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ÖPNV-Vergabe: Entscheidungshoheit muss bei den Kommunen liegen

Allgemein, Innenpolitik, Mobilität, Verkehr

Die Länder möchten Wettbewerbsverzerrungen und Lohndumping bei Vergabeverfahren im öffentlichen Nahverkehr eindämmen und haben hierzu heute einen Gesetzentwurf im Bundesrat beschlossen. Die Initiative soll die soziale und finanzielle Sicherheit der Mitarbeiter im ÖPNV garantieren.

Diese sehen die Länder aktuell gefährdet: Sofern private Unternehmer ihre Leistungen ohne kommunale Zuschüsse anbieten, genießen sie derzeit grundsätzlich Vorrang vor den öffentlichen Aufgabenträgern. Dabei sind sie gesetzlich nicht verpflichtet, soziale Standards zu berücksichtigen. Hierdurch entsteht ein Ungleichgewicht im Wettbewerb zugunsten von Unternehmen mit niedrigem Tarifniveau oder ohne Tarifbindung.

Der Gesetzentwurf soll nun Abhilfe schaffen, indem er die Lücke im Personenbeförderungsgesetz schließt. So bestimmt er, dass Behörden bei Ausschreibungen im Straßenbahn- oder Busverkehr soziale Standards, Tarifbindung oder Übernahme eines Beschäftigten in die Anforderungen aufnehmen können. Diese gelten dann für alle Anbieter. Außerdem sollen private Unternehmer bei der Antragstellung nachweisen, dass sie die Leistung auch über die gesamte Laufzeit der Genehmigung kostendeckend erbringen können. Vom Auftraggeber festgelegte Standards wie etwa Umweltaspekte und Kundenbetreuung müssten sie ebenfalls erfüllen.

Nun wird sich zunächst  die Bundesregierung mit der Länderinitiative beschäftigen. Sie leitet den Gesetzentwurf dann zusammen mit ihrer Stellungnahme an den Bundestag zur Entscheidung weiter. Feste Fristen für die Beratung im Bundestag gibt es nicht.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) apellierte an die Länder,  die Entscheidungshoheit der Kommunen bei Fragen der Organisationsform des Nahverkehrs zu stärken. So müssten die Kommunen u.a. die Möglichkeit haben, Qualitätsvorgaben machen zu können, an die sich alle Anbieter halten müssen. Die Entwicklungen in einzelnen Städten hätten gezeigt, dass Privatisierungen gegen den Willen der Kommunen durchgesetzt werden konnten. Dadurch bestehe die Gefahr, dass, wie bereits in Pforzheim geschehen, ein bewährtes kommunales Verkehrsunternehmen abgewickelt werden und Mitarbeiter entlassen werden müssten. Kommunale Investitionen in Fuhrpark und Gebäude würden dadurch entwertet.

Private Unternehmen könnten dies über sogenannte eigenwirtschaftliche Anträge erreichen, die nach dem geltenden Recht vorrangig behandelt werden müssten. Die Anbieter sollten dazu zwar ohne zusätzliche staatliche Zuschüsse auskommen. Allerdings erwarteteten auch diese in der Praxis ebenfalls Zuschüsse, etwa für die Schülerbeförderung, vergünstigte Tickets im Verkehrsverbund oder die Anschaffung von Bussen.

Der DStGB erinnerte an den Versorgungsauftrag der Kommunen. Diese ständen  damit in der Verantwortung, diese Leistungen der Daseinsvorsorge zu gewähren. Der Versorgungsauftrag sichere ab, dass die Menschen in der Stadt und auf dem Land die Möglichkeit behielten, Arztbesuche und Lebensmitteleinkäufe mit dem ÖPNV zu organisieren.

Um dies auch künftig sicherzustellen, müsse die Entscheidungshoheit der Kommunen bei der Direktvergabe nach dem Personenbeförderungsgesetz wieder gestärkt werden. Der heute im Bundesrat verabschiedete Länderantrag sei ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Langfristiges Ziel müsse bleiben, den Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre ganz zu streichen. Damit würde die kommunale Entscheidungshoheit gestärkt und die schon in der ÖPNV-Verordnung vorgesehene Direktvergabe von Verkehrsleistungen durch eine Kommune an ein kommunales Unternehmen abgesichert.

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