Die erste „Digitale Infrastrukturplattform“ Europas steht in der thüringischen Provinz. Der einmalige Tante-Emma-Laden hat 24 Stunden die Woche geöffnet und bietet Waren des täglichen Bedarfs. Die KOPO sprach mit Geschäftsführer Mario Demange und der Thüringer Europaabgeordneten Marion Walsmann MdEP.
KOPO: Seit Februar 2020 können die Menschen in Altengottern 24 Stunden sieben Tage die Woche Güter des täglichen Bedarfs shoppen. Können Sie bitte kurz vorstellen, wie Emma’s Tag und Nacht Markt funktioniert?
Mario Demange: Die benötigte Kunden- beziehungsweise Zugangskarte kann man auf unserem Internetauftritt (www.tagundnachtmarkt. de) beantragen. Nach dem Einverständnis mit unseren AGB wird die Kundenkarte mit dazugehöriger PIN an die Kunden per Briefpost versendet. Kunden die direkt aus Altengottern kommen, werden persönlich vor Ort von unserer Standortverantwortlichen betreut. Nach Erhalt der Zutrittskarte sind die Kunden im Besitz des „digitalen Schlüssels“ für unsere digitale Infrastrukturplattform mit folgenden Komponenten:
- Verkaufsstelle mit 1200 verschiedenen Produkten des täglichen Bedarfs
- Digitale Infotafel der Gemeinde
- E-Ladesäule
- Freie Packstation
- Kaffee-Bar
- Offener W-LAN-Hotspot
KOPO: Thema Barrierefreiheit: Steht ihr Laden allen Menschen offen? Was ist mit Menschen, die über keinen Internetanschluss verfügen?
Mario Demange: Die digitale Infrastrukturplattform steht allen Kunden der Emma’s Tag und Nacht Markt GmbH 24/7 zur Verfügung. Das gesamte Gebäude sowie die Freifläche sind barrierefrei. Internetnutzung ist nicht zwingend notwendig, da sich am Gebäude ein offener W-LAN-Hotspot befindet. Alle Funktionen von der Beantragung der Kundenkarte bis hin zur Bestellung von Waren sind auch telefonisch möglich.
KOPO: Was ist der Unterschied zum reinen Online-Handel beziehungsweise zu stationären Läden mit einem „click&collect“-Angebot – also der Möglichkeit, Artikel im Internet zu bestellen und diese dann vor Ort in der Filiale abzuholen?
Mario Demange: Im Gegensatz zum Onlinehandel sind die Waren sofort und rund um die Uhr an sieben Tagen der Woche verfügbar. Auf unserer digitalen Infrastrukturplattform steht der Kunde im Fokus, da der Einkauf für Waren des täglichen Bedarfs zum Erlebnis wird.
KOPO: Wie sind die Reaktionen aus der Bevölkerung?
Mario Demange: Aufgrund der großen Resonanz und der gesellschaftlichen Akzeptanz hat sich unsere digitale Infrastrukturplattform zu einem neuen Kommunikationspunkt der Bürger von Altengottern entwickelt. Dies spiegelt auch die Anzahl von mittlerweile 840 Kundenkarten von Kunden aus Altengottern und Umgebung wider. Durch die Eröffnung wurde eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität in Altengottern herbeigeführt.
KOPO: Frau Walsmann, gehört solchen „Digitalen Infrastrukturplattformen“ die Zukunft – gerade in bevölkerungsschwachen Gegenden?
Marion Walsmann: Der Ansatz und die Umsetzung in Altengottern sind vielversprechend. Mit der digitalen Infrastrukturplattform werden viele Dinge umgesetzt, die wir in der Politik auf lokaler, regionaler und europäischer Ebene diskutieren. Nur ein paar Beispiele: lokale Erzeuger, in Altengottern zum Beispiel Fleischer und Bäcker, können ihre Produkte vor Ort verkaufen. Sie nutzen die Infrastruktur der Plattform und müssen sich nicht bei großen Handelsketten einmieten. Zudem sind die Wege kurz, das spart Verpackung und CO2. Auch sind die Prozesse sehr effizient. Es gibt kaum Ware, die weggeschmissen wird. Die intelligente Software ordert die Produkte, die nachgefragt werden – andere Artikel, die selten gekauft werden, fallen aus dem Sortiment. Der kleine Laden im Ort war früher oft Standard und erfüllte auch soziale Funktionen. Heute haben wir das nicht mehr in der Fläche. Ich sehe digitale Infrastrukturplattformen daher als attraktive Aufwertung einer Ortschaft und wir sollten diese Handelsform unterstützen.
Hier finden Sie den einmaligen Tante-Emma-Laden.
Dieser Beitrag ist in der Oktober-Ausgabe der KOPO erschienen.
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