„Die Kommunen leiden trotz der vielfältigen Unterstützungsleistungen insbesondere des Bundes nach wie vor unter struktureller Unterfinanzierung. Dagegen müssen wir schleunigst etwas Grundlegendes unternehmen“, so der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Prof. Dr. Hans-Günter Henneke. „Wir halten es für grundlegend falsch, die Kommunen als ewige Bittsteller abzustempeln und dies nun auch noch im Grundgesetz festzuschreiben.
Stattdessen fordern wir eine Neujustierung der kommunalen Beteiligung an der Umsatzsteuer, die dazu beiträgt, gerade investitionsschwachen und solchen Kommunen unter die Arme zu greifen, die unter hohen Sozialausgaben leiden. Kern unseres Vorschlages ist eine zusätzliche kommunale Umsatzsteuerbeteiligung, wobei diese Steuermittel nicht wie bisher nach Wirtschaftskraft, sondern nach Einwohnerzahl und somit gleichmäßiger verteilt werden sollen.“
Wolle der Bund diesen Weg in dieser Legislaturperiode nicht mehr beschreiten, sollten die vom Bund für die Schulsanierung vorgesehenen 3,5 Mrd. € wie die Gelder zur Wohnraumförderung als Entflechtungsmittel auf die kommunale Ebene gebracht werden, statt für diese einmalige Investitionshilfe eigens die Verfassung zu ändern. „Man sollte kein Scheunentor öffnen, wenn ein Schlupfloch ausreicht.“
Henneke erläuterte: „Von der Einfügung eines Art. 104c in das Grundgesetz ist dringend abzuraten, weil dies nichts an der strukturellen Finanzschwäche der Kommunen ändert und zudem eine neue Eingriffskompetenz des Bundes im Bildungsbereich geschaffen würde, den Länder und Kommunen zu verantworten haben. Will der Bund die Kommunen in diesem Einzelfall aber unterstützen, sollte er dafür nicht mit allen Risiken und Nebenwirkungen die Verfassung ändern. Wir befürchten, das wäre erst der Anfang eines Hineinregierens des Bundes in den Schul- und andere Aufgabenbereiche, für die er gar nicht zuständig ist. Gleichzeitig würde die Finanzierungsverpflichtung der Länder gegenüber ihren Kommunen weiter relativiert und Fehlentwicklungen befördert“, so Henneke.
Weiterentwicklungen in Bezug auf die kommunale Umsatzsteuer müssten schnellstmöglich, spätestens jedoch zu Beginn der nächsten Legislaturperiode angegangen werden: „Wichtig ist es, an entscheidender Stelle weiterzukommen: Denn die kommunale Finanzsituation entwickelt sich im Bundesgebiet höchst unterschiedlich. So partizipieren beispielsweise Gemeinden und Landkreise mit geringer Wirtschaftskraft, geringem Gewerbesteueraufkommen und wenig sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen nur unterdurchschnittlich an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Daher gilt es, zusätzliche Mittel aus dem Umsatzsteueraufkommen des Bundes bereitzustellen, diese aber auch anders auf die Kommunen zu verteilen. Wir haben hierzu eine Formulierung für eine punktuelle Verfassungsänderung vorgelegt.“
Ein neuer Verteilungsschlüssel müsste sich nach der Einwohnerzahl statt nach der Wirtschaftskraft richten und im Grunde auch eine Steuerbeteiligung der 294 Landkreise ermöglichen: „Es ist eine eklatante Unwucht im System, dass die Sozialausgaben im kommunalen Bereich zu 45,4 % von den Landkreisen getragen werden und ausgerechnet sie bislang von der Umsatzsteuer ausgeschlossen sind“, stellte Henneke fest. Die kreisfreien Städte trügen demgegenüber 29,4 %, die Höheren Kommunalverbände 19,9 % und die kreisangehörigen Gemeinden 5,3 % der Ausgaben für Soziales. Bislang seien lediglich die Städte und Gemeinden mit 2,2 % am Aufkommen der Umsatzsteuer beteiligt, was im Jahr 2016 4,8 Mrd. € ausgemacht habe. „Damit wäre auch in Bezug auf die chronische Investitionsschwäche vieler Kommunen viel gewonnen.“
Soweit der Bund diesen Weg nicht kurzfristig beschreiten wolle und an seinem Investitionspaket zur Schulsanierung festhalte, schlug Henneke für den Transfer der 3,5 Mrd. € über die Länder auf die kommunale Ebene eine andere Variante vor: „Eine einfache und elegante Lösung ohne Verfassungsänderung besteht darin, die Entflechtungsmittel um 3,5 Mrd. € aufzustocken und über eine politische Zweckbestimmung analog zum Vorgehen bei den Bundesmitteln zur sozialen Wohnraumförderung sicherzustellen, dass dieses Geld auch tatsächlich für die Schulsanierung ausgegeben wird. Damit wäre unseren Bedenken Rechnung getragen und wir würden nicht unser bundesstaatliches Gefüge an dieser Stelle aus den Angeln heben“, warb der DLT-Hauptgeschäftsführer abschließend.