Für viele Kommunen wird es aufgrund des demografischen Wandels und sinkender Budgets immer schwieriger, eine adäquate Infrastruktur zu gewährleisten. Insbesondere in kleinen Städten und Gemeinden im ländlichen Raum sind das Angebot an Leistungen der Daseinsvorsorge und die Finanzierbarkeit von Infrastruktureinrichtungen gefährdet.
In den Regionen Deutschlands gibt es vielfältige neue kooperative Ansätze, aber auch neue Finanzierungs- und Betreiberstrukturen zur Bereitstellung sozialer und kultureller Infrastrukturangebote.
In einer Studie für das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und das Bundesumweltministerium wurde jetzt eine systematische Bestandsaufnahme dieser neuen Kooperationen und Finanzierungsmodelle im Bereich der sozialen und kulturellen Infrastruktur vorgenommen. 160 Projekte und Initiativen wurden identifiziert, in elf Fallstudien konkrete Beispiele anhand verschiedener Einsatzmöglichkeiten untersucht, z.B. die Bürgerstiftungen Pfalz und „Unser Leohaus“ in Olfen, das DORV-Zentrum Jülich-Barmen, das der Deckung des täglichen Bedarfs dient, die Gesundheitsregion Gesundes Kinzigtal GmbH, das Bildungszentrum am Rittergut Knau sowie die Dorfakademie des Vereins Landblüte in Brandenburg, die mit geringen Mittel das Bildungsangebot auf dem Dorf verbessert, die Hallenbad Nörten-Hardenberg e.G., das Heimhof-Theater e.V. und andere. Zusätzlich dazu wurden Finanzierungsinstrumente wie Bürgerhaushalte, Bürgerkredite, Crowdfunding und Zeitbanken untersucht.
Insgesamt kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass sich in sozialen und kulturellen Infrastrukturbereichen eine neue Verantwortungsteilung zwischen Kommune und Bürgerschaft bilde. Viele Bürger wollten stärker partizipieren und sich auf unterschiedliche Art und Weise für ihre Kommune engagieren: als Wissensgeber (Bürgerwissen), als Co-Produzent statt reiner Konsument öffentlicher Leistungen (Bürgerprodukte und -leistungen) oder als Geldgeber (Bürgerfinanzierung). „Kommunen sollten für dieses Engagement offen sein und eine Ermöglichungskultur im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe schaffen“, so das Forscherteam. Gleichzeitig sollten sie aber auf die Einhaltung gemeinwohlorientierter Standards achten und als Gewährleistungsinstanz für ein weiterhin angemessenes Angebot der Daseinsvorsorge insgesamt auftreten.
Für diejenigen, die selbst aktiv werden wollen, gibt es einen Leitfaden: Darin gibt es neben einer Beschreibung, was unter einer gemeinsam erbrachten neuen Daseinsvorsorge im sozialen und kulturellen Bereich verstanden wird, konkrete Empfehlungen für interessierte Initiativen zum geplanten Angebot, den Akteuren, möglichen Rechts- und Organisationsformen sowie Fragen der Finanzierung. Weiter wird aufgezeigt, wie Kommunen interessierten Bürgerinnen und Bürgern oder Initiativen dabei helfen können, Daseinsvorsorge als gemeinsames Produkt anzubieten. Interessierte können den Praxisleitfaden kostenfrei per E-Mail unter der Adresse Ref-1-4@bbr.bund.de anfordern.