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Konzessionsverträge:  Wer ist wofür zuständig?

Allgemein, Energie, Recht, Versorgung

Für die Verlängerung von Konzessionsverträgen ist die kommunale Gebietskörperschaft zuständig, in deren Gebiet das Versorgungsnetz liegt. Dies betrifft Städte, Gemeinden oder Kreise, die über die Konzession für die Versorgung von Strom, Gas, Wasser oder Fernwärme entscheiden. Die Konzessionsverträge regeln das Recht eines Versorgungsunternehmens, öffentliche Wege für den Betrieb der Netze zu nutzen. Der stellv. Landesgeschäftsführer der KPV/NRW, Gregor Bender, und Maurice Hachenei, Juristischer Referent des KPV-Bildungswerkes e. V. in NRW, klären auf.

Konzessionsverträge regeln die Nutzung öffentlicher Wege für den Betrieb von Strom- und Gasnetzen durch Energieversorger. Sie haben eine Laufzeit von meist 20 Jahren und laufen nun in vielen Städten und Gemeinden aus. Allein in Deutschland existieren rund 20.000 solcher Wegenutzungsverträge. Besonders für Kommunen in Nordrhein-Westfalen, wo der Bedarf an zuverlässigen Einnahmen hoch ist, spielen die Konzessionsverträge eine zentrale Rolle. Aus den Konzessionsabgaben, die Energieversorger an die Städte und Gemeinden zahlen, generierten die Kommunen im Jahr 2019 bundesweit rund 3,2 Milliarden Euro.

Diese Einnahmen sind für Kommunen, die aufgrund der Corona-Pandemie und anderer wirtschaftlicher Faktoren wie der aktuell schwächelnden Wirtschaft mit sinkenden Steuereinnahmen zu kämpfen haben, von großer Bedeutung. Sie ermöglichen wichtige Investitionen in Infrastrukturprojekte, den Ausbau von erneuerbaren Energien sowie Maßnahmen zum Klimaschutz. Die Erneuerung der Konzessionsverträge bietet den Kommunen somit eine Möglichkeit, nicht nur die finanzielle Grundlage zu sichern, sondern auch den kommunalen Einfluss auf die Energiepolitik zu stärken.

Bei der Vergabe und Verlängerung von Konzessionsverträgen sind sowohl der Stadtrat als auch die Verwaltung beteiligt, jedoch mit unterschiedlichen Zuständigkeiten und Aufgabenbereichen.

Zuständigkeit des Stadtrats:

Der Stadtrat hat die finale Entscheidungskompetenz bei der Vergabe oder Verlängerung von Konzessionsverträgen. Er ist das politische Gremium, das über die grundlegenden Angelegenheiten der Kommune entscheidet, und dazu gehört auch die Vergabe von Nutzungsrechten an öffentlichen Wegen zur Versorgung mit Strom, Gas, Wasser oder Fernwärme. Konkret bedeutet das:

  • Der Stadtrat beschließt grundsätzlich, ob ein Konzessionsvertrag vergeben, verlängert oder neu ausgeschrieben wird.
  • Er entscheidet über die Auswahl des Konzessionärs nach Abschluss des Ausschreibungsverfahrens.
  • Der Stadtrat legt häufig auch die Rahmenbedingungen für die Ausschreibung fest, wie z. B. die Kriterien, nach denen die Bewerbungen bewertet werden sollen (Wirtschaftlichkeit, Umweltfreundlichkeit, Versorgungssicherheit etc.).

Zuständigkeit der Verwaltung:

Die kommunale Verwaltung übernimmt die operative Durchführung des Vergabeprozesses. Das bedeutet, dass sie die Vorgaben des Stadtrats umsetzt und für die rechtlich korrekte Durchführung des Verfahrens verantwortlich ist. Ihre Aufgaben umfassen:

  • Vorbereitung des Ausschreibungsverfahrens: Die Verwaltung erstellt die Ausschreibungsunterlagen, legt die Details fest und veröffentlicht die Ausschreibung in den entsprechenden Medien.
  • Prüfung der Angebote: Die eingehenden Bewerbungen werden von der Verwaltung anhand der vom Stadtrat festgelegten Kriterien geprüft. Hier spielt die Rechts- und Fachabteilung der Verwaltung eine wichtige Rolle.
  • Erarbeitung von Entscheidungsvorlagen: Die Verwaltung erstellt eine Empfehlung für den Stadtrat, welche Anbieter am besten geeignet sind, den Konzessionsvertrag zu erhalten.
  • Vertragsverhandlungen: In manchen Fällen führt die Verwaltung im Auftrag des Stadtrats Verhandlungen mit den Bewerbern, um die vertraglichen Details festzulegen.

