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KOPO im Februar: Flughäfen für gleichwertige Lebensverhältnisse

Allgemein, Strukturpolitik, Verkehr

Insbesondere die Berechtigung von kleineren Flughafenstandorten wird häufig in Frage gestellt. Die pauschale Verurteilung dieser Standorte verkennt allerdings die Bedeutung, die diese Flughäfen für ihre Regionen und Menschen haben. Ein Beitrag von Ralph Beisel.

Im Sommer 2019 folgte ich dem Strom von mehreren tausend jungen Erwachsenen und gehe zum Brandenburger Tor. Schülerinnen und Schüler führen Plakate mit sich, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren, aber vor allem, um sie zu sehen: Greta Thunberg. Ich auch. Und dann steht sie plötzlich da. Ihre Botschaften sind einfach, ihr Anliegen klar. Raus aus dem Flieger, rein in die Bahn.

Was Flughäfen mit gleichwertigen Lebensverhältnissen zu tun haben

Im Gegensatz zu zentralistisch auf ihre großen Hauptstädte ausgerichteten Staaten wie Frankreich, Spanien oder Großbritannien, zeichnet sich die Bundesrepublik Deutschland durch ihre föderale Struktur mit vielen starken Wirtschaftszentren und Metropolregionen aus.
Allerdings bestehen in unserem Land erhebliche Unterschiede in den regionalen Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten sowie bei der Sicherung der Mobilität und beim Zugang zu Angeboten der Grundversorgung und Daseinsvorsorge. Diese werden durch die demografische Entwicklung, aber auch durch ökonomische Effekte der modernen Arbeitsteilung verstärkt. Strukturschwächere Regionen haben Schwierigkeiten, jüngere, oft gut ausgebildete Menschen vor Ort zu halten. Strukturstärkere Regionen profitieren dagegen in höherem Maße auch vom Zuzug qualifizierter Menschen aus dem In- und Ausland.

Flughäfen erfüllen eine wichtige Rolle zur wirtschaftlichen Stärkung und verkehrlichen Anbindung der Regionen. So verbinden kleinere Flughäfen ihre Regionen an die großen Drehkreuze im Luftverkehr und somit an internationale Märkte an. Vielfach lange Bahn- oder Autofahrten zur Erreichung eines großen Hub-Flughafens entfallen. Ohne die dezentrale Flughafeninfrastruktur wäre ein Rückgrat der deutschen Wirtschaft, der Mittelstand, zum Teil nicht in der Lage, Fabrikation, Wertschöpfung und somit die Schaffung von Arbeitsplätzen auch in nicht urbanen Regionen stattfinden zu lassen. Diese Zubringerfunktion erfüllen Regionalflughäfen und tragen damit dazu bei, gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland zu sichern und zum Teil zu verbessern.

Die Bedeutung des polyzentrischen Flughafensystems:

  1. Zu einem innovativen deutschen Wirtschafts- und Logistikstandort gehört eine moderne und vernetzte Mobilitätsgesellschaft, in der sich kleinere und größere Flughafenstandorte sinnvoll ergänzen und im europäischen Wettbewerb behaupten können.
  2. Das bewährte System von leistungsfähigen und sich ergänzenden großen und kleineren Flughäfen in Deutschland gilt es, zu erhalten und bedarfsorientiert weiterzuentwickeln.
  3. Das historisch gewachsene polyzentrische Flughafensystem in Deutschland hat sich zu einem eng verflochtenen Netz von internationalen und regionalen Flughäfen entwickelt. Kleinere sind verkehrlich eng verbunden mit den großen Drehkreuzen und sorgen damit für eine bestmögliche Konnektivität. Wirtschaft und Tourismus verlangen nach einer Konnektivität aus der Fläche Deutschlands. Privat- und Geschäftsreisende sowie Frachtversender profitieren von einer weltweiten Anbindung an die Wirtschaftszentren und Tourismusregionen.
  4. Kleinere Flughäfen decken Bedarfe der allgemeinen Luftfahrt – Geschäftsflieger, Privatflieger, Kranken- und Organtransporte, Werkverkehre, Transport von Gütern und Trainingsflüge.
  5. Die regionalwirtschaftlichen Effekte liegen in der Regel deutlich über den von den Gesellschaftern getragenen Verlusten.

 

Kleinere Flughafenstandorte…
• … stützen eine hochwertige, gut vernetzte Mobilität.
• … erfüllen die Daseinsvorsorge.
• … fördern gleichwertige Lebensverhältnisse.
• … tragen zu gleichwertigen Lebensverhältnissen für die Bevölkerung bei.
• … sind für international tätige Unternehmen ein wichtiger Standortfaktor.
• … sichern den Ausbau inländischer Wirtschaftszentren.
• … erhöhen den Bekanntheitsgrad einer Region und das Standortimage.
• … bringen Reisende zu wichtigen deutschen Tourismusdestinationen.

Klimaschutz ist an allen Flughafenstandorten – ob klein oder groß – Teil des Arbeitsalltages.
Die Anstrengungen hierzu werden die Flughäfen weiter systematisch ausbauen. Entscheidend ist der langfristige Erfolg und dafür müssen wir weg von einem kurzsichtigen Schwarz-Weiß-Denken. Eine 16-jährige Schwedin hat bewirkt, was viele für unmöglich hielten. Sie hat eine Jugendbewegung in Gang gesetzt. Und mit maximaler Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit schaffen wir die Verbindung von Klimaschutz und Wachstum – auch durch unsere Flughäfen.
Der Klimaschutz ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit, dass wissen wir alle. Unser Handeln entscheidet über die Chancen und das Leben nachfolgender Generationen. Die deutschen Flughäfen haben sich dieser wichtigen, zuweilen emotional geführten Debatte erfolgreich angenommen und ein klares Ziel formuliert: bis 2050 „Zero Emission“.
Schwierige Aufgaben erfordern Mut, Weitsicht und eine umsichtige, politische Lenkung. Klimaschutz durch De-Industrialisierung oder den Rückbau unserer Infrastruktur führt in eine Sackgasse. Wenn wir in Schwellen- und Entwicklungsländern den Eindruck erwecken, der Preis für Klimaschutz sei Wohlstandsverzicht, wird uns niemand folgen. In diesen Ländern werden mehr Straßen, Brücken, Bahntrassen oder Flughäfen gebaut, als in der westlichen Welt. Das entbindet uns nicht von unserer persönlichen Verantwortung. Im Gegenteil: Wir müssen über unseren Tellerrand hinausschauen, um mehr zu erreichen, als in Deutschland alleine überhaupt möglich wäre. Ziel muss es sein, durch Entwicklung und Export neuer Technologien zur weltweiten Reduzierung des CO2-Ausstoßes beizutragen.

Autor: Ralph Beisel ist Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen)

Dieser Beitrag wurde in der Februar-Ausgabe der KOPO veröffentlicht.

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