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Gute Konjunktur kommt nicht bei allen Kommunen an

Finanzen

Der anhaltende Konjunkturaufschwung geht an vielen besonders hoch verschuldeten deutschen Städten vorbei: Trotz deutschlandweit steigender Steuereinnahmen verzeichneten im vergangenen Jahr 31 von den 50 am stärksten verschuldeten deutschen Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern einen Schuldenanstieg – von den 50 Kommunen mit der niedrigsten Pro-Kopf-Verschuldung mussten hingegen nur fünf zusätzliche Kredite aufnehmen.

Insgesamt konnten 65 Prozent der deutschen Städte ihre Verschuldung reduzieren oder zumindest stabil halten – bei den übrigen Städte stiegen die Schulden aber so stark, dass unterm Strich der Schuldenstand der Kommunen auf einen neuen Rekordwert kletterte: Insgesamt stieg die Verschuldung aller Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohnern um 0,6 Prozent auf 82,2 Milliarden Euro.

Auch im kommenden Jahr dürfte die Verschuldung der Kommunen weiter steigen: 50 Prozent der Kämmerer rechnen damit, zusätzliche Schulden aufnehmen zu müssen, nur knapp jeder dritte geht von einer sinkenden Verschuldung aus. Generell rechnet jede vierte Kommune nicht damit, ihre Schulden aus eigener Kraft tilgen zu können.

Die Folge für die Bürger: Städte und Gemeinden erhöhen auch in den kommenden Monaten auf breiter Front Steuern und Gebühren, um ihre Finanzlage in den Griff zu bekommen: Vier von fünf Kommunen (79 Prozent) wollen in diesem und im kommenden Jahr kommunale Steuern und Gebühren erhöhen, fast zwei von fünf Kommunen (38 Prozent) wollen Leistungen streichen.

Das sind Ergebnisse einer aktuellen Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, die auf einer Umfrage unter 300 deutschen Kommunen sowie einer Analyse der Verschuldungssituation aller 674 deutschen Kommunen mit mindestens 20.000 Einwohnern beruht.

Deutschlandweit stieg die Zahl der Kommunen, die ihre Verschuldung abbauen konnten, im vergangenen Jahr deutlich an: 417 von 674 Städten und Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern konnten 2015 ihren Schuldenstand reduzieren, im Vorjahr war das nur 363 Städten gelungen. Zum Vergleich: Im Jahr 2011 hatten sogar nur 282 Städte ihre Verschuldung abbauen können.

Es sind allerdings vor allem die relativ gering verschuldeten Städte, die bei der Haushaltskonsolidierung weiter vorankommen: Im vergangenen Jahr konnten die Kommunen mit einem niedrigen Schuldenstand von weniger als 1.000 Euro je Einwohner ihre durchschnittliche Verschuldung um durchschnittlich knapp vier Prozent abbauen. Vier von fünf Kommunen dieser Kategorie konnten ihre Verschuldung zurückführen. Anders sieht es bei den Kommunen mit einem Schuldenstand von mehr als 2.000 Euro je Einwohner aus: Ihre Verschuldung ging sogar noch um ein Prozent weiter in die Höhe; knapp jede zweite Kommune in dieser Kategorie verzeichnete einen Schuldenanstieg.

Dass die kommunale Verschuldung deutschlandweit im vergangenen Jahr unterm Strich gestiegen sei, zeigt nach Ansicht der Autoren, dass noch viel zu tun ist: „„Nach wie vor zeichnet sich keine Lösung ab für die extrem stark verschuldeten Kommunen, die aus eigener Kraft ihre Verschuldung nicht reduzieren können. Solche Städte sind in der Schuldenfalle gefangen: Sie müssen Leistungen streichen und Steuern erhöhen und können den Schuldenberg dennoch nicht abbauen – was zumeist auf die gerade in strukturschwachen Regionen stark steigenden Sozialausgaben zurückzuführen ist. Solche Städte brauchen eine Perspektive, wie sie dem Teufelskreis aus Schulden, Abbau von Leistungen und sinkender Attraktivität entkommen können.“

Nachdem die deutschen Kommunen im vergangenen Jahr einen Überschuss von 3,2 Milliarden Euro erwirtschafteten, rechnen die Kämmerer für das laufende Haushaltsjahr mit einem Defizit: Im Durchschnitt prognostizieren sie einen Anstieg der Gesamteinnahmen um 2,0 Prozent, während die Gesamtausgaben um 3,4 Prozent steigen sollen. Insbesondere der erwartete Anstieg der Sozialausgaben um vier Prozent wird neue Löcher in die Kassen der Kommunen reißen.
Zusätzlich werden derzeit die kommunalen Haushalte erheblich durch die Kosten belastet, die durch die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge entstehen und die nur teilweise vom Bund und den Ländern erstattet werden. Für das laufende Jahr rechnen die Städte und Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern mit Kosten von hochgerechnet 2,9 Milliarden Euro – 28 Prozent mehr als im vergangenen Jahr.

Viele Kommunen reagieren auf ihre finanzielle Situation mit höheren Steuern (82 Prozent) und weniger Leistungen für ihre Einwohner (38 Prozent). Tiefer in die Tasche greifen müssen vor allem Eltern von Kindern in der Kita oder in Ganztagsschulen. 41 Prozent der Städte und Gemeinden wollen die entsprechenden Gebühren erhöhen.

Auch bei der Grundsteuer bitten die Kommunen verstärkt zur Kasse: 34 Prozent planen hier eine Erhöhung. Jede dritte Kommune (32 Prozent) will die Friedhofsgebühren erhöhen, in gut jeder vierten Stadt sollen die Eintrittspreise etwa für Bäder und andere öffentliche Einrichtungen steigen.

Eine Anhebung der Gewerbesteuer steht in 23 Prozent der Kommunen auf der Agenda.

Beliebteste Sparmaßnahme ist wie schon in den Vorjahren die Reduzierung der Straßenbeleuchtung (acht Prozent). Gespart werden soll auch an den Angeboten für Jugendliche und Senioren (acht Prozent). Immerhin noch fünf Prozent der Kommunen wollen den Betrieb ihrer Schwimmbäder einschränken oder die Bäder sogar ganz schließen.

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