Rund 20 Prozent der CO2-Emissionen in der EU entstehen im Verkehrssektor und auch in der Bundesrepublik war zuletzt, im Jahr 2021, noch ein leichter Anstieg der Emissionen im Straßenverkehr um einen Prozentpunkt zu verzeichnen. Auf europäischer Ebene gibt es verschiedene Vorhaben, um die Klimaneutralität im Rahmen der Mobilität bis 2050 zu erreichen. Doch anstatt auf Stimuli zu setzen, die grüne Investitionen in verschiedene nachhaltige Technologien im Automobilsektor lenken, wurden zuletzt Vorschläge unterbreitet und Verbote erlassen, die eine Elektrifizierung des Verkehrs gewissermaßen politisch erzwingen.
Ab 2035 sollen in der EU nur noch Neuwagen verkauft werden, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen. Daher ist der Verkauf von neuen Benzin- und Diesel-Fahrzeugen, die CO2 ausstoßen, ab diesem Zeitpunkt nicht mehr erlaubt.
Diese Entscheidung wurde im vergangenen Oktober getroffen, nachdem sich die Umweltminister bereits im Juni 2022 dafür ausgesprochen hatten. Der Beschluss im Europaparlament folgte nun im Februar. Die Verhandlungsführer einigten sich darauf, dass bis 2035 die sogenannten Flottengrenzen für Autos und kleinere Nutzfahrzeuge bei null liegen sollen. Sie geben den Autoherstellern vor, wie viel CO2 die von ihnen produzierten Fahrzeuge im Betrieb ausstoßen dürfen. Bislang gibt es keine Pläne, Verbrennungsmotoren ganz aus dem Straßenverkehr zu verbannen. Das heißt einerseits, dass bereits zugelassene Fahrzeuge nicht von den Plänen betroffen sind und andererseits, dass ein Verkaufsverbot von Gebrauchtfahrzeugen mit Verbrennungsmotor ebenfalls nicht vorgesehen ist. Ein realistisches Szenario ist jedoch, dass durch das Verkaufsverbot Fahrzeuge mit klassischen Verbrennungsmotoren, also Benziner und Diesel, immer seltener werden.
Die Entscheidung über das Aus für Verbrennungsmotoren soll 2026 erneut überprüft werden. Unter anderem enthält der Kompromiss eine Prüf-Bitte an die EU-Kommission zu begutachten, ob der Einsatz sogenannter E-Fuels künftig eine Option sein könnte. E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, die meist aus Wasser und Kohlendioxid hergestellt werden. Sie sind eine Art Hintertür für Verbrennungsmotoren, da sie ähnliche Eigenschaften wie Benzin und Diesel haben. Allerdings besteht die Befürchtung, dass die Kommission dieser Prüf-Bitte nicht nachkommen wird. In der Tat ist es für die Automobilbranche jedoch wenig attraktiv Investitionen in die Technologie des Verbrennungsmotors zu lenken, welche kaum noch politische Unterstützung zu erfahren scheint. Ergänzend zu den CO2-Emissionsnormen hat die Kommission, im November, einen Vorschlag zur Verringerung von Schadstoffemissionen durch in der EU verkaufte neue Kraftfahrzeuge vorgelegt. In den Euro-7-Normen sollen Emissionsgrenzwerte für alle Kraftfahrzeuge, d.h. Pkw, Lieferwagen, Busse und Lastkraftwagen, in einem einzigen Regelwerk zusammengefasst werden und die Emissionsvorschriften somit vereinfacht werden. Darüber hinaus sind die neuen Vorschriften kraftstoff- und technologieneutral. Das heißt die Grenzwerte gelten unabhängig davon, ob ein Fahrzeug mit Benzin, Diesel, Strom oder alternativen Kraftstoffen betrieben wird.
Was kommt auf die Kommunen zu?
Die Auswirkungen auf andere Bereiche als die Automobilbranche, wie den Ausbau der Ladeinfrastruktur und die Abdeckung mit Tankstellen, sind noch offen. Die Mitgliedstaaten sollen verpflichtet werden das Netz von Ladepunkten und Wasserstofftankstellen an Fernstraßen auszubauen. So sollen Elektrofahrzeuge mindestens alle 60 Kilometer laden können. Brennstoffzellen-Fahrzeuge sollen alle 100 Kilometer mit Wasserstoff betankt werden können. Für Regionen in äußerster Randlage, Inseln und Straßen mit sehr geringem Verkehrsaufkommen sind allerdings Ausnahmen vorgesehen. Diese neuen Vorschriften sind Teil des Fit for 55-Pakets für 2030. Die Kommission schätzt die Gesamtinvestitionen für die Ladeinfrastruktur auf 15 Milliarden Euro. Die Mitgliedstaaten müssen bis 2024 einen Plan vorlegen, wie sie diese Ziele erreichen wollen. Indem die Kommunen den Ausbau der Ladeinfrastruktur auf lokaler Ebene aktiv mitgestalten, können sie einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Ebenso wird der Ausbau klimaneutraler Fuhrparks eine direkte Folge für die Kommunen sein.
Bewertung
Die Entscheidung eines vollständigen Verbots einer Technologie geht zu weit. Das Aus für den Verbrennungsmotor bedeutet auch eine Abkehr vom Grundsatz der Technologieneutralität. Dabei bietet der Verbrennungsmotor, gerade mit synthetischen Kraftstoffen, ein großes Potenzial. Der entscheidende Faktor ist nämlich immer der Treibstoff. Dies gilt nicht nur für Verbrennungsmotoren, sondern auch für Elektrofahrzeuge. Solange der benötigte Strom aus fossilen Energieträgern gewonnen wird, sind auch Elektrofahrzeuge nicht emissionsfrei. Ein weiterer Kritikpunkt ist die noch nicht ausreichende Ladeinfrastruktur für E-Autos und ob der Ausbau tatsächlich schnell genug vorangeht.
Eine Hoffnung, insbesondere unterstützend für die Kommunen, könnte hier das von der Kommission im Dezember genehmigte Deutschlandnetz sein. Dabei handelt es sich um eine deutsche Beihilferegelung mit der der Bund den Ausbau der Schnellladeinfrastuktur mit 1,8 Milliarden Euro fördern wird. Generell gilt aber, dass es eine freiwillige Regelung für klimaneutrale Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe hätte geben müssen. Auf diese Weise wäre eine Weiterentwicklung beider Technologien, sowohl des Verbrennungsmotors, als auch des Elektroantriebs für Fahrzeuge gesichert. Vor diesem Hintergrund ist auch der mit strengeren Grenzwerten für Auspuffemissionen verbundene Investitionszwang im Rahmen der Abgas Euro-7-Normen ein falsches Signal. Die Hersteller konzentrieren sich, und das ist politisch gelenkt, auf den Elektroantrieb. Ob dieser Vorschlag, auch aus Sicht des Umweltschutzes, notwendig ist, bleibt fraglich. Schließlich ist die aktuell größte Herausforderung die Bestandsflotte. Wenn diese durch Fahrzeuge mit der besten derzeit verfügbaren Euro-6-Technologie ersetzt werden würde, würde sich die Luftqualität bereits deutlich verbessern.
Autorin: Sabine Verheyen MdEP, Beauftragte der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament für die Kommunen
Dieser Beitrag erscheint in der März-Ausgabe der kommunalpolitischen blätter (KOPO).
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