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Zwei Jahre Mietpreisbremse – eine Zwischenbilanz und ein Urteil

Allgemein, Recht, Strukturpolitik, Wohnugsbau

Seit dem 1. Juni 2015 gilt in Berlin die Mietpreisbremse. Mittlerweile haben elf weitere Bundesländer nachgezogen: In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt darf die Miete von neu vermieteten Bestandswohnungen demnach nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die sogenannte Mietpreisbremse, die vor zwei Jahren eingeführt wurde, bleibt jedoch weitestgehend wirkungslos. So lautetet zumindest das Ergebnis einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW).

IW-Auswertungen von rund 117.000 Wohnungsinseraten auf dem Internet-Portal ImmobilienScout24 zeigen danach, dass nach wie vor ein Großteil der inserierten Mietwohnungsangebote in Berlin über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Bereits vor der Einführung der Mietpreisbremse lagen 61,4 Prozent aller Mietangebote im Durchschnitt um 24,6 Prozent über den Vergleichsmieten – bis Ende 2016 hat sich dieser Wert auf 62,3 Prozent mit einer durchschnittlichen Preisüberschreitung von 26,1 Prozent erhöht.

Selbst wenn die Mietpreisbremse wie gewünscht funktionieren würde, profitieren würden davon vornehmlich Wohlhabende, zeigen die IW-Forscher: Bei Wohnungen mit guter bis sehr guter Ausstattung in zentraler Lage ist der Unterschied zwischen dem Mietspiegelpreis und dem tatsächlichen Angebotspreis am größten. Je nach Wohnungsgröße liegen bis zu 72 Prozent der angebotenen Wohnungen mindestens zehn Prozent über den ortsüblichen Vergleichsmieten.

„Dass die Mietpreisbremse nicht funktioniert, ist eigentlich positiv“, findet Immobilienexperte Philipp Deschermeier. Denn so kommees nicht dazu, dass sich Vermieter kleinere Instandhaltungsmaßnahmen sparen, weil sie diese nicht durch höhere Mieten auf die Mieter umlegen könnten. Zum anderen gebe es dadurch keinen faktischen Mietstopp und damit keine Anreize, Immobilien zu verkaufen statt zu vermieten.

Unterdessen hat das Landgericht Berlin die Berufung einer Vermieterin zurückgewiesen, die von ihrem Mieter in erster Instanz erfolgreich auf Rückzahlung von überhöhter Miete nach den Vorschriften der Mietenbegrenzungsverordnung in Anspruch genommen worden ist.

Die Zivilkammer 65 sah keine Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der anzuwendenden Gesetzesvorschrift (§ 556d BGB) oder der darauf beruhenden Verordnung.

Das soziale Wohnraummietrecht habe die Aufgabe, einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen einerseits der Vermieter und andererseits der Mieter zu gewährleisten. Der rasante Anstieg von Wohnungssuchenden in Universitätsstädten und Ballungszentren habe einen punktuellen Eingriff des Gesetzgebers erforderlich gemacht, um zu starke Mietsteigerungen in angespannten Wohnungsmarktlagen für einen begrenzten Zeitraum zu verhindern. Angesichts des dem Gesetzgeber zur Verfügung stehenden Beurteilungsspielraums sei das Instrument der Mietpreisebremse nicht zu beanstanden.

Es mag zwar für einen Vermieter aufgrund des derzeit knappen Wohnungsangebotes wirtschaftlich möglich sein, eine hohe Miete zu erzielen, wenn er einen neuen Mietvertrag abschließe. Aber diese Position sei verfassungsrechtlich nicht unbegrenzt geschützt und dürfe rechtlich eingegrenzt werden. Denn die Sozialbindung des Eigentums sei zu beachten, zumal in der Bundesrepublik der überwiegende Teil der Bevölkerung den Wohnbedarf durch Miete decken müsse. Hinzu komme, dass die Attraktivität eines bestimmten Wohnungsmarktes häufig auf Umstände zurückzuführen sei, die nicht auf Leistungen des Vermieters zurückzuführen seien, wie z.B. eine gute Infrastruktur, ein hohes Arbeitsplatzangebot oder das Ansehen einer Universitätsstadt. Es sei daher nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber zeitlich und räumlich begrenzt dem Vermieter Kürzungen zumutet, der von der Attraktivität eines Standortes profitiert, die auf Leistungen der Allgemeinheit beruht.

Auch die von dem Senat von Berlin erlassene Verordnung über die Mietpreisbegrenzung bewege sich im Rahmen des zu Grunde liegenden Gesetzes. Insbesondere sei nicht zu beanstanden, dass der Senat die Verordnung auf ganz Berlin ausgedehnt habe. Es stehe außer Frage, dass es in Berlin einen angespannten Wohnungsmarkt gebe und der Leerstand immer weiter sinke. Die Verordnung beruhe auf sachgerechten Erwägungen, zumal der Senat selbst in den Wohnungsbau investiere bzw. diesen fördere, zum Beispiel durch die schnellere Erteilung von Baugenehmigungen für Wohnraum aufgrund von Bonuszahlungen.

Die Höhe des als unwirksam zurückzufordernden Mietteils richte sich nach der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich eines Zuschlags von 10 %. Die Vergleichsmiete sei nach dem Berliner Mietspiegel 2015 zu ermitteln. Die Kammer habe bereits im Rahmen zahlreicher Mieterhöhungsverfahren festgestellt, dass der Berliner Mietspiegel zumindest als einfacher Mietspiegel herangezogen werden könne (vgl. Pressemitteilung Nr. 56/2016 vom 27. Oktober 2016). Dies gelte hier ebenso. Danach stehe dem klagenden Mieter ein Anspruch auf Rückzahlung von 1.105,45 EUR zu hoher Miete für fünf Monate von August bis Dezember 2015 zu; ebenso könne er zu Recht verlangen, festgestellt zu wissen, dass die ab Januar 2016 vereinbarte Miete in Höhe von jeweils 221,09 EUR netto kalt unwirksam sei. Soweit der Mieter seinerseits zwei Zimmer der Wohnung dauerhaft untervermietet habe und dafür derzeit einen Mietzins fast in Höhe der gesamten bisher vereinbarten Nettokaltmiete erhalte, wirke sich dies in rechtlicher Hinsicht nicht auf das hier allein zu beurteilende Verhältnis zur Vermieterin aus. Das Landgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen.

 

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