Zusammenarbeit zwischen Stadtrat und Verwaltung:

  • Der Stadtrat gibt die Richtung vor, indem er die politische Entscheidung trifft und die Rahmenbedingungen für die Konzessionsvergabe festlegt.
  • Die Verwaltung setzt dies um und sorgt für die rechtliche und sachliche Ausführung des Verfahrens, insbesondere für die Einhaltung der formellen Anforderungen nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und dem Kartellrecht.

Der Stadtrat hat die entscheidende Rolle bei der finalen Vergabe des Konzessionsvertrags und legt die politischen Rahmenbedingungen fest. Die Verwaltung führt den Prozess operativ durch, bereitet die Entscheidungen vor und prüft die Angebote. Beide Akteure müssen eng zusammenarbeiten, um eine rechtssichere und transparente Vergabe zu gewährleisten.

Weitere beteiligte Akteure:

  1. Regulierungsbehörde: Die Bundesnetzagentur oder die Landesregulierungsbehörde überwacht den Ausschreibungsprozess und stellt sicher, dass die gesetzlichen Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) eingehalten werden. Dies betrifft insbesondere die Nichtdiskriminierung und Transparenz der Ausschreibung.
  2. Versorgungsunternehmen: Das Unternehmen, das den Konzessionsvertrag innehat, stellt bei Bedarf einen Antrag auf Verlängerung. Es muss sich auch an einer möglichen Neuausschreibung beteiligen.

Es ist wichtig, dass sich die Kommune im Vorfeld über rechtliche Rahmenbedingungen informiert, da bei der Vergabe von Konzessionsverträgen strenge Ausschreibungsregeln gelten, die hauptsächlich durch das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und das Kartellrecht festgelegt werden. Diese Regeln sollen sicherstellen, dass die Vergabe von Konzessionen transparent, diskriminierungsfrei und wettbewerbsorientiert erfolgt. Die konkreten Ausschreibungsregeln für Konzessionsverträge unterscheiden sich nach verschiedenen Faktoren, darunter die Art der Versorgung (Strom, Gas, Wasser, Fernwärme) und dem jeweiligen Wert des Vertrags.

Hier sind die wichtigsten Ausschreibungsregeln und -verfahren für Konzessionsverträge:

1. Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) – Grundsätzliche Ausschreibungspflicht

Das EnWG legt fest, dass Konzessionsverträge, insbesondere für Strom- und Gasversorgungsnetze, nach Ablauf der Vertragslaufzeit grundsätzlich neu ausgeschrieben werden müssen. Diese Ausschreibung muss öffentlich und transparent erfolgen, damit alle potenziellen Versorgungsunternehmen die Möglichkeit haben, ein Angebot abzugeben. Die wichtigsten Vorgaben lauten:

  • Nichtdiskriminierung: Alle Bewerber müssen gleichbehandelt werden.
  • Transparenz: Der Ausschreibungsprozess muss offen und nachvollziehbar sein. Die Ausschreibungsunterlagen sowie die Kriterien zur Bewertung der Angebote müssen für alle zugänglich gemacht werden.
  • Verfahrensfristen: Die Ausschreibung muss mindestens 18 Monate vor Ablauf des aktuellen Konzessionsvertrags veröffentlicht werden. Dies gibt den Bewerbern ausreichend Zeit, Angebote einzureichen.

