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Klimaschutz und Klimaanpassung: Kommunen sind Schlüsselakteure

Allgemein, Klimaschutz, Umwelt

Die Folgen des Klimawandels treffen Städte und Gemeinden in besonderem Maße: Sie spüren Extremwetterereignisse wie Dürreperioden oder Hochwasser unmittelbar. Die starkregenbedingten Flutkatastrophen der vergangenen Jahre haben auf erschreckende Weise gezeigt, welche gravierenden Folgewirkungen mit derartigen Ereignissen verbunden sein können.

Für unsere Städte und Gemeinden steht daher der Klimaschutz und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels weiterhin im Mittelpunkt. Eine klimagerechte Stadtentwicklung muss die Richtschnur des zukünftigen Handelns vor Ort bleiben.

Auch wenn die Bewältigung der Klimafolgen keine alleinige kommunale Aufgabe ist, nehmen die Kommunen dennoch eine Schlüsselrolle ein. So vergrößern sie bereits heute durch die Steuerung der Flächennutzung, der Infrastruktur- und der Siedlungsentwicklung etwa die Rückhalteräume für das Wasser und vermindern hiermit das Schadenspotenzial.

Eine Zunahme von Hitzetagen und Tropennächten stellt darüber hinaus ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko dar, insbesondere in Innenstädten und verdichteten Räumen. Besonders ältere Menschen, chronisch Kranke und Kinder sind hiervon betroffen.

Ein Beitrag von Bernd Düsterdiek, Beigeordneter, Deutscher Städte- und Gemeindebund

Langanhaltende Hitzeperioden führen zudem zu Dürre und Wasserknappheit. Zahlreiche Flüsse und Bäche sind in den vergangenen Sommern in Deutschland ausgetrocknet und Seen „gekippt“. In einigen Regionen führt die Wasserknappheit bereits zu Versorgungsengpässen und Nutzungskonflikten rund um die Trinkwasserversorgung. Neben zum Teil erheblichen Ernteausfällen in der Landwirtschaft und großen Schäden in der Forstwirtschaft steigt mit langanhaltender Hitze und Dürre auch die Gefahr von Wald- und Flächenbränden.

Vernetzung stärken – Finanzierung sichern

Es ist daher zwingend erforderlich, kommunale Klimaanpassungskonzepte aufzustellen bzw. vorhandene Konzepte auf den Prüfstand zu stellen. Das Positive: Kommunen sind bereits seit vielen Jahren aktiv und befassen sich intensiv mit der Hitze- und auch Überflutungsvorsorge, insbesondere durch Maßnahmen der Stadtentwicklung und des Katastrophenschutzes.

Die Bewältigung der Klimafolgen ist allerdings keine alleinige kommunale Aufgabe, sondern fordert Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen. Es ist daher zu begrüßen, dass sich die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag klar zum Klimaschutz und zur Klimafolgenanpassung bekennt: Die Finanzierung von Klimaanpassungsmaßnahmen soll gemeinsam mit den Ländern auf „solide Beine“ gestellt und die Kommunen unterstützt werden. Angekündigt ist zudem ein neuer „Sonderrahmenplan Naturschutz und Klimaanpassung“ sowie die Prüfung, eine neue Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung einzuführen.

Mit Blick auf die anstehenden Aufgaben ist es unstreitig, dass eine langfristige Finanzierung vor allem im Bereich der Klimafolgenanpassung in den Städten und Gemeinden etabliert werden muss. Es wäre daher sinnvoll, dass die „Anpassung an den Klimawandel“ künftig als echte Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern anerkannt und entsprechend in Art. 91a GG aufgenommen wird. Der Bund würde – ungeachtet geplanter Sondervermögen – die Möglichkeit erhalten, den Kommunen planbar finanzielle Mittel für notwendige Klimaanpassungsmaßnahmen zur Verfügung stellen zu können. Bei den Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel muss an Tempo zugelegt werden. Dies zeigen die zunehmenden klimabedingten Katastrophenereignisse. Städte und Gemeinden müssen im Ergebnis in die Lage versetzt werden, sowohl baulich-investive wie auch sonstige Planungs- und Beratungsleistungen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung einfach und praxisgerecht beauftragen zu können. Hierbei sollte sich die Förderung am tatsächlichen Bedarf orientieren.

