Es ist vollbracht: Die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD haben den Vertrag für eine gemeinsame Koalition auf den Weg gebracht. Die SPD hat sich mit dem Mitgliederentscheid in eine schwierige Lage manövriert. 20 Prozent der rund 470.000 SPD-Mitglieder müssen sich an der Abstimmung beteiligen. Wenn sich also 94.000 Mitglieder beteiligen, werden 47.001 Mitglieder über die die Zukunft der SPD entscheiden. Zehn Prozent der SPD-Mitglieder könnten Gabriel nach Hause schicken.
Ein Beitrag von Ingbert Liebing MdB, Bundesvorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands (KPV) und kommunalpolitischer Sprecher der CDU Bundestagsfraktion
Der ausgehandelte Koalitionsvertrag setzt die richtigen Schwerpunkte für Wachstum und Beschäftigung. Das bringt – wie in den vergangenen vier Jahren – die besten Rahmenbedingungen für die Kommunen in Deutschland. Im Koalitionsvertrag steckt für die Kommunen auch im Detail viel Gutes: Beispielsweise die Schaffung eines Teilhabegesetzes für Menschen mit Behinderungen, die Beteiligung der Kommunen an der Neuregelung der Bund/Länder-Finanzbeziehungen, die Aufstockung der Städtebauförderung, der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und des Breitbandnetzes, die Ansätze zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe und die besondere Berücksichtigung der Stadtwerke bei der Umsetzung der Energiewende.
Mit der neuen unionsgeführten Bundesregierung werden die Gemeinden, Städte und Landkreise in Deutschland weiter finanziell entlastet. Im Jahr 2014 erfolgt ohnehin die letzte Stufe der Übernahme der Grundsicherung im Alter durch den Bund und damit eine Entlastung der Kommunen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro. Die Union bekräftigt ihr Versprechen aus dem Wahlprogramm im Koalitionsvertrag, die Kommunen im Rahmen der Verabschiedung eines Bundesteilhabegesetzes für Menschen mit Behinderungen finanziell zu entlasten und dabei keine neue Ausgabendynamik entstehen zu lassen.
In Höhe von fünf Milliarden Euro jährlich soll zusätzlicher Handlungsspielraum für die Kommunen geschaffen werden. Die Länder sind dann in der Pflicht dies auch dauerhaft zu gewährleisten. Dabei ist die Formulierung im Koalitionsvertrag eindeutig, dass diese fünf Milliarden Euro auch bei den Kommunen ankommen müssen, und zwar unabhängig davon, ob und in welcher Höhe sich ein Bundesland heute bereits an den Kosten der Eingliederungshilfe beteiligt. Die Bundesbeteiligung erfolgt ausschließlich zu Gunsten der Kommunen, nicht der Bundesländer.
Bund liefert echtes Sofortprogramm
Bereits vor der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes beginnen wir mit einer zusätzlichen jährlichen Entlastung der Kommunen in Höhe von einer Milliarde Euro pro Jahr. Dies ist ein echtes Sofortprogramm zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung in Deutschland. Hier wird eine Forderung aufgegriffen, die die Bundes – KPV auf ihrer letzten Sitzung des Bundesvorstandes und Hauptausschusses formuliert hat. Wir schlagen vor, über die befristete Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft genau die strukturschwächeren notleidenden Kommunen mit den größten sozialen Lasten zu erreichen.
Die Länder und Gemeinden stehen vor großen Herausforderungen bei der Finanzierung von Kinderkrippen, Kitas, Schulen und Hochschulen. Damit sie diese Aufgaben besser bewältigen können, sieht der Koalitionsvertrag vor, dass die Länder in der laufenden Legislaturperiode in Höhe von sechs Milliarden Euro entlastet werden. Da es hier auch um kommunale Aufgaben geht, werden sich die Länder mit ihren Kommunen auch über die Weitergabe dieser Mittel verständigen. Auf die Kommunalen Spitzenverbände auf Landesebene kommen große Herausforderungen zu. Sie werden rechtzeitig mit den Landesregierungen um diese Mittel ringen müssen. Wichtig ist eine weitere Zusage der Koalition: „Sollten die veranschlagten Mittel für die Kinderbetreuung für den Aufwuchs nicht ausreichen, werden sie entsprechend des erkennbaren Bedarfs aufgestockt.“ Hier muss in den Bundesländern auch die Konnexität greifen!
In diesem Zusammenhang gibt es auch schon erste Ergebnisse aus dem Deutschen Bundestag: Die Bundestagsmehrheit aus CDU, CSU und SPD hat bereits eine Verlängerung der Fristen für den Ausbau der Kindertagesstätten für unter Dreijährige durchgesetzt. Die Kommunen können nun weitere zwei Jahre die erforderlichen Mittel abrufen. Ursprünglich sollten alle nicht abgerufenen Mittel zum Ende des Jahres 2013 verfallen.
