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In Krisen vertrauen die Menschen der Union

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Seit dem zweiten Weltkrieg steckte die Bundesrepublik noch nie in einer derartigen Krise. Nur eines scheint noch sicher: Es kommt mehr denn je auf den Zusammenhalt der Gesellschaft an. Die KOPO hat mit Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesverteidigungsministerin und Vorsitzende der CDU Deutschlands gesprochen, wie es weitergeht in der CDU-Führungsfrage, zur Gewalt an Kommunalpolitikern und welche Rolle die Bundeswehr bei der Bewältigung der Corona-Krise spielt.

KOPO: Sie haben inmitten der Turbulenzen nach den Thüringer Landtagswahlen angekündigt, nicht als Kanzlerkandidatin zur Verfügung zu stehen und den Parteivorsitz abzugeben. Viele in der CDU waren darüber enttäuscht; was hat Sie zu diesem Schritt zu diesem Zeitpunkt bewogen?

Foto: Tobias Koch

Annegret Kramp-Karrenbauer: Ich habe mir die Entscheidung nicht leichtgemacht wegen unserer Mitglieder, von denen mich viele unterstutzt haben. Aber die CDU brauchte und braucht in der schwierigen, aber notwendigen Abgrenzung nach links und vor allem nach rechts alle Kräfte und Geschlossenheit. Meine Entscheidung ist ein Beitrag dazu.

KOPO: Drei Persönlichkeiten kandidieren für den Parteivorsitz. Ihre jeweiligen Lager scheinen sich unversöhnlich gegenüber zu stehen. Wie kann es gelingen, die Partei trotzdem zusammenzuhalten?

Annegret Kramp-Karrenbauer: Die CDU baut auf gemeinsamen Werten auf, wir müssen wieder lernen die vielen Punkte, die uns verbinden über die wenigen Punkte zu stellen, die uns unterscheiden. Zudem ist die Partei immer mehr als nur der Vorsitzende oder die Vorsitzende. Wir arbeiten weiter am für uns sehr wichtigen Grundsatzprogramm der CDU, das dann auch die Grundlage für die Bundestagswahl 2021 sein wird. Die CDU ist zusammen mit der CSU die politische Kraft, der die Menschen in Krisenzeiten am meisten vertrauen. Das sehen wir ganz aktuell in der Corona Krise.

KOPO: Deutschland kämpft gegen das Corona- Virus, der Parteitag im April kann nicht stattfinden. Viele fragen sich, ob die Partei sich in dieser außergewöhnlichen Krise einen Wettbewerb um den Vorsitz an ihrer Spitze leisten kann. Sehen Sie vor diesem Hintergrund Chancen auf eine einvernehmliche Lösung?

Annegret Kramp-Karrenbauer: Wir haben den Parteitag richtigerweise verschoben. Die Bewältigung der Corona-Krise ist wichtiger als alles andere. Dafür muss jetzt alles andere hintenanstehen.

KOPO: Als Verteidigungsministerin sitzen Sie am Kabinettstisch. Wie ist die Stimmung in der Koalition und der Bundesregierung? Annegret Kramp-Karrenbauer:

Die Stimmung ist ohne Zweifel sehr ernst. Wir arbeiten auf allen Ebenen und mit aller Kraft dafür, die Menschen vor dem Virus zu schützen und die Folgen in allen Bereichen anzugehen. Die Bekämpfung des Corona-Virus ist ein Marathon. Die Bundeswehr wird, wo immer sie kann helfen, vor allem, wenn die zivilen Kräfte nicht mehr ausreichen. Das muss gut vorbereitet werden, damit Hilfe schnell und unbürokratisch erfolgt.

KOPO: Die Bundeswehr war auch für den ländlichen Raum ein Strukturanker; viele Standorte wurden in der Vergangenheit aufgegeben. Wie sehen Sie die Entwicklung unserer Armee und deren Präsenz in der Fläche?

Annegret Kramp-Karrenbauer: Die Bundeswehr war und bleibt in der Mitte der Gesellschaft. Dies gilt nicht nur für unsere Soldatinnen und Soldaten, sondern auch für die Stationierung von Bundeswehrliegenschaften. Wenn wir entscheiden etwas zu stationieren, greifen wir auf einen umfassenden Kriterienkatalog zurück. Dazu schauen wir auch, wo wir bereits bestehende und gut integrierte Standorte haben, die wir dann gegebenenfalls erweitern können. Die Bundeswehr wachst endlich wieder und investiert damit auch in ihre Infrastruktur. Wir haben auch Standorte, die für die Schließung ursprünglich vorgesehen waren, weiter offengehalten. Ich bin auch zufrieden, dass wir teilweise auch neue Truppenteile aufgestellt haben, wie beispielsweise ein neues Panzerbataillon in Hartheim. Insofern bin ich zuversichtlich, dass die Bundeswehr auch weiter in der Fläche vorhanden sein und ihre Präsenz vielleicht sogar ausbauen wird.

KOPO: Nochmals zurück zur aktuellen Notsituation: Kann und darf die Bundeswehr in der Virus-Krise helfen?

Annegret Kramp-Karrenbauer: Die Bundeswehr unterstutzt bereits, wo sie kann. Unsere Bundeswehr-Krankenhäuser leisten hervorragende Arbeit auch für jeden Bürger, der dort behandelt wird. Wir helfen mit unseren Labors bei Untersuchungen, kümmern uns für die Bundesregierung um die Beschaffung vieler wichtiger Gerate für ärztliche Untersuchungen und Zubehör. Die Bundeswehr hilft vor Ort mit dem, was von den Kommunen, Kreisen, Ländern verlangt wird. Aber auch wir haben keine unbegrenzten Kräfte und müssen natürlich sicherstellen, dass wir unsere Kernaufgaben weiter erfüllen.

KOPO: Wie weit sind die Kapazitäten des Sanitätsdienstes ausgelastet und lässt sich im Nato-Verbund gegenseitige Hilfe auch für den am stärksten betroffenen Partner Italien organisieren?

Annegret Kramp-Karrenbauer: Die fünf Bundeswehr-Krankenhäuser sind darauf vorbereitet. Wir können Patientinnen und Patienten, die mit dem Corona-Virus infiziert sind, nach den gültigen Richtlinien in Einzelisolierung behandeln. Zusätzlich stellt jedes der Bundeswehr-Krankenhäuser Platze für intensivpflichtig Corona-Virus-Erkrankte bereit. Sollten diese Kapazitäten aufgrund erhöhter Fallzahlen nicht ausreichen, werden weitere Maßnahmen ergriffen, um eine Betreuung von weiteren Betroffenen zu ermöglichen. So kann Fachpersonal aus den Sanitätsregimentern zeitnah unterstützen. Was viele vielleicht nicht wissen: Die Bundeswehr-Krankenhäuser sind bereits jetzt ganz regulär in das zivile Gesundheitssystem integriert. Wir sind ein fachlich sehr guter, aber zahlenmäßig nur ein kleiner Teil unseres Gesundheitssystems.

KOPO: In der Krise rücken die Menschen enger zusammen – darin könnte eine Chance liegen, das gesellschaftliche Klima zu verbessern. Zuletzt hat die zunehmende Gewalt gegen Kommunalpolitiker für Schlagzeilen gesorgt: Zwei Drittel der Bürgermeister wurden bereits Opfer von Beleidigungen, Hass und Gewalt. Viele Kommunalpolitiker fühlen sich nach Bedrohungen allein gelassen, manche ziehen sich zurück, um ihre Familien zu schützen. Was raten Sie den Menschen, die sich vor Ort für die CDU engagieren?

Annegret Kramp-Karrenbauer: Ich komme selbst aus der ehrenamtlichen Kommunalpolitik und freue mich über jede Frau und jeden Mann, die / der vor Ort Verantwortung für die Gemeinschaft übernimmt. Das verdient jeden Respekt und meinen großen Dank. Es kann aber nicht angehen, dass Menschen, die sich für uns alle einsetzen, angegriffen oder beleidigt werden. Das sind keine Kavaliersdelikte, über die Sie gesprochen haben. Die Gewalt gegenüber Rettungssanitätern, die andere versorgen oder womöglich das Leben retten, sind für mich völlig unverständlich. Was treibt Menschen an, Helfer verletzen zu wollen? Wir als verantwortliche Politiker müssen uns auf die volle Härte der Justiz und Sicherheitsbehörden verlassen. Wer Hass oder Gewalt sät, kann nicht straffrei davonkommen. NRW-Innenminister Herbert Reul hat da einen guten Weg gefunden. Es gibt seit einigen Monaten eine Telefon-Hotline, bei der sich auch Kommunalpolitiker melden können, wenn sie um ihre Sicherheit furchten oder bedroht werden. Jeder Fall wird aufgenommen und verfolgt. Das ist ein guter Anfang.

KOPO: Der Bundespräsident hat erst kürzlich zu mehr Zivilcourage aufgerufen und auch die Bundesregierung wird tätig. Konkret: Wie können Kommunalpolitiker in Zukunft besser geschützt werden?

Annegret Kramp-Karrenbauer: Die Polizeibehörden müssen sich schnell einschalten, wenn sie von Bedrohungslagen für kommunale Vertreter mitbekommen. Jeder Hinweis muss ernst genommen werden. Ich habe auch den Eindruck, dass das so ist. Leider lese ich nur selten von Verurteilungen, wenn es konkrete oder anonyme Bedrohungen gegeben hat. Da müssen wir klar besser bei der Strafverfolgung sein. Wer sich für die Gemeinschaft – zum großen Teil in seiner Freizeit – engagiert, hat unsere volle Unterstützung verdient. Die kommunalen Politiker und Mitarbeiter halten das Land am Laufen und setzen das um, was teilweise in Berlin entschieden wurde. Auf unsere föderalen Strukturen können wir sehr stolz sein. Und die Menschen dahinter müssen geschützt werden.

KOPO: Die Hemmschwelle für Hass und Hetze auf den sozialen Plattformen im Netz ist niedrig. Viele Täter fühlen sich durch die Anonymität geschützt. Tatsächlich gestaltet sich die Herausgabe von Daten oftmals schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Warum scheuen wir uns so, analog zum Kfz-Kennzeichen im Straßenverkehr, eine Internet-Kennzeichnung oder gar Klarnamen durchzusetzen?

Annegret Kramp-Karrenbauer: Verhalten und Taten müssen zugeordnet werden können, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Das muss digital genauso gelten wie analog.

 

Dieser Beitrag erscheint in der April-Ausgabe der KOPO.

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