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Energiepreise dürfen nicht zur sozialen Frage werden

Allgemein, Energie

Schleswig-Holstein gilt als Vorreiter in Sachen Energiewende. Wir haben mit Ministerpräsident Daniel Günther über die Energiepreiskrise gesprochen und wie sich das Land mit grünem Wasserstoff zukunftssicher aufstellen will.

KOPO: Schleswig-Holstein ist Vorreiter bei der Energiewende, dennoch zahlen die Menschen hier eine höhere Stromrechnung als im Rest der Republik. Ein Preistreiber sind die Netzentgelte, die in einem dünn besiedelten Flächenland naturgemäß höher ausfallen müssen als in einem Stadtstaat. Ist das fair?

Foto: © CDU SH/Ehlers

Daniel Günther: Wir in Schleswig-Holstein sind Vorreiter der Energiewende. Schon heute können wir über 160 Prozent unseres eigenen Strombedarfs mit erneuerbaren Energien produzieren und leisten damit auch einen Beitrag für die anderen Länder. Dass die Belastung für die Menschen im Land dafür höher ausfällt, macht natürlich keinen Sinn und gefährdet die Akzeptanz für den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Wir brauchen daher eine grundlegende Reform des Systems von Steuern, Abgaben und Umlagen sowie der Netzentgelte im Energiebereich, für die wir uns auf Bundesebene mit Nachdruck einsetzen.

KOPO: Die Ampel-Regierung in Berlin will noch dieses Jahr die EEG-Umlage abschaffen, um Verbraucher zu entlasten. Angesichts der Preisexplosion bei Strom und Gas – reicht das?

Daniel Günther: Das angekündigte schnellere Auslaufen der EEG-Umlage und die Erhöhung der Pendlerpauschale sind richtige und notwendige Schritte. Darüber hinaus brauchen wir aber auch eine befristete Senkung der Steuern auf Energie. Die Entwicklung der Energiepreise darf sich nicht zur neuen sozialen Frage entwickeln.

KOPO: Muss der Gesetzgeber durch neue Transparenzregeln bei der Stromrechnung sicherstellen, dass die Entlastung auch tatsächlich an die Kunden weitergegeben wird?

Daniel Günther: Es muss sichergestellt sein, dass die ergriffenen Maßnahmen schnell und unbürokratisch bei den Menschen ankommen. Darauf muss der Bund hinwirken.

KOPO: Schleswig-Holstein möchte einen Spitzenplatz in der Wasserstoff-Produktion einnehmen. Welche Projekte gibt es dazu vor Ort und wie wirtschaftlich sind sie?

Daniel Günther: Statt den Strom, der im Land durch erneuerbare Energien erzeugt wird, abzuleiten, wollen wir ihn gezielt nutzen. Wir wollen neue Wertschöpfung im Land schaffen und dafür ganz bewusst neue industrielle Betriebe ansiedeln. Die Produktion von grünem Wasserstoff bietet uns hier eine riesige Chance. Mit dem Wasserstoffkompetenzzentrum HY.SH und dem Projekt HySCALE100 sind wir bei der Wasserstoffforschung Vorreiter. Diese Stellung wollen wir auch in industriellem Maßstab nutzen und zum führenden Produzenten von grünem Wasserstoff werden.

KOPO: Welche Partizipationsmöglichkeiten für Stadtwerke gibt es?

Daniel Günther: Auch für Stadtwerke gibt es zum Beispiel bei der Schaffung einer flächendeckenden Wasserstofftankstelleninfrastruktur, aber auch beim Einsatz von klimaneutralen Gasen in den vorhandenen Gasnetzen große Chancen, einen weiteren Beitrag für eine klimaneutrale Versorgung vor Ort zu leisten.

KOPO: Wir haben jetzt viel über Erneuerbaren Strom gesprochen. Wie sieht es mit der Wärmewende in Schleswig- Holstein aus?

Daniel Günther: Rund die Hälfte der Energie verbrauchen wir heute für Wärme. Da liegt es auf der Hand, dass die Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien ein Hebel mit großer Wirkung ist. Daher wollen wir Kommunen gezielt bei der Aufstellung von kommunalen Wärme- und Kälteplänen unterstützen und die erneuerbare Wärmeversorgung in Wohnquartieren fördern. Darüber hinaus werden wir ein Kompetenzzentrum Wärmeversorgung im Land ins Leben rufen.

KOPO: 2020 waren in Deutschland rund 6,8 Millionen Gasheizungen in Betrieb. Mit dem Krieg in der Ukraine stellt sich die Frage nach der Versorgungssicherheit neu. Die Bundesregierung möchte jetzt den Bau von zwei LNG-Terminals vorantreiben. Warum geriert der Bau in der Vergangenheit immer wieder ins Stocken und welche Voraussetzungen müssen jetzt geschaffen werden?

Daniel Günther: Wir als CDU waren hier immer ganz klar im Kurs. Wir brauchen schnellstmöglich ein LNG-Terminal in Brunsbüttel. Das hilft uns bei der Umsetzung der Energiewende. Wie wir aktuell sehen müssen, hilft es aber eben auch, unsere Abhängigkeit beim Import von Energie zu reduzieren. Ich freue mich, dass nun auch der Bund aktiv unterstützt und wir gemeinsam schnell die Weichen vor Ort stellen können.

Dieser Beitrag erscheint in der April-Ausgabe der kommunalpolitischen blätter (KOPO).

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