Ernst & Young hat eine Studie über die Entwicklung der kommunalen Steuerpolitik veröffentlicht. Danach sind die durchschnittlichen Hebesätze bei Grund- und Gewerbesteuern im vergangenen Jahr weiter angestiegen – vor allem bei der Grundsteuer B. Der durchschnittliche Hebesatz zum 30. Juni 2014 betrug 358 Punkte nach 351 Punkten im Vorjahr. Das ist die höchste Steigerung seit 2011.
Bei der Gewerbesteuer war der Anstieg weniger deutlich. Hier beträgt der durchschnittliche Hebesatz 353 Punkte. Damit stieg der Wert wie auch schon in den Jahren 2013 und 2012 um drei Punkte an. Seit Anfang 20101 hat die Hälfte aller deutschen Städte und Gemeinden mindestens einmal die Gewerbesteuer erhöht; die Grundsteuer B, die von Haus- und Wohnungseigentümern zu zahlen ist und in der Regel auf Mieter umgelegt wird, wurde seit 2010 von 58 Prozent der Kommunen erhöht.
Bundesweit stieg der durchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz seit 2010 um 15 Punkte auf 353 Punkte, bei der Grundsteuer betrug der Anstieg im gleichen Zeitraum sogar 29 auf 358 Punkte. Haus- und Wohnungsbesitzer müssen derzeit in Nordrhein-Westfalen mit Abstand am meisten zahlen: Dort liegt der durchschnittliche Grundsteuerhebesatz bei 461 Punkten. Am wenigsten verlangen die Kommunen im Saarland (320 Punkte) und Schleswig-Holstein (304 Punkte) von Haus- und Wohnungseigentümern bzw. Mietern. Im Zuge der fast flächendeckenden Anhebung der Hebesätze in den vergangenen Jahren hat sich der Anteil der Kommunen mit einem hohen bis sehr hohen Grundsteuerhebesatz (von 350 Punkten und mehr) zwischen 2005 und Mitte 2014 von 20 auf 61 Prozent verdreifacht. Gleichzeitig ging der Anteil der Städte und Gemeinden mit einem niedrigen Grundsteuer-Hebesatz von unter 300 Punkten von 21 auf neun Prozent zurück.
Während die Mehrheit der deutschen Kommunen in den vergangenen Jahren die sogenannten Realsteuern anhob, waren Steuersenkungen die absolute Ausnahme: Gerade einmal ein Prozent der deutschen Kommunen hat zwischen Anfang 2010 und Mitte 2014 die Grundsteuer B gesenkt; auch die Gewerbesteuer sank nur bei einer von 100 Kommunen.
Besonders in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen stiegen die Steuern auf breiter Front: In beiden Bundesländern erhöhten zwischen Anfang 2010 und Mitte 2014 mehr als neun von zehn Kommunen mindestens einmal die Grundsteuer. Die Gewerbesteuer wurde vor allem von Kommunen in Thüringen (90 Prozent) und Rheinland-Pfalz (80 Prozent) erhöht. In Bayern hingegen erhöhte nicht einmal jede fünfte Kommune seit Anfang 2010 die Gewerbe- bzw. die Grundsteuer. Die jeweiligen Erhöhungen fielen dabei so moderat aus, dass der durchschnittliche Hebesatz für beide Steuerarten zusammen gerade einmal um zwei Prozent stieg.
Vielerorts begründeten die Stadtverwaltungen die Steuererhöhung mit dem Beitritt der Stadt zum Kommunalen Schutzschirm der jeweiligen Länder. Dies dürfte auch die starke Erhöhungsdynamik in Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen erklären. Alle drei Bundesländer haben entsprechende Programme aufgelegt und knüpfen ihre Hilfe für notleidende Kommunen daran, dass die am jeweiligen Schutzschirm teilnehmenden Kommunen einen eigenen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten; dazu zählen auch Steuererhöhungen. Dementsprechend sind weitere Steuererhöhungen zu erwarten – und in den Haushaltsplänen vieler Kommunen bereits fest vorgesehen, so die Autoren der Studie.
Die Grundsteuer B wird auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben und trifft damit so gut wie alle Bürger, da diese entweder selbst Hausbesitzer sind oder an der Steuer über die Mietnebenkosten beteiligt werden. Sie brachte den deutschen Kommunen im Jahr 2013 insgesamt etwa 10,6 Milliarden Euro ein – knapp 14 Prozent der Gesamteinnahmen. Im Vergleich zur Gewerbesteuer ist sie eine verlässliche Einnahmequelle für die Kommunen, da sie keinen konjunkturellen Schwankungen unterliegt und eine breitere Erhebungsbasis hat. Bei der Grundsteuer B lagen Mitte 2014 unter den größeren Städten (ab 50.000 Einwohner) Rüsselsheim und Dorsten mit Hebesätzen von 800 bzw. 780 Punkten bundesweit an der Spitze. Am wenigsten müssen die Bürger in zwei hessischen Städten (Fulda und Marburg) sowie im niedersächsischen Lingen bezahlen: Dort betrug der Hebesatz nur jeweils 330 Punkte.
Die Gewerbesteuer ist die wichtigste Einnahmequelle der Städte und Gemeinden. Im Jahr 2013 spülte sie 32,6 Milliarden Euro in die Kassen der Kommunen – das waren knapp 43 Prozent der Gesamteinnahmen der Kommunen. Von den größeren deutschen Städten (ab 50.000 Einwohner) wiesen zur Jahresmitte 2014 nordrhein-westfälische Städte die höchsten Gewerbesteuerhebesätze auf: Marl (530 Punkte), Oberhausen (520 Punkte) und Hagen (510 Punkte). Am günstigsten war es für Unternehmen im baden-württembergischen Friedrichshafen, wo der Hebesatz bei 350 Punkten liegt.