Trotz steigender Steuereinnahmen kommen die deutschen Großstädte beim Schuldenabbau nicht voran. Im vergangenen Jahr stieg ihre Gesamtverschuldung sogar um 3,2 Prozent auf 82,8 Milliarden Euro. Auf jeden Großstadtbewohner entfielen damit im Durchschnitt kommunale Schulden in Höhe von 4.299 Euro – im Vorjahr waren es 4.174. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie von Ernst & Young.
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich damit der Negativtrend deutlich verstärkt: Im Jahr 2013 war die Gesamtverschuldung nur um 0,7 Prozent gestiegen, immerhin 46 Prozent der 72 deutschen Großstädte hatten ihre Schulden reduzieren können. 2014 hingegen schafften nur noch 25 Prozent der Großstädte einen Schuldenabbau. Zudem steigt die Zahl der Großstädte, die sehr stark verschuldet sind und eine Pro-Kopf-Verschuldung von mindestens 6.000 Euro aufweisen kontinuierlich: 2012 waren es nur 13, 2013 schon 15, Ende 2014 sogar 16.
Besonders betroffen sind die Städte in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen: Die vier rheinland-pfälzischen Großstädte weisen im Schnitt eine Pro-Kopf-Verschuldung von 7.063 Euro auf, bei den 28 NRW-Städten sind es 5.081 Euro. Zum Vergleich: Die acht bayerischen Großstädte kommen auf eine Pro-Kopf Verschuldung von 3.470 Euro, bei den sechs niedersächsischen Großstädten liegt die Verschuldung sogar nur bei 2.206 Euro je Einwohner.
Im kommunalen Kernhaushalt – also ohne Berücksichtigung der Schulden von Eigenbetrieben und kommunalen Extrahaushalten – sind aktuell drei deutsche Großstädte schuldenfrei: Dresden, Göttingen und Wolfsburg. Stuttgart ist derzeit auf dem besten Weg zu einer Null-Verschuldung des Kernhaushalts: Die baden-württembergische Landeshauptstadt konnte die Verschuldung des Kernhaushalts in den vergangenen zwei Jahren um etwa ein Drittel von 36 Millionen auf aktuell 24 Millionen Euro reduzieren. Allerdings weisen im Fall Stuttgarts Eigengesellschaften eine relativ hohe Verschuldung auf, sodass die Gesamtverschuldung der Stadt derzeit bei 3,0 Milliarden Euro liegt. Ähnlich ist die Situation in München: Die bayerische Landeshauptstadt ist im Kernhaushalt „nur“ mit 907 Millionen Euro verschuldet – ein Drittel weniger als Ende 2012 –, Eigenbetriebe und Eigengesellschaften weisen aber einen relativ hohen Schuldenstand von 3,6 Milliarden Euro auf, was eine Gesamtverschuldung von 4,5 Milliarden Euro ergibt.
Um eine Vergleichbarkeit zwischen den Städten herzustellen, müssen bei der Schuldenanalyse neben den Kernhaushalten auch Extrahaushalte und Eigenbetriebe herangezogen werden, betonen die Autoren der Studie, da die Kommunen eine Vielzahl von öffentlichen Aufgaben erbrächten– aber immer seltener im jeweiligen Kernhaushalt. Zunehmend würden öffentliche Aufgaben durch ausgelagerte Einheiten wie beispielsweise Eigenbetriebe oder öffentliche Unternehmen in privater Rechtsform erbracht. Dadurch habe sich inzwischen eine erhebliche öffentliche Verschuldung außerhalb der Kernhaushalte aufgebaut. Bei der Interpretation der Zahlen sei allerdings zu berücksichtigen, dass in solchen Fällen den Schulden erhebliche Vermögenswerte gegenüberstehen können.