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kommit! – Auf dem Weg zu einer vernetzten Mobilität im ländlichen Raum

Allgemein, Ländlicher Raum, Mobilität

Seit dem 01.08.2020 läuft im Kreis Coesfeld mit dem „Bürgerlabor Mobiles Münsterland“ (BüLaMo) das größte Innovationsprojekt des straßengebundenen ÖPNV im ländlichen Raum in NRW. Als einer der Sieger im Wettbewerb „Mobil.NRW – Modellvorhaben innovativer ÖPNV im ländlichen Raum“ erprobt der Kreis gemeinsam mit mehreren Partnern und mit Förderung durch das BMBF, der FONA, das VM NRW sowie den NWL, wie eine nutzerorientierte Mobilität im ländlichen Raum gestaltet werden muss, um nachhaltig und attraktiv zu sein.

Bereits im Juni 2020 hatten Landrat Dr. Christian Schulze Pellengahr, Kreisdirektor Dr. Linus Tepe und der Bürgermeister der Gemeinde Senden, Sebastian Täger, aus den Händen des damaligen Verkehrsministers und heutigen Ministerpräsidenten des Landes, Hendrik Wüst, den Förderbescheid für den „Münsterland Express X90“ erhalten. Kurze Zeit später, Anfang August, ging das Projekt in die Umsetzungsphase. Bei der Eröffnungsfeier Mitte August 2020 auf dem Sendener Rathausplatz überreichte die damalige Bundesforschungsministerin, Anja Karliczek, den Förderbescheid für das Verbundprojekt, durch den der Bereich der Bürgerbeteiligung gesichert wird.

In insgesamt acht Arbeitspaketen untersucht das Projektteam, welche Komponenten aus Nutzersicht wichtig sind, um auch im ländlichen Raum auf das Auto ganz oder zumindest teilweise verzichten zu können und so einen Beitrag für eine klimagerechte(re) Mobilität zu leisten.

ExpressBus X90

In einem ersten Schritt wurde hierfür die Taktfrequenz auf der nutzerstärksten Achse zwischen Olfen – Lüdinghausen – Senden und der Stadt Münster durch Einführung des ExpressBusses verdichtet und gleichzeitig hierfür das Haltestellenangebot deutlich reduziert. Durch das Angebot von S- und X-Bussen konnte ab der Gemeinde Senden (Auspendlerquote nach Münster 4.426 Personen (2020)) ein Viertelstundentakt nach Münster installiert werden.

kommit-Shuttle On-Demand

kommit-Shuttle

Neben dieser deutlichen Angebotsverbesserung fährt seit Sommer 2021 das kommit-Shuttle, ein On-Demand-Verkehr, der inzwischen zum regulären ÖPNV-Tarif innerhalb der Gemeinde Senden von Haustür zur (virtuellen) Haltestelle fährt oder anders herum. Die im London-Taxi-Style gehaltenen Fahrzeuge können zeitgleich bis zu sechs Personen befördern, wobei sich die Fahrgäste bei der Nutzung mit einem sogenannten Pooling einverstanden erklären, also der Mitnahme von Personen aus verschiedenen Haushalten, auf deren Zusammensetzung man keinen Einfluss hat.

Die Buchung dieses Services erfolgt telefonisch ober über das Smartphone. Mit der kommit-App entwickelt das Projektteam unter Federführung eines Mobilitätsapp-Anbieters eine umfassende MaaS-App (mobility as a service), mit der ganze Wegeketten sowie weitere Komponenten (z.B. eScooter) in nur einer App buchbar und bezahlbar sein sollen.

Wichtige Bausteine

Mobilstation Mönkingheide

Neben den Fahrangeboten und der Digitalisierung bildet die Entwicklung einer Mobilstation einen weiteren wichtigen Baustein. Der zentrale Sammelpunkt, der vom Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) gefördert wird, soll die verschiedenen Verkehrsträger – Fahrrad, Scooter, Carsharing und Bus – bündeln und dann zielgerichtet weiterleiten. Ein besonderer Impuls: im laufenden Prozess wird ein Konfigurator entwickelt, mit dem interessierte Kommunen verschiedene Bausteine einer passgenauen Mobilstation zusammenstellen können. Ob Co-Working-Space, Ladestationen, Paketstation oder PV – all diese Module sollen in dem Planer abgebildet werden.

Und wie sieht es um den Preis aus? Auch hier ist der Kreis Coesfeld mit den Partnern der Tarifgemeinschaft einen neuen Schritt gegangen und bietet im Versuchsraum das „kommit-Abo“ an, das, je nach Ticketart, Einsparungen von bis zu 44 Prozent gewährt. „Auch wenn in Analysen der Ticketpreis im Ranking der wichtigsten Bedürfnisse lediglich auf Platz 5 landet, wollen wir unbedingt herausfinden, ob ein ermäßigter Preis in Kombination mit den übrigen Bausteinen eine Verkehrswende auch bei den Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht“, freut sich der Landrat über die Möglichkeit des Labors in seinem Kreis.

Ein letzter Baustein ist die Optimierung der Reisezeit, denn diese wird oft als Argument verwendet, am Ende doch das Auto zu nutzen. Durch eine Forschungsgruppe der RWTH Aachen wird untersucht, ob durch verkehrslenkende Maßnahmen oder bauliche Optimierungen der ExpressBus auf der Autobahn A43 „am Stau vorbei“ fahren kann und ob es auf dem Stadtgebiet der Stadt Münster weiteres Zeiteinsparpotenzial gibt. Trotz der Coronapandemie konnten hier schon wichtige Erkenntnisse gewonnen werden, die in den nächsten Monaten mit den Partnern diskutiert und möglichst umgesetzt werden sollen.

Doch warum eigentlich Bürgerlabor?

„Bei uns steht die Nutzersicht im Fokus. Wir beteiligen die Bürgerinnen und Bürger intensiv über unser Panel. Stellen ihnen Fragen, geben Möglichkeiten des Feedbacks, egal ob zur Linienführung, zum XBus, der Mobilstation oder dem Shuttle. Alles wird abgefragt “, erläutert Kreisdirektor Dr. Linus Tepe den Ansatz. „Neue Erkenntnisse versuchen wir dann im Wege des design-thinking schnell aufzugreifen und umzusetzen. Wir sagen nicht, was wir können, sondern fragen, was die Bürger wollen“, so Tepe.

Neben der Bürgerbeteiligung ist der Transfer für den Kreis sehr wichtig. „Wir möchten unsere Erkenntnisse gerne mit allen teilen. Workshoprunden, Symposien, der direkte Draht zum Projektbüro: hier steht der Austausch mit anderen Kommunen im Fokus. Auch wenn die lokalen oder regionalen Unterschiede betrachtet werden müssen, glauben wir, dass wir durch das BüLaMo gute Impulse für Dritte erarbeiten können“, so der Landrat.

Das Projekt, das ein Gesamtvolumen von rund 13 Millionen Euro hat, läuft voraussichtlich bis 2023/2024. Alle Infos zu dem Projekt finden Sie hier.

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