Die geplante deutliche Erhöhung der GAK-Fördermittel in den Bereichen des Hochwasser- und Küstenschutzes, des Waldumbaus sowie der ländlichen Entwicklung ist ebenfalls ein wichtiges und richtiges Signal. Angesichts der gewaltigen Transformationsaufgaben müssen den Worten nun aber schnell auch Taten folgen.

Der bereits im Jahr 2021 vom Bund mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbarte Drei-Punkte-Plan zur Klimaanpassung bietet im Übrigen eine gute Grundlage zur Fortentwicklung. Insbesondere die Arbeit des bundesweiten Kompetenzzentrums Klimaanpassung zielt in die richtige Richtung. Auf der Basis des „Sofortprogramms Klimaanpassung“ gilt es, die Beratungsangebote für Kommunen auch in Zukunft weiter auszubauen. Städte und Gemeinden können sowohl aus guten als auch aus schlechten Beispielen und dem Austausch mit anderen Kommunen lernen. Dahingehende Vernetzungsangebote und Best-Practice-Beispiele gilt es daher nicht nur zu fördern, sondern langfristig zu verstetigen. 

Klimaangepasster Städtebau

Die Auswirkungen von Starkregen sowie von Hitze- und Dürreperioden sind insbesondere im Rahmen der städtebaulichen Planung zu berücksichtigen. Um etwa bei langanhaltend hohen Temperaturen im Sommer ein Überhitzen und einen Luftaustausch in den Innenstädten zu ermöglichen, müssen etwa Freiluftschneisen freigehalten werden. Auch eine bessere Speicherung des Wassers im Boden führt zu einer natürlichen Abkühlung unserer Innenstädte. Wo eine hierzu notwendige Entsiegelung von Flächen nicht möglich ist, stellen Dach- oder Fassadenbegrünungen eine Alternative dar.

Die häufig bestehenden Interessenkonflikte zwischen einer notwendigen Nachverdichtung im Innenbereich und der Klimaanpassung müssen zukünftig noch stärker zusammen gedacht werden. Eine vorausschauende Planung im Sinne einer „dreifachen Innenentwicklung“ mit Fokus auf die Nutzung von Brach- und Konversionsflächen bietet hier sinnvolle Ansatzpunkte. Zudem sollte bei der Sanierung oder Neuerrichtung öffentlicher Gebäude die Klimaanpassung immer direkt mitgedacht werden.

Wasser braucht mehr Raum – Schwammstädte fördern

Zur Klimaanpassung muss insbesondere das Wasser in der Fläche stärker zurückgehalten werden. Dach- und Fassadenbegrünungen, verstärkt blau-grüne Infrastrukturen, mehr Frei- und Grünflächen und damit einhergehend das Entsiegeln von Flächen sind maßgebliche Faktoren für eine klimabewusste Stadtentwicklung. Die Regenrückhaltung sollte insoweit oberirdisch sowohl außerhalb als auch innerhalb der Städte und Gemeinden weiter verbessert werden. Es bedarf in diesem Zusammenhang auch der Planung und Nutzung multifunktionaler urbaner Retentionsflächen (Freiflächen, Spiel- und Aufenthaltsflächen). Zur Umsetzung einer wassersensiblen Stadtentwicklung gehört auch das System der „Schwammstadt“. Regenwasser versickert und verdunstet in Städten selten, da es häufig rasch abgeleitet wird. Es gilt, zukünftig verstärkt ein intelligentes Regenwassermanagement zu etablieren und Regenwasser aufzufangen oder versickern zu lassen.

Bauplanungsrecht weiter optimieren

Der „kommunale Instrumentenkasten“ im Bauplanungsrecht ist hinsichtlich des Klimaschutzes und der Klimaanpassung im Übrigen schon „gut bestückt“. Allerdings haben die Diskussionen zu einer BauGB-Novelle in der vergangenen Legislaturperiode gezeigt, dass das Planungsrecht an verschiedenen Stellen weiter optimiert werden sollte.