KPV will strengste Konnexität
Diese Mittel müssen aber die Länderfinanzminister uneingeschränkt und zusätzlich an die Kommunen weiterleiten. Hier dürfen sich die Länder nicht aus der Verantwortung stehlen. Die Bundesländer sind zu allererst für eine auskömmliche Finanzausstattung ihrer Kommunen verantwortlich. Die klare Aufteilung der Verantwortung der föderalen Ebenen im Grundgesetz bleibt auch künftig erhalten und stärkt die kommunale Selbstverwaltung der Kommunen. Insofern ist es aus kommunaler Sicht auch zu begrüßen, dass das Verbot des Bundesdurchgriffs auf die Kommunen bestehen bleibt und nicht verändert werden soll. Wir als KPV wollen die strengste Form der Konnexität, das Durchgriffsverbot des Bundes auf die Kommunen, bewahren und die Verantwortung der Länder zur auskömmlichen und aufgabengerechten Finanzierung ihrer Kommunen – am besten grundgesetzlich – präzisieren. Wir wollen eine Kooperationskultur von Bund, Ländern und Kommunen, die bis hin zu Staatsverträgen den Kommunen eine adäquate Finanzierung von „gesamtgesellschaftlichen Aufgaben“ ermöglicht.
Wir begrüßen, dass im Koalitionsvertrag dieses klare Bekenntnis zu gleichwertigen Lebensverhältnissen in Städten und ländlichem Raum enthalten ist. Dieser Leitgedanke findet sich in ausgewogener Verteilung und Gewichtung in verschiedenen Vorhaben wieder.
Dazu gehört die angekündigte Unterstützung der Kommunen, die zusätzlichen Investitionsanreize für Telekommunikationsunternehmen und das neue Sonderfinanzierungsprogramm „Premiumförderung Netzausbau“ bei der KfW-Bankengruppe. Nur mit ausreichender Unterstützung und vereinten Kräften kann das ehrgeizige Ziel bis 2018 erreicht werden. Die Große Koalition hat hierfür die Weichen in die richtige Richtung gestellt. Die Initiative zur Nutzbarmachung von W-LAN im öffentlichen Raum kommt vor allem den städtischen Ballungszentren zugute.
Wir begrüßen die Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) zu einer „Gemeinschaftsaufgabe ländliche Entwicklung“. Damit greift die Große Koalition ein Vorhaben auf, das die Union bereits in der letzten Wahlperiode gefordert hatte. Die Stärkung der Regionalförderung ist ebenso ein wichtiges Instrument zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung wie die Weiterentwicklung der „Initiative ländliche Infrastruktur“. Gleiches gilt für die Fortsetzung und Aufstockung der Städtebauförderung. Besonders zu begrüßen ist, dass auch Kommunen ohne ausreichende Eigenbeteiligung von der Städtebauförderung profitieren. Die perspektivische Zusammenführung der Stadtumbauprogramme zu einem einheitlichen, inhaltlich aufgewerteten und integrierten Stadtumbauprogramm trägt der städtebaulichen Entwicklung in Deutschland Rechnung: Längst ist eine Förderung nach Himmelsrichtung überholt – wichtiger ist eine Förderung nach Bedürftigkeit der Kommunen. Es ist erfreulich, dass jetzt die erforderlichen Grundlagen geschaffen werden.
Die Umwidmung ehemals militärisch genutzter Liegenschaften stellt für viele betroffene Kommunen seit Jahren ein ernst zu nehmendes Problem dar. Die geplante Unterstützung der Kommunen bei der Umwidmung dieser Konversionsflächen ist ein bedeutender Beitrag zur Fortsetzung einer nachhaltigen Stadtentwicklung.
Es ist erfreulich, dass sich die Große Koalition eindeutig positioniert und unterstreicht, ein verlässlicher Partner der Kommunen bei der Finanzierung des kommunalen Verkehrs zu sein. Dies hat positive Auswirkungen auf eine nachhaltige Entwicklung sowohl städtischer Ballungszentren als auch ländlicher Regionen. Auch von weiteren geplanten Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Mobilität (z.B. E-Mobilität, Radverkehr, ÖPNV) werden sowohl Städte als auch Gemeinden im ländlichen Raum profitieren.
