Ingbert Liebing beginnt am 1. April seine Arbeit als Hauptgeschäftsführer beim Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU). Als ehemaliger Bundesvorsitzender der KPV ist er mit den Themen der kommunalen Familie bestens vertraut. Die KOPO wollte von ihm wissen, wie sich die kommunale Wirtschaft in der Corona-Krise schlägt. KOPO: Nochmals herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl und herzlich […]
Ingbert Liebing beginnt am 1. April seine Arbeit als Hauptgeschäftsführer beim Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU). Als ehemaliger Bundesvorsitzender der KPV ist er mit den Themen der kommunalen Familie bestens vertraut. Die KOPO wollte von ihm wissen, wie sich die kommunale Wirtschaft in der Corona-Krise schlägt.
KOPO: Nochmals herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl und herzlich willkommen zurück in der kommunalen Familie!
Ingbert Liebing:Vielen Dank! Ich freue mich auch. Wobei ich gefühlt und auch tatsächlich nie wirklich weg war, sondern immer Teil der verzweigten kommunalen Familie geblieben bin. Eher wie ein Mitglied, das mit Fernweh auf Weltreise war und nun mit den neuen Eindrücken wieder im Heimathafen andockt. Meine politische Laufbahn begann als Bürgermeister auf Sylt und führte mich bis zum KPV-Bundesvorsitz und Fachsprecher der CDU / CSU-Bundestagsfraktion. Auch zuletzt als Staatssekretar für mein Heimatland Schleswig-Holstein hatte ich die kommunalen Belange fest im Blick. Seither weiß ich: Im Berliner Trubel hilft es, kommunal geerdet zu sein. Energiewende, Demografie, Digitalisierung und Klimawandel: Das sind die großen Fragen unserer Zeit – bevor der Corona-Virus so jäh und gewaltig in unser Leben trat. Sie fordern auch die kommunalen Unternehmen heraus; zugleich kann die kommunale Daseinsvorsorge Antworten geben, den Zusammenhalt starken und Vertrauen festigen. Deshalb freue ich mich auf den VKU: Ich will mit der Familie der kommunalen Unternehmen die Herausforderungen meistern und so dazu beitragen, dass all die Umbrüche unserer Zeit zu einem Aufbruch für unser Land voller Zuversicht werden.
KOPO: Ein Wechsel aus der Politik in einen Verband wird heutzutage von einigen Leuten kritisch gesehen. Was entgegnen Sie diesen Kritikern?
Ingbert Liebing: Ich finde, dass die Durchlässigkeit zwischen Politik und Wirtschaft uns bereichert, ich sehe grundsätzlich mehr Chancen als Risiken und das hat mir in meinem bisherigen Wirken auch immer den richtigen Weg eröffnet. Heute gilt erst recht: Wir brauchen den Austausch zwischen Wirtschaft und Politik mehr denn je. Unsere Welt wird komplexer. Die Herausforderungen werden komplexer. Und deshalb brauchen wir auch ganzheitliche, differenzierte, vielleicht sogar kreativere Losungen. Dafür brauchen wir mehr Austausch von kompetenten Persönlichkeiten, die Zusammenhänge und die Grundsätze vieler Disziplinen verstehen.
KOPO: Sie übernehmen in stürmischer See. Die Herausforderungen für die Kommunalwirtschaft waren auch schon vor Corona groß. Digitalisierung, Energiewende, Regulierungsvorgaben waren die Stichworte. Wie sehen Sie Ihren Auftrag?
Ingbert Liebing:
Als Spitzenverband der Kommunalwirtschaft wollen wir in der Kontinuität der letzten Jahrzehnte weiter exzellente Interessensvertretung liefern, uns mit Herz und Hirn für unsere Mitgliedsunternehmen einsetzen. Wir wollen engagiert dazu beitragen, dass die besondere Rolle der Kommunalwirtschaft gesehen und gewürdigt wird und entsprechende Berücksichtigung in den Entscheidungen und Rahmenvorgaben von Politik findet. Denn aus unserer Sicht, sagt auch unser Claim, halten wir Deutschland am Laufen. Das bedeutet auch: Statt das Potenzial der kommunalen Unternehmen zu deckeln, müssen wir die Starken entfesseln, es darf bei allem Respekt keine Denkverbote geben. Gerade die Corona-Pandemie zeigt, wie wichtig die Daseinsvorsorge für Wirtschaft und Bürger ist: Während Konzerne die Produktion drosseln oder stilllegen, versorgen wir die Menschen auch in der Krise sicher mit Strom, Wärme, Wasser und schnellem Internet und entsorgen verlässlich ihren Abfall und das Abwasser.
