Die Finanzminister der Länder Niedersachsen und Hessen haben eine neue Bundesratsinitiative vorgestellt. Der Niedersächsische Finanzminister Peter-Jürgen Schneider fasste das Vorhaben mit den Worten zusammen: „Wir wollen die Grundsteuer auf ein rechtssicheres Fundament stellen, sie für die Bürgerinnen und Bürger gerecht gestalten und für die Kommunen als verlässliche Einnahmequelle erhalten. Und das Ganze insgesamt aufkommensneutral“.
„Der Staat verlangt von seinen Bürgerinnen und Bürgern Steuern und berechnet diese anhand von Daten, die mindestens ein halbes Jahrhundert alt sind. Das ist nicht nur antiquiert und heute kaum noch zu vermitteln: Es ist auch ungerecht. Daher werden die Länder Hessen und Niedersachsen am kommenden Freitag in einem ersten Schritt zwei Gesetze in den Bundesrat einbringen, um die Grundsteuer rechtssicher und zeitgemäß zu reformieren“, erläuterte der Hessische Finanzminister Dr. Thomas Schäfer die unmittelbar nächsten Schritte der Reform.
Minister Schneider wies daraufhin, dass die nun anstehende Bundesratsinitiative von einer großen Mehrheit der Finanzministerinnen und Finanzminister beschlossen wurde und dass auch die kommunalen Spitzenverbände dringenden Handlungsbedarf sehen. „Die Grundsteuer in der aktuellen Fassung beruht auf jahrzehntealten Wertverhältnissen. Wertentwicklungen der vergangenen Jahre werden komplett ausgeblendet. Dies ist in der Sache ungerecht und nicht zu vermitteln. Dagegen wird bereits vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt. Die Reform ist dringend geboten, bevor das Verfassungsgericht das Gesetz kassiert“, so Minister Schneider weiter.
Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Hauptgeschäftsführer vom Deutschen Landkreistag, sowie Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, verdeutlichten dabei die Bedeutung einer verlässlichen und rechtssicheren Grundsteuer für die Kommunen.
Wie die Grundsteuer künftig ausgestaltet und berechnet werden soll, erläuterte Finanzminister Dr. Schäfer: „Zunächst erfolgt die Neubewertung aller rund 35 Millionen Grundstücke und land- und forstwirtschaftlichen Betriebe. Um zu verhindern, künftig wieder in einen Bewertungsstau zu geraten, wird das neue Bewertungsverfahren möglichst einfach ausgestaltet. Das erleichtert eine komplette Neubewertung in regelmäßigen Abständen“, so der Minister. Ein einfaches Verfahren müsse zwangsläufig auf Pauschalierungen setzen. Trotzdem sei es gelungen, die wirklich wichtigen Wertfaktoren in den neuen Berechnungsregeln zu berücksichtigen, erläuterte der Minister weiter. Bei unbebauten Grundstücken wird auf die Bodenrichtwerte abgestellt. Bei bebauten Grundstücken wird zudem noch der Wert des Gebäudes erfasst, wobei die Art des Gebäudes und das Baujahr berücksichtigt werden. „Ein guter Kompromiss zwischen Einfachheit und Genauigkeit“, fasste der Minister zusammen.
Die dann ermittelten aktualisierten Werte werden wie schon heute mit einer gesetzlich festgelegten Steuermesszahl multipliziert. Erst auf den sich so ergebenden Steuermessbetrag wird dann der jeweilige gemeindliche Hebesatz angewandt, um die tatsächlich zu zahlende Grundsteuer zu ermitteln. Die Steuermesszahlen und die Hebesätze sind damit die Stellschrauben, um das Ziel einer aufkommensneutralen Reform zu erreichen. „Bei einem flächendeckenden Anstieg der Werte wegen der Neubewertung werden die Steuermesszahlen entsprechend abgesenkt“, so Dr. Schäfer. Neu sei die Option für die Länder, von der bundeseinheitlich festgelegten Messzahl abzuweichen: „Angesichts dieser landesspezifischen und kommunalen Handlungsmöglichkeiten ist es nicht nachzuvollziehen, wie manche in der Reform eine Steuererhöhung erkennen können. Wer dies dennoch behauptet, hat entweder das Konzept nicht verstanden oder möchte die Öffentlichkeit bewusst täuschen.“
Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, begrüßte die Initiative: “Eine Reform der Grundsteuer ist überfällig. Deshalb freuen wir uns über den neuen Anlauf, den Hessen und Niedersachsen angestoßen haben. Die Städte appellieren an Bund und Länder, auf der Basis des jetzt vorliegenden Entwurfs rasch eine Einigung zu erreichen, die alle Länder mittragen können. Andernfalls drohen den Kommunen massive Steuerausfälle, weil Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht laufen. Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten kommunalen Steuern mit einem jährlichen Volumen von derzeit rund 13 Milliarden Euro“, so Dedy.
„Eine Reform wird sich für die einzelnen Grundsteuerzahler zwar unterschiedlich auswirken. Sie führt aber zu mehr Steuergerechtigkeit für die Bürgerinnen und Bürger, weil die Grundsteuerwerte seit mehr als 50 Jahren nicht mehr aktualisiert wurden. Die Kommunen werden auch nach der Reform maßvoll von ihrem Hebesatzrecht Gebrauch machen, so dass die Kosten nicht explodieren werden. Langzeitbetrachtungen belegen, dass signifikante Erhöhungen der Grundsteuer selten sind“, sagte Dedy weiter.
Auch Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes sprach von einem wichtigen Schritt für die Städte und Gemeinden: „Damit kann der seit mehr als 20 Jahren währende Reformprozess zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden. Städte und Gemeinden brauchen nun endlich eine belastbare und zukunftssichere Grundlage für die Grundsteuer. Wir appellieren an alle Beteiligten, die Reform nun im Interesse der Städte und Gemeinden, aber auch der Bürgerinnen und Bürger, rasch umzusetzen“, betonte Landsberg.
Es sei wichtig, dass für die Kommunen, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger Klarheit, Nachvollziehbarkeit und Rechtssicherheit bei der Grundsteuer geschaffen werde, so Landsberg weiter. „Das Hebesatzrecht der Gemeinden bei der Grundsteuer hat eine zentrale Bedeutung. Die Städte und Gemeinden gehen damit verantwortungsvoll, nachvollziehbar und maßvoll um. Daher ist keine Kostenexplosion bei der Grundsteuer zu erwarten“, versicherte Landsberg.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, sprach sich ebenfalls dafür aus, das nunmehr vorliegende „Gesamtmodell Grundsteuer“ möglichst zügig in ein Reformgesetz für eine bundeseinheitlich geregelte Grundsteuer zu überführen. „Dafür sprechen der Reformdruck sowie die mangelnden konsensfähigen Alternativen. Das Modell erfüllt sowohl die Vorgaben der Finanzministerkonferenz als auch unsere Anforderungen. Weitere Verzögerungen im Reformprozess sind kaum vertretbar und es steht nicht zu erwarten, dass mit weiterem Zuwarten bessere Lösungen entwickelt werden.“
Darüber hinaus warnte Henneke vor der falschen Erwartung, die Reform könne für jeden Bürger belastungsneutral sein: „Das stünde im glatten Gegensatz zum Reformanlass und der gegenwärtig gerade ungerechten Besteuerungssituation. Zudem lassen sich durch die mit dem Modell erweiterten Gestaltungsmöglichkeiten von Land und Kommunen die meisten der politisch nicht gewollten Belastungssituationen korrigieren bzw. zumindest deutlich entschärfen.“