Ländlicher Raum wird gestärkt
Wir begrüßen die geplanten Vorhaben zur Stärkung der Gesundheitsversorgung. Hiervon profitieren sowohl der ländliche Raum als auch größere Städte. Auch hier greift die Große Koalition Forderungen der Union aus der vergangenen Wahlperiode auf, um die Versorgung effizient und bedarfsgerecht aufrechtzuerhalten. Für die Entwicklung der Wohnort-Attraktivität der Kommunen im ländlichen Raum ist dies ein wichtiger Impuls, an dem die Städte mittelbar teilhaben können. Zu begrüßen ist auch, dass innerhalb der Bundesregierung ein Schwerpunkt für ländliche Räume, Demografie und Daseinsvorsorge gebildet wird.
Insgesamt zeigen diese Beispiele, dass es der Großen Koalition ernst ist mit dem Bekenntnis zu gleichwertigen Lebensverhältnissen in ganz Deutschland. Das maßgeblich von CDU und CSU in der vergangenen Wahlperiode ausgearbeitete Papier zur Stärkung der ländlichen Räume, das der Deutsche Bundestag vor einem Jahr beschlossen hatte, ist eine hervorragende Vorlage gewesen, mit deren Hilfe eine ausgewogene und nachhaltig ausgerichtete Förderung unserer Kommunen erarbeitet werden konnte.
Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD zeigt sehr deutlich, dass die Kommunalinteressen in einer unionsgeführten Bundesregierung weiterhin in guten Händen sind. Der Koalitionsvertrag unterstreicht die intensiven Wechselwirkungen der Bundespolitik auf kommunale Belange – wie ein roter Faden ziehen sich die direkten und indirekten Auswirkungen auf die Kommunen durch den Vertragstext. Dabei ist deutlich die Handschrift der Union zu erkennen. Der vorliegende Koalitionsvertrag unterstreicht nochmals sehr deutlich: CDU und CSU sind die Kommunalparteien in Deutschland. Dafür haben wir uns in den Verhandlungen zum Koalitionsvertrag eingesetzt. Die erfolgreiche Kommunalpolitik der vergangenen Jahre wird auch in Zukunft unter Führung von CDU und CSU fortgesetzt werden.
Besonders erfreulich ist, dass bei der Weiterentwicklung der Leiharbeit eine Verschlechterung der kommunalen Belange verhindert werden konnte. Ohne die von CDU und CSU eingebrachte Ergänzung einer tarifvertraglichen Abweichungsregelung hätte die Festlegung einer Überlassungshöchstdauer bei der Leiharbeit das Ende jeder interkommunalen Zusammenarbeit bedeutet. Diese Kooperationen, bei der auch Mitarbeiter in Bereichen verschiedener Kommunen eingesetzt – also gewissermaßen „überlassen“ – werden, sind auf Dauer angelegt und nicht nur auf begrenzte Zeit. CDU und CSU haben hier den nötigen Weitblick bewiesen, zu erkennen, welche Gefahren auch in indirekten Auswirkungen für Kommunen lauern.
Union nimmt kommunale Interessen wichtig
Damit zeigt die unionsgeführte Bundesregierung insgesamt, wie wichtig sie die kommunalen Anliegen nimmt. Jetzt ist es an der SPD dafür zu sorgen, dass ein positives Mitgliedervotum zustande kommt und dass auch in den SPD- geführten Ländern die in Aussicht stehenden finanziellen Hilfen auch in den Kommunen ankommen. In einer gemeinsamen Bundesregierung erwarten wir von der SPD, dass sie ihr bisher vorgeführtes Spiel „Wünsch – Dir – Was“ beendet und mit uns gemeinsam das wirklich Machbare und finanziell Vertretbare konstruktiv vorantreibt. Dafür haben wir im Koalitionsvertrag eine gute Grundlage im Interesse der Kommunen gelegt. Offen ist zurzeit noch, wie sich die Bundesregierung selber organisieren wird. Erst nach dem Mitgliederentscheid der SPD wird die Organisationsstruktur bekannt gegeben.
Dazu hat sich die KPV auf ihrer letzten Bundestagung ebenfalls positioniert: Die KPV schlägt vor, einen einheitlichen Ansprechpartner für die kommunalen Belange in der neuen Bundesregierung zu benennen. Wer in Zukunft die Bund/Länder-Koordinierung übernimmt, müsste die Folgen für die Kommunen abschätzen und die kommunalen Interessen in der Bundesregierung wirksam vertreten. Wenn schon viele Bundesländer ihrer Verantwortung für die Kommunen nicht gerecht werden, müssen wir dies auf Bundesebene tun. Dies wäre ebenfalls ein sichtbares Zeichen, das uns von den unrealistischen Forderungen der SPD abgrenzt und in den Kommunalwahlkämpfen für die Union eine große motivierende Wirkung erzielen wird.