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Gemeindefinanzierungsgesetz 2011 ist verfassungskonform

Finanzen

Die Verfassungsbeschwerden einiger nordrhein-westfälischer Gemeinden (VerfGH 9/12) gegen einzelne Bestimmungen des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2011 hatten vor dem Verfassungsgerichtshof NRW keinen Erfolg.

Mit ihren Verfassungsbeschwerden hatten die Beschwerdeführerinnen geltend gemacht, der im Gemeindefinanzierungsgesetz 2011 geregelte Finanzausgleich verletze sie in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung. Die Verteilung der Finanzmittel auf die Kommunen beruhe auf gravierenden methodischen Fehlern. Insbesondere durch die deutliche Höhergewichtung des Soziallastenansatzes und seine ausschließliche Verortung auf Ebene der Gemeinden komme es zu einer massiven Fehlverteilung zu Lasten des kreisangehörigen Raums und innerhalb der Kreise. Die Finanzausstattung reiche nicht aus, um die Kosten für kommunale Pflicht- und Selbstverwaltungsaufgaben zu decken. Der Gesetzgeber habe es versäumt, den konkreten kommunalen Finanzbedarf zu ermitteln und den Finanzausgleich entsprechend anzupassen. Dies gelte vor allem für den Bereich der seit Jahren angestiegenen Kosten für Soziallasten. Die Beschwerdeführerinnen im Verfahren VerfGH 14/11 hatten überdies die Höhe der Finanzausgleichsmasse insgesamt für unzureichend gehalten.

Der Verfassungsgerichtshof NRW hat die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen. In der mündlichen Urteilsbegründung führte Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs Dr. Brandts hierzu unter anderem aus:

Dem Gesetzgeber stehe ein weiter Gestaltungsspielraum zu, in welcher Art und in welchem Umfang er den gemeindlichen Anspruch auf angemessene Finanzausstattung erfülle und nach welchem System er im Wege des Finanzausgleichs ergänzend zu sonstigen kommunalen Einnahmen Finanzmittel auf die Kommunen verteile.

Der Umfang der im Finanzausgleich 2011 insgesamt zur Verfügung gestellten Mittel sei vertretbar bemessen worden. Um die für eine eigenverantwortliche kommunale Aufgabenwahrnehmung erforderliche finanzielle Mindestausstattung sicherzustellen, müsse der notwendige Ausgabenbedarf für die Erfüllung aller Pflichtaufgaben und eines Minimums an freiwilligen Aufgaben nicht betragsmäßig abgeschätzt werden. Der den Kommunen nach Art. 79 Satz 2 der Landesverfassung − LV NRW − zu gewährende Finanzausgleich stehe unter dem Vorbehalt der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes. Weder aus Art. 79 Satz 2 LV NRW noch aus Art. 28 Abs. 2 und 3 GG ergebe sich die Pflicht zur Gewährung einer Mindestfinanzausstattung im Sinne einer „absoluten“ Untergrenze, die selbst bei einer extremen finanziellen Notlage des Landes nicht unterschritten werden dürfe. Unter Berücksichtigung der äußerst angespannten finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes könne der Verfassungsgerichtshof nicht feststellen, dass eine den wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprechende aufgabenangemessene Mindestausstattung unterschritten worden sei. Nach sachverständiger Beurteilung, der sich der Gesetzgeber angeschlossen habe, hätten trotz stark gestiegener Sozialausgaben keine Anzeichen für einen signifikanten Anstieg aller kommunaler Aufgaben im Verhältnis zu den Aufgaben des Landes bestanden, denen der Gesetzgeber hätte Rechnung tragen müssen. Seiner Beobachtungs- und Anpassungspflicht bezogen auf erkennbare Belastungsverschiebungen sei der Gesetzgeber nachgekommen, indem er finanzwissenschaftlichen Sachverstand hinzugezogen habe.

Die vom Land im Gemeindefinanzierungsgesetz 2011 zur Verfügung gestellten Finanzmittel seien auch verfassungskonform auf die einzelnen Kommunen verteilt worden. Die deutliche Höhergewichtung des Soziallastenansatzes und seine Berücksichtigung ausschließlich auf Gemeindeebene verstießen nicht deshalb gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot, weil sie gegenüber den Vorjahren erhebliche Umverteilungen zu Lasten des kreisangehörigen Raums und innerhalb der Kreise hervorgerufen hätten. Das beachtliche Ausmaß der Veränderungen beruhe darauf, dass die Sozialbedarfe über viele Jahre hinweg angestiegen seien, während die nach gutachtlicher Bewertung gebotene Anpassung des Soziallastenansatzes erst mit einiger Verzögerung und dann 2011 und 2012 in nur zwei Schritten vorgenommen worden sei. Im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens hätten umfangreiche aktuelle sachverständige Untersuchungen vorgelegen, die sich intensiv mit den Kerneinwänden der kommunalen Spitzenverbände bezogen auf die Verteilungssystematik – auch innerhalb der Kreise – befasst hätten. Das hierauf gestützte Verteilungssystem sei nicht schon deshalb verfassungswidrig, weil eine andere auch vertretbare sachverständige Auffassung zu abweichenden Ergebnissen gekommen sei.

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