2. Unterschiedliche Regelungen nach Art der Versorgung

  • Strom- und Gasnetzkonzessionen:
    • Gemäß § 46 EnWG müssen Strom- und Gasnetzkonzessionen zwingend öffentlich ausgeschrieben werden. Der bestehende Netzbetreiber hat keine Vorrangstellung, sondern muss sich wie jeder andere Bewerber um den neuen Vertrag bemühen.
    • Die Kriterien zur Vergabe sind festgelegt: Wirtschaftlichkeit, technologische Leistungsfähigkeit, sowie Kunden- und Umweltfreundlichkeit des Bewerbers sind ausschlaggebend.
  • Wasserversorgung:
    • Anders als bei Strom- und Gasnetzen gibt es bei Wasserversorgungsnetzen keine explizite Verpflichtung zur Ausschreibung nach dem EnWG. Trotzdem unterliegen Wasserversorgungsnetze dem allgemeinen Kartellrecht, sodass auch hier Transparenz und Nichtdiskriminierung gewahrt werden müssen.
    • Kommunen haben oft die Möglichkeit, Wasserversorgung in Eigenregie zu betreiben (Rückführung in die kommunale Daseinsvorsorge).
  • Fernwärme:
    • Fernwärmenetze fallen ebenfalls nicht unter die Pflicht des EnWG, wie bei Strom- und Gasnetzen. Hier ist der Ausschreibungsprozess flexibler und oft von den lokalen Umständen abhängig. Das Kartellrecht kann aber ebenfalls zur Anwendung kommen.

3. Verlängerung ohne Ausschreibung

Eine Verlängerung des Konzessionsvertrags ohne Ausschreibung ist in bestimmten Fällen möglich, aber streng begrenzt. Solche Verlängerungen müssen gerechtfertigt und in der Regel durch besondere Umstände, wie technische Anforderungen oder langfristige Investitionspläne, begründet sein. Die Kommunen müssen darlegen, warum eine Neuausschreibung nicht sinnvoll ist.

4. Ausschreibungsverfahren

  • Öffentliche Ausschreibung: Die Standardmethode, bei der alle interessierten Unternehmen ein Angebot abgeben können. Diese Ausschreibung muss in geeigneten Medien veröffentlicht werden (z. B. im Bundesanzeiger oder regionalen Zeitungen).
  • Verhandlungsverfahren: In Ausnahmefällen können Kommunen mit bestimmten Anbietern direkt verhandeln, etwa wenn nur wenige Bewerber vorhanden sind oder besondere technische Anforderungen vorliegen. Diese Verfahren müssen dennoch transparent und nichtdiskriminierend gestaltet sein.

5. Bewertungskriterien

Die Auswahl eines neuen Konzessionärs erfolgt anhand vordefinierter Kriterien, die im EnWG festgelegt sind:

  • Sicherheit und Effizienz des Netzbetriebs.
  • Leistungsfähigkeit des Unternehmens: Dies bezieht sich auf die technische und wirtschaftliche Kompetenz des Bewerbers.
  • Verbraucher- und Umweltfreundlichkeit: Soziale und ökologische Aspekte, etwa der Einsatz erneuerbarer Energien oder Maßnahmen zur Energieeinsparung, spielen eine Rolle.
  • Angemessene Nutzung der öffentlichen Wege: Es muss sichergestellt werden, dass der Konzessionär die öffentlichen Wege umweltgerecht und unter Berücksichtigung der Belange der Bürger nutzt.

6. Besonderheiten im Fall von Rekommunalisierung

Viele Kommunen entscheiden sich dafür, die Konzessionsverträge nicht mehr an externe Anbieter zu vergeben, sondern die Energie- oder Wasserversorgung wieder in eigene Hände zu nehmen. Dieses Verfahren der Rekommunalisierung erfordert dennoch eine Ausschreibung und muss kartellrechtlich geprüft werden. Der Prozess muss ebenfalls transparent gestaltet sein.

Im Ergebnis fällt die Zuständigkeit für die endgültige Entscheidung zum Abschluss von Konzessionsverträgen den kommunalen Vertretungen zu, wobei die zugrundeliegenden Ausschreibungsregeln von der jeweiligen Versorgungsart (Strom, Gas, Wasser, Fernwärme) abhängig sind und die Durchführung der Vergabe Sache der jeweiligen Verwaltung ist. Die politischen Gremien können jedoch die Ausschreibungsbedingungen festlegen. Insbesondere bei Strom- und Gasnetzen ist eine öffentliche Ausschreibung obligatorisch, während bei Wasser- und Fernwärmenetzen größere Flexibilität besteht.

Der Beitrag erschien in der KOPO-Ausgabe 11/2024.
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