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Schere zwischen armen und reichen Kommunen geht weiter auseinander

Allgemein, Finanzen

Im vergangenen Jahr konnten die deutschen Kommunen – dank sprudelnder Steuereinnahmen und den von einigen Bundesländern aufgelegten Entschuldungsfonds – ihren Gesamtschuldenstand erstmals seit 2008 leicht reduzieren. Allerdings war die Verschuldung längst nicht überall rückläufig: In Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Thüringen und dem Saarland stieg die Gesamtverschuldung der Kommunen im Jahr 2013 weiter an. Zu diesem Ergebnis kommen die Autoren der Kommunenstudie 2014.

Die Kommunenstudie beruht auf einer Umfrage unter 300 deutschen Kommunen sowie einer Analyse der Verschuldungssituation von Kommunen mit mindestens 20.000 Einwohnern, die die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) vorgenommen hat.

Laut Studie wächst der Anteil der Kommunen, die in die Schuldenfalle rutschen: Im Jahr 2013 hat gut jede zweite Kommune mit mehr als 20.000 Einwohnern ein Haushaltsdefizit verbucht; für das laufende Jahr rechnen 63 Prozent dieser Kommunen mit höheren Ausgaben als Einnahmen.

Für die kommenden drei Jahre gehen 37 Prozent der Kämmerer von sinkenden Schulden aus, jede zweite Kommune hingegen prognostiziert einen Anstieg ihrer Verschuldung. Vor allem in Schleswig-Holstein, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen rechnet ein großer Teil der Kommunen mit steigenden Verbindlichkeiten. Jede dritte Kommune gibt an, ihre Schulden voraussichtlich nicht aus eigener Kraft zurückzahlen zu können.

Angesichts der kritischen Finanzlage vieler Städte und Gemeinden kommt eine weitere Welle von Leistungskürzungen und Steuererhöhungen auf die Bürger zu: Drei Viertel der Kommunen wollen in den kommenden zwei Jahren Steuern und Gebühren erhöhen. Und 34 Prozent planen, Leistungen zu reduzieren oder ganz einzustellen, etwa im Bereich Straßenbeleuchtung oder bei der Kinder- und Seniorenbetreuung.

Von der guten Konjunkturentwicklung in Deutschland können nicht alle Kommunen profitieren. Vor allem ohnehin finanzschwache Kommunen geraten immer tiefer in die Schuldenfalle: Gemeinden mit einem hohen Schuldenstand von mehr als 2.000 Euro je Einwohner verzeichneten im Jahr 20123 mehrheitlich – zu 75 Prozent – einen Anstieg der Pro-Kopf-Verschuldung. Im Durchschnitt stieg die Verschuldung bei diesen Kommunen um 5,5 Prozent von 3.163 Euro auf 3.337 Euro je Einwohner.

Ganz anders die Städte und Gemeinden mit ohnehin geringer Pro-Kopf-Verschuldung von unter 1.000 Euro: Von diesen Kommunen konnten immerhin 77 Prozent ihren Schuldenstand weiter reduzieren – um rund 11 Prozent von durchschnittlich 534 Euro auf 477 Euro je Einwohner.

In den kommenden Jahren dürfte sich die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter öffnen:

Von den Kommunen, die derzeit ein Haushaltsdefizit erwirtschaften, prognostizieren 58 Prozent einen weiteren Anstieg der Schulden, nur 31 Prozent rechnen mit einem Rückgang der Verschuldung. Bei den Kommunen mit Haushaltsüberschuss überwiegt hingegen der Anteil derer, die einen Schuldenabbau erwarten (42 Prozent gegenüber 39 Prozent).

Während die wohlhabenden Kommunen in wirtschaftsstarken Regionen von der guten Wirtschaftslage profitieren und dank geringer Verschuldung und hoher Einnahmen mit attraktiven Angeboten um Unternehmensansiedlungen und Zuzügler werben können, wächst die Zahl finanzschwacher Gemeinden, die ihre Leistungen immer weiter reduzieren müssen und mangels Attraktivität im Standortwettbewerb an Boden verlieren

Angesichts der Finanzmisere vieler Kommunen haben einige Bundesländer Programme zur finanziellen Unterstützung notleidender Kommunen aufgelegt. In acht Bundesländern gibt es bereits solche kommunalen Rettungsschirme, immerhin 21 Prozent der befragten Kommunen nutzen bereits diese Möglichkeit. Kommunen, die solche Finanzhilfen erhalten, führen als Konsolidierungsmaßnahme am häufigsten eine Reduzierung der Ausgaben für freiwillige Leistungen durch. Zudem werden Ausgaben für Pflichtaufgaben reduziert und – wenn möglich – Einnahmen aus dem Beteiligungsbereich erhöht. Mittelfristig stehen die Kommunen vor weiteren erheblichen Herausforderungen: Zum einen wird die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse die Situation noch verschärfen, so die Autoren der Studie: „Um die Vorgaben einzuhalten, dürften einige Bundesländer ihre Zahlungen an die Kommunen reduzieren.“ Zum anderen werden viele Kommunen den demografischen Wandel schmerzhaft zu spüren bekommen.

Um ihre finanzielle Situation zu verbessern, fordert die große Mehrheit der Kämmerer (90 Prozent), dass die Sozialausgaben komplett vom Bund übernommen werden sollten. Vor allem aber drängen die Befragten auf eine strikte Einhaltung des Konnexitätsprinzips, nach dem diejenige staatliche Ebene, die für eine Aufgabe verantwortlich ist oder sie veranlasst, auch für die Finanzierung zuständig sein sollte: Fast alle befragten Kommunen halten dies für „sehr wichtig“.

Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass es noch erhebliche Einsparpotenziale in den Kommunen gibt, insbesondere in den Bereichen interkommunale Zusammenarbeit und Beteiligungsmanagement. Vor allem aber könnten die kommunalen Unternehmen vielfach deutlich mehr Geld an die Rathäuser überweisen, wenn sie besser aufgestellt wären: „Bei vielen kommunalen Stadtwerken und Verkehrsbetrieben geht es immer noch mehr um politische Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten als um wirtschaftliche Effizienz und damit einen größtmöglichen Ertrag für die Kommune.“

Und auch der Verkauf kommunaler Beteiligungen und Besitzungen sollte häufiger erwogen werden, fordert Hans-Peter Busson, Partner bei EY und Leiter des Bereichs Government & Public Sector für Deutschland, die Schweiz und Österreich: „Wenn Kommunen mit Bedacht Unternehmensbeteiligungen, Grundstücke oder Immobilien an Investoren veräußern, bringt das nicht nur Einnahmen für die Stadtkasse. Vor allem können die Kommunen so gezielt Wachstumsimpulse geben und die kommunale Konjunktur stärken.“

 

 

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