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Kommunale Wärmeplanung: Klimaschutz vor Ort

Allgemein, Klimaschutz

Die aktuelle außenpolitische Situation mit dem Krieg in der Ukraine rückt die Themen Versorgungssicherheit, Unabhängigkeit der Energieversorgung und Nachhaltigkeit bei der Wärmeversorgung ins Zentrum der brancheninternen, aber auch medialen Aufmerksamkeit. Eine krisenfeste, unabhängige Wärmeversorgung und das Ziel der Bundesregierung einer klimaneutralen Wärmeversorgung bis 2045 soll gemäß dem Koalitionsvertrag unter anderem durch das Instrument der kommunalen Wärmeplanung erreichbar sein.

Die Wärmewende stellt eine große Herausforderung dar, mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs in Deutschland wird derzeit für die Beheizung von Gebäuden, die Erzeugung von Warmwasser und Prozesswärme aufgewendet. Das entspricht einem jährlichen Anteil an energiebezogenen CO2-Emissionen von 40 Prozent. Der Handlungsbedarf im Bereich der Wärmewende nimmt entsprechend zu und das Thema rückt zusehends in den Fokus politischer Agenden. Dabei setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass die konkrete Wärmewende vor Ort bei Kunden, Lieferanten und Infrastrukturbetreibern stattfindet, zentrale Akteure sind die Kommunen. Diese können etwa über Bebauungspläne oder Konzessionsvergaben starken Einfluss auf die Entwicklung der Wärmeversorgungsstruktur vor Ort nehmen. Aktivitäten dazu werden auf verschiedenen politischen Ebenen forciert: Beispielweise auf europäischer Ebene durch die Aufforderung an Mitgliedsstaaten, ihre Kommunen zur Wärme- und Kälteplanung zu ermutigen, wie es im aktuellen Entwurf der Energieeffizienzrichtlinie festgehalten wurde. Auf Bundesebene geschieht es durch die Thematisierung der kommunalen Wärmeplanung im Koalitionsvertrag und auf Landesebene durch einzelne Bundesländer, welche die kommunale Wärmeplanung bereits eingeführt haben, wie in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Hamburg bereits geschehen. Zudem haben zahlreiche Kommunen bereits eigene Wärmeplanungen angestoßen.

Foto: © Frank – stock.adobe.com

Wie bei der Energiewende insgesamt kommt auch bei der Wärmewende den Kommunen eine besondere Rolle zu: Die Wärmewende muss sich an die regionalen Besonderheiten und Bedürfnisse anpassen und sich gleichzeitig in das Gesamtsystem einfügen, sie muss technologieoffen und planungssicher ausgestaltet werden. Ein kommunales Planungsinstrument wird gebraucht, um die Verbrauchs- und Erzeugungssituation für die Nutzung von Potenzialen klimafreundlicher Wärmequellen und die Weiterentwicklung vorhandener Infrastrukturen im Blick zu behalten. Gleichzeitig bestimmen die lokalen Begebenheiten die nutzbaren Optionen. Die kommunale Wärmeplanung, wie sie von der Bundesregierung anvisiert wird, soll diese strategischen Leitplanken bieten und verschiedene Anforderungen berücksichtigen, um ein ganzheitliches Konzept für eine zukunftsfähige Wärmeplanung auf kommunaler Ebene zu realisieren. Damit diese Wärmeplanung durch die Kommunen effektiv umgesetzt werden kann, hat sich der BDEW in verschiedenen Gremien mit möglichen Anforderungen befasst und folgende Eckpfeiler für eine optimale Ausgestaltung der kommunalen Wärmewende gefunden:

1. Alle Stakeholdergruppen sollten in den Planungsprozess involviert werden und gleichberechtigen Marktzugang garantiert bekommen:

Die kommunale Wärmeplanung hat unmittelbare Auswirkungen für alle Bürger der Kommune. Daher muss die Akzeptanz dieser Planung von Anfang an im Fokus stehen. Alle beteiligten Stakeholdergruppen müssen in die Planung frühzeitig einbezogen werden, das schließt die Betreiber der Versorgungsinfrastrukturen, Wärmeversorger und Contractoren sowie Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer und Gebäudenutzerinnen und -nutzer mit ein. Die kommunale Wärmeplanung und individuelle Investitionsentscheidungen der Gebäudeeigentümerinnen und Gebäudeeigentümer, Infrastrukturbetreiber (Strom, Gase, Fernwärme) und Energiedienstleister müssen aufeinander abgestimmt sein. Dies sollte durch eine Plattformfunktion sichergestellt werden, wodurch alle Stakeholder in die Planung einbezogen werden. Zusätzlich muss sichergestellt werden, dass alle relevanten Stakeholder gleichberechtigten Zugang zum Wärmemarkt bekommen, damit dieser durch die Leitplanken der kommunalen Wärmepläne nicht unnötig eingeschränkt wird, weder mit Blick auf Technologien noch auf Marktteilnehmer.

2. Ein verbindlicher Balanceakt zwischen Planungssicherheit und Technologieoffenheit und bundesweite Vergleichbarkeit sind entscheidend für eine nachhaltige Umsetzbarkeit der kommunalen Wärmeplanung:

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Die kommunale Wärmeplanung muss den Balanceakt zwischen Investitionssicherheit für die involvierten Stakeholder und Flexibilität durch Technologieoffenheit bewerkstelligen, hierfür muss ein angemessener Kompromiss zwischen Detailtiefe und Flexibilität gefunden werden. Wärmeplanung kann nur als holistischer Prozess mit den Prämissen Versorgungssicherheit und Klimaneutralität funktionieren. Bei der Erstellung der Wärmepläne muss Raum für technologische Neuerungen gegeben werden, allerdings sollte möglichst ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Pläne Verbindlichkeit für alle Stakeholder sichergestellt sein. Die Wärmepläne der einzelnen Kommunen sollten zudem bundeseinheitlichen Leitlinien folgen, um eine Vergleichbarkeit und einheitliche Zeithorizonte sicherzustellen. Dadurch können Synergieeffekte im Bereich der Beschaffung durch kooperative Ansätze genutzt oder überregionale Versorgungskonzepte entwickelt werden. Zu diesem Zweck sollte es Kommunen ermöglicht werden, die kommunale Wärmeplanung nicht ausschließlich individuell, sondern als Kooperation mit weiteren Kommunen zu erstellen und umzusetzen.

3. Ressourcenaufwand durch die Kommunen muss realistisch geplant sein, finanziell und fachpersonell unterstützt werden mit Datensicherheit als oberster Priorität:

Eine kommunale Wärmeplanung erfolgreich umzusetzen, erfordert einen erheblichen und vielseitigen Ressourceneinsatz. Eine kostenintensive Zusatzaufgabe im Bereich der Wärmeplanung kann für die Kommunen aufgrund der häufig fehlenden finanziellen oder personellen Ressourcen eine große Hürde darstellen. Durch finanziellen Ausgleich aus Bundesmitteln ist sicherzustellen, dass kommunale Wärmeplanung nicht zu einer mit der Daseinsvorsorge konkurrierenden Aufgabe wird. Für eine erfolgreiche kommunale Wärmeplanung ist es außerdem notwendig, Fachpersonal einzusetzen, das sich sowohl mit der fachlichen Thematik als auch mit den kommunalen Strukturen auskennt. Hier können kommunale Stadtwerke ihren Kommunen unterstützend zur Seite stehen. Zudem ist die kommunale Wärmeplanung abhängig von der grundsätzlichen Verfügbarkeit von Fachkräften, insbesondere im handwerklichen Bereich. Mit der flächendeckenden Einführung der kommunalen Wärmeplanung muss daher auch ein entsprechendes Fort- und Weiterbildungsangebot für Berater, Planer und Handwerker weiterentwickelt werden. Bei allen limitierenden Faktoren ist die Verfügbarkeit von validen Daten ein Erfolgskriterium für die kommunale Wärmeplanung, bei der Datennutzung ist der Datenschutz nicht zuletzt aus vertrauensschaffenden Gründen oberste Priorität.

Fazit: Das Instrument der kommunalen Wärmeplanung ist unter Voraussetzungen ein wichtiges klimapolitisches Instrument für die Wärmewende

Das Ziel, die Wärmeversorgung krisenfest, unabhängig und klimaneutral aufzustellen, wurde bereits im Koalitionsvertrag 2021 festgehalten, ist aber derzeit aktueller denn je. Die kommunale Wärmeplanung ist ein strategisches Planungsinstrument, das die Leitplanken für eine zukunftsgerichtete und ganzheitliche Wärmeversorgungsentwicklung auf kommunaler Ebene setzen soll und damit den Kommunen ein seit langer Zeit benötigtes Instrument für die Wärmewende an die Hand gibt. Zudem schafft sie Planungs- und Investitionssicherheit für alle Akteure am Wärmemarkt.

Damit die kommunale Wärmeplanung möglichst effektiv umgesetzt wird und die an sie gerichteten Ziele erreichen kann, müssen wie bereits skizziert einige Voraussetzungen erfüllt sein:
Erstens muss eine breite Beteiligungsstruktur etabliert werden, indem alle Stakeholdergruppen an dem Erarbeitungs- und Umsetzungsprozess beteiligt werden. Das schließt auch einen technologieoffenen und gleichberechtigten Marktzugang ein. Zweitens ist Verlässlichkeit für die beteiligten Akteure ein wichtiges Gut: Technologieoffenheit sollte gelten, solange der Planungsprozess nicht abgeschlossen ist, sobald es jedoch an die Umsetzung geht, ist Investitionssicherheit unabdingbar. Dennoch muss Offenheit für Innovationen, wie etwa die Integration von grünem Wasserstoff in den Wärmemarkt, erhalten bleiben. Darüber hinaus ist die Vergleichbarkeit beziehungsweise Kooperationsfähigkeit unter Kommunen zu unterstützen. Drittens ist die kommunale Wärmeplanung für viele Kommunen sowohl personell als auch finanziell eine Mammutaufgabe. Die Verfügbarkeit von Fachkräften muss zum Beispiel durch Experten der kommunalen Stadtwerke unterstützt werden und die Kosten müssen durch den Bund mitgetragen werden. Die Nutzung von Daten muss unter der Prämisse des Datenschutzes angegangen werden. Schließlich müssen die Kosten zur Erstellung einer kommunalen Wärmeplanung von der öffentlichen Hand getragen werden.

Diese Voraussetzungen sollten die Möglichkeiten für Kommunen schaffen, sich mit der Thematik der Wärmeplanung ohne eine Beeinträchtigung ihres eigentlichen Kerngeschäfts und unter Sicherstellung der Akzeptanz durch Bürgerinnen und Bürger zu befassen. Mit den entsprechenden Voraussetzungen ist die kommunale Wärmeplanung ein wichtiges Instrument, das die Wärmewende in Deutschland auf regionaler Ebene einen entscheidenden Schritt voranbringen kann.

Fotos: © BDEW

Autoren: Nora Nording, Fachgebietsleiterin KMU-Vertretung beim BDEW und Hartmut Kämper, Fachgebietsleiter Energieeffizienz beim BDEW

Dieser Beitrag erscheint in der April-Ausgabe der kommunalpolitischen blätter (KOPO).

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