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Gütesiegel für Kindergärten?

Kinderbetreuung, Soziales

Alle reden und rätseln, ob die Kommunen es schaffen, pünktlich zum 1. August ausreichend Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung zu stellen, so wie der Bund es vorgesehen hat, denn ab da gilt der Rechtsanspruch. Die Kommunen arbeiten mit Hochdruck daran, ihre Ziele zu erreichen – neben der Quantität geht es auch darum, eine qualitativ gute Betreuung anzubieten. Aber wie steht es um die Qualität der Angebote?

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Ein Beitrag von Matthias Selle, Dezernent für Jugend und Bildung im Landkreis Osnabrück und stellvertretender Vorsitzender des KPV-Bundesfachausschusses für Jugend, Familie, Bildung und Soziales

 

Zum 1.8.2013 gilt der Rechtsanspruch auf Plätze in Kindertageseinrichtungen für Kinder nach Vollendung des ersten Lebensjahres bis zum Schuleintritt. Damit ist die bedarfsgerechte Betreuung für Kinder im Vorschulalter sichergestellt. Die entsprechenden Regelungen sind durch den Bund im SGB VIII und durch die Ausführungsgesetze der Länder verabschiedet worden. Das Gesetz beinhaltet auch die Verpflichtung einer bedarfsgerechten Ganztagsbetreuung, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten. Diese Aspekte stellen die quantitative Dimension dar.

Aber wie steht es um die Qualität der Angebote? Auch hier hat der Gesetzgeber im Kinder- und Jugendhilferecht Vorkehrungen getroffen: In mehreren Paragrafen des SGB VIII wird eine qualitätsvolle Kindertagesbetreuung gefordert: In § 22 a SGB VIII, der zentralen Norm zum Thema Qualität im Bundesgesetz, heißt es: „Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen die Qualität der Förderung in ihren Einrichtungen durch geeignete Maßