackernden Forderungen der Inhouse-Vergabe stünden gerade einer flächendeckenden ausgewogenen Energieversorgung entgegen und würden gerade ländlich geprägte Regionen weiter benachteiligen. Aber gerade diese haben die Hauptlast der Energiewende zu tragen.“
Als weitere Maßnahme soll allen Unternehmen eine „Rügeobliegenheit“ auferlegt werden. Der Gesetzesentwurf sieht abhängig von der Art der Rechtsverletzung gestaffelte Rügefristen vor, innerhalb derer ein beteiligtes Unternehmen etwaige Mängel im Verfahren zwingend geltend machen muss. „So wird vermieden, dass Verfahrensfehler noch Jahre nach der Entscheidung erstmals geltend gemacht werden und sich der neue Wegenutzungsinhaber sowie die Gemeinde in einem fortdauernden Schwebezustand der Rechtsunsicherheit befinden“, argumentiert die Regierung. Stefan Kapferer (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) bezeichnete diese Rügeobliegenheit als grundsätzlich sinnvoll, mahnte aber Veränderungen am Entwurf an, weil sonst eine Überfrachtung mit rechtlichen Verfahren zu erwarten sei. Auch Andreas Zuber (Verband kommunaler Unternehmen) sprach sich für Nachbesserungen an dieser Stelle aus.
Mit dem Entwurf soll die bestehende Verpflichtung zur Übereignung der Netze „gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung“ konkretisiert werden. Der Wechsel des Wegenutzungsrechtsinhabers dürfe nicht an einem „prohibitiv hohen Kaufpreis“ scheitern. Die Klarstellungen zum angemessenen Netzkaufpreis wurden von Theobald ebenso wie von Boos begrüßt.