Beispielhaft sei auf ergänzende Anforderungen zur Klimaanpassung im unbeplanten Innenbereich (§ 34 Abs. 1 BauGB) verwiesen. Es wäre zu begrüßen, wenn Gemeinden auch im unbeplanten Innenbereich die Möglichkeit hätten, Vorgaben zur Klimaanpassung, insbesondere zur Vermeidung und Verringerung von erhöhter Hitzebelastung und von Schäden durch Starkregenereignisse, zu machen. Es kann in der Praxis effektiv sein, Festsetzungen in diesen Bereichen zu ermöglichen, ohne einen aufwändigen Bebauungsplan erlassen zu müssen.

Aktuell besteht zudem eine Lücke für Gebiete mit älteren Bebauungsplänen, die hinsichtlich der Klimaanpassung keine bzw. wenige Festsetzungen getroffen haben oder aufgrund der damaligen gesetzlichen Regelungen nicht treffen konnten. Die Möglichkeit, ergänzende Anforderungen zu stellen, sollte daher auch für Veränderungen bei Vorhaben in älteren Bebauungsplänen eröffnet werden, die diesbezüglich keine bzw. nicht ausreichende Vorgaben getroffen haben.

Weitere sinnvolle Ansatzpunkte wären zum Beispiel erweiterte Festsetzungsmöglichkeiten in Bebauungsplänen, etwa für Versickerungsflächen (§ 9 BauGB), die erleichterte Festsetzungsmöglichkeit eines Klima-Sanierungsgebiets (§ 136 BauGB) oder auch die Einführung eines neuen Entsiegelungsgebots im BauGB. Letzteres wird angesichts der zunehmenden Anlage sogenannter Schotter- oder Steingärten immer wieder – und zu Recht – diskutiert. Die kommunalen Spitzenverbände werden sich in diesem Sinne für eine zeitnahe Überarbeitung der bauplanungsrechtlichen Regelungen auf Bundesebene einsetzen.

Kommunale Planungshoheit wahren – Verfahren beschleunigen und vereinfachen

Um die ambitionierten Klimaziele in Deutschland zu erreichen, müssen auch die Planungs- und Genehmigungsverfahren weiter vereinfacht und beschleunigt werden. Die vollständige Digitalisierung von Verfahren, die Einführung von Bagatellschwellen bei der Vorhabengenehmigung, die Vereinfachung von Umweltverträglichkeitsprüfungen, der Verzicht auf Planfeststellungsverfahren bei Infrastruktur-Ersatzbauten, die generelle Zulässigkeit eines vorzeitigen Maßnahmenbeginns auch bei klimarelevanten Projekten oder auch Erleichterungen bei der Umsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind wichtige Ansätze, die die neue Bundesregierung zügig umsetzen muss. Dies gilt auch für die Absicht, das Verbandsklagerecht vor Verwaltungsgerichten zu reformieren, zu straffen und auf die tatsächliche Betroffenheit auszurichten.

Bei alledem dürfen aber die kommunalen Gestaltungsspielräume und die Planungshoheit der Kommunen nicht vergessen werden. Privilegierungstatbestände im planerischen Außenbereich müssen die Ausnahme bleiben und dürfen nicht zur Regel werden. Dies gilt auch für die zunehmende Neigung, bei der Realisierung bestimmter Infrastrukturprojekte gesetzgeberisch von einem „überragenden öffentliches Interesse“ auszugehen. Dies mag energiepolitisch nachvollziehbar sein, wirft aber mit Blick auf eine sachgerechte Steuerung und Abwägung der unterschiedlichen Belange „vor Ort“ viele Fragen auf.

Die Erosion der kommunalen Mitentscheidungs- und Planungshoheit frustriert mittlerweile zahlreiche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und viele Stadt- und Gemeinderäte. Der Verlust an Gestaltungskraft berührt die Gestaltungslust. Wenn die kommunale Planungshoheit zu stark eingeschränkt wird, besteht die Gefahr, dass spezifische örtliche Bedürfnisse und Gegebenheiten nicht mehr ausreichend in die Planungen einfließen. Daher gilt es, weitere gesetzgeberische Maßnahmen auf ihre kommunalen Auswirkungen hin sorgfältig zu prüfen. Dies hilft am Ende nicht nur den Kommunen, sondern auch den vielen Klimaschutz- und Klimaanpassungsprojekten.

Der Beitrag von Bernd Düsterdiek ist in der Sommerausgabe der KOP erschienen. Sie besitzen noch kein Abo der KOPO? Das können Sie hier gleich ändern.

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