KOPO: Die Corona-Pandemie schränkt unser Leben auf eine Weise ein, wie wir es bisher nicht erlebt haben. Wie kann sichergestellt werden, dass die kommunale Daseinsvorsorge auch morgen noch funktioniert?
Ingbert Liebing: Ja, die Auswirkungen von Corona sind immens, sie stellen vieles infrage, das wir kannten oder kennen. Und wir können nur hoffen, dass die politischen, oft beispiellosen Entscheidungen, die Ende März getroffen wurden auch sichtbar ihre Wirkungen zeigen und entscheidende Bausteine für den Erhalt unserer Wirtschaft und Wohlstandes sind. Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass wir nach wie vor noch mehr Fragen als Antworten haben, und weiterhin auch kurzfristig Lagen und Situationen neu einschätzen und bewerten müssen. Wir kommunale Unternehmen sind aber weiter ein verlässlicher Anker in stürmischen Zeiten, das ist mir wichtig: Die kommunale Daseinsvorsorge ist derzeit weder gefährdet noch beeinträchtigt. Kommunale Unternehmen passen ihre Pandemie- und Krisenplane bezogen auf die gegenwärtige Situation vor Ort an. Sie aktivieren ihre Krisenstäbe und ergreifen zahlreiche Maßnahmen, um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Infizierung, Erkrankung und Quarantäne zu schützen und auch das Distanzgebot mit Blick auf den Kundenverkehr einzuhalten: von Home Office-Lösungen, über Pläne zur Notfallbesetzung und Definition von Kernaufgaben bis zum Aufbau getrennt voneinander agierender Teams.
KOPO: Es gibt vor Ort natürlich schon die Notfallpläne, um Müllabfuhr, Gas- und Stromversorgung und den ÖPNV auch bei hohem Krankenstand aufrechtzuerhalten. Wie kann der VKU die Mitgliedsunternehmen unterstützen?
Ingbert Liebing: Der VKU steht im regelmäßigen Austausch mit seinen Mitgliedsunternehmen, um sie beim Krisenmanagement zu unterstützen und sich bei Bedarf auf den relevanten politischen Ebenen für die richtigen Rahmenbedingungen einzusetzen. Dafür hat der VKU eigens innerhalb weniger Tage eine verbandsseitige Austausch-Plattform für Mitgliedsunternehmen aus dem Boden gestampft, die regen Zuspruch aus der Mitgliedschaft erhalt. Die klare Botschaft: Die kommunale Familie halt zusammen. Zudem unterstutzen sich die Mitgliedsunternehmen durch die Gegenseitigkeitshilfe: Im Krisenfall helfen kommunale Unternehmen sich untereinander mit Personal und Sachmitteln. Ein weiteres Zeichen für Wertschatzung und Zusammenhalt innerhalb der Verwandtschaft.
KOPO: Welche wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für die kommunalen Unternehmen sehen Sie?
Ingbert Liebing: Die letzten Wochen haben gezeigt, dass es schwer bis geradezu unmöglich ist, die Folgen jetzt schon zu beschreiben. Wir wissen nicht, was auf uns zukommt, wir haben allenfalls eine Ahnung, jede Einschätzung wäre spekulativ. Auf jeden Fall ist jetzt schon klar: Dieses Ereignis beeinflusst unsere Gesellschaft elementar und die Folgen werden noch lange andauern, Spuren hinterlassen. Ebenfalls bei den kommunalen Unternehmen. Darauf müssen wir uns einstellen. Wir fokussieren uns zunächst darauf, die Menschen gut durch die Krise zu navigieren und zu versorgen. Und dabei bei den anstehenden Sachfragen umsetzungsstarker Sparringspartner für Politik auf Augenhöhe zu sein.
Dieser Beitrag erscheint in der April-Ausgabe der KOPO.
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