Der Schuldenberg der deutschen Kommunen wächst weiter an –das bleibt nicht ohne Folgen für die Bürger: Vier von fünf Kommunen (79 Prozent) wollen in diesem und im kommenden Jahr kommunale Steuern und Gebühren erhöhen, jede dritte Kommune (32 Prozent) will Leistungen streichen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie von Ernst & Young, die auf einer Umfrage unter 300 deutschen Kommunen sowie einer Analyse der Verschuldungssituation von Kommunen mit mindestens 20.000 Einwohnern beruht.
Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer mehr: Während die Kommunen mit einer niedrigen Pro-Kopf-Verschuldung diese weiter reduzieren und ihre Finanzlage insgesamt verbessern können, verschärft sich die Situation bei den Kommunen mit einer bereits hohen Pro-Kopf-Verschuldung weiter. In diesem Jahr schließt voraussichtlich mehr als die Hälfte der Kommunen (55 Prozent) das Haushaltsjahr mit einem Defizit ab – im Vorjahr lag der Anteil noch bei knapp unter der Hälfte (49 Prozent). Ein Haushaltsüberschuss gelingt deutlich weniger Kommunen: Nur noch jede dritte kann in diesem Jahr voraussichtlich schwarze Zahlen vorweisen, 2014 waren es noch 41 Prozent.
Die Gesamtschulden der Kommunen dürften in den kommenden Jahren weiter zunehmen: 58 Prozent der Kämmerer rechnen mit einem Anstieg in den nächsten drei Jahren – 33 Prozent der Kommunen werden höhere Kassenkredite aufnehmen müssen, um ihre Haushalte auszugleichen. Mit einem Abbau ihrer Gesamtschulden rechnen nur 31 Prozent der Kommunen, so die Autoren der Studie.
Angesichts der anhaltenden Finanznot vieler Städte und Gemeinden droht der Investitionsstau immer größer zu werden: Aktuell sehen 84 Prozent der Kämmerer Nachholbedarf bei Verkehrsinvestitionen in ihrer Kommune, in 57 Prozent der Städte besteht Investitionsbedarf bei Schulen und anderen Bildungseinrichtungen. Insgesamt summiert sich der aktuelle Investitionsstau in Deutschland bei Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern auf ca. 30 Milliarden Euro.
Insgesamt geht es den Ost-Kommunen besser als den Kommunen in den sogenannten alten Bundesländern. 46 Prozent der Städte im Osten erreichen 2015 voraussichtlich einen Haushaltsüberschuss, im Westen sind es nur 30 Prozent. Gleichzeitig verbuchen 35 Prozent der Kommunen im Osten und 58 Prozent im Westen ein Defizit.
Immer bedrohlicher wird die Situation für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Nur noch sechs Prozent rechnen mit einem Haushaltsüberschuss, im Vorjahr waren es 14 Prozent. Dafür werden 84 Prozent voraussichtlich mit einem Minus abschließen, im Vorjahr war der Anteil mit 79 Prozent leicht niedriger. Nur unwesentlich besser gestellt sind die Kommunen in Hessen und Rheinland-Pfalz, wo 78 Prozent beziehungsweise 67 Prozent mit einem Haushaltsdefizit rechnen.
Unter den westdeutschen Bundesländern sind vor allem Baden-Württemberg und Bayern positive Ausnahmen: Von den baden-württembergischen Kommunen rechnen 69 Prozent mit einem Haushaltsüberschuss, allerdings schrieben im vergangenen Jahr noch 87 Prozent schwarze Zahlen. Immerhin noch mehr als die Hälfte der Kommunen in Bayern (56 Prozent, Vorjahr: 62 Prozent) erwartet einen Überschuss.
Viele Kommunen reagieren auf ihre finanzielle Situation mit höheren Belastungen und weniger Leistungen für ihre Einwohner. Vier von fünf Kommunen (79 Prozent) wollen 2015/16 Steuern und Gebühren erhöhen. Jede dritte Kommune (32 Prozent) will Leistungen streichen. 2014 reduzierten im Vergleich dazu nur 26 Prozent der Kommunen ihre Leistungen, 69 Prozent erhöhten Steuern und Gebühren.
Tiefer in die Tasche greifen müssen vor allem Eltern von Kindern in der Kita oder in Ganztagsschulen. 40 Prozent der Städte und Gemeinden wollen im laufenden Haushaltsjahr die entsprechenden Gebühren erhöhen, im Vorjahr taten das lediglich 23 Prozent. Auch bei der Grundsteuer bitten die Kommunen verstärkt zur Kasse: 38 Prozent planen hier eine Erhöhung (2014: 29 Prozent). Der Anteil der Kommunen mit steigenden Friedhofsgebühren klettert ebenfalls deutlich von 20 Prozent auf 26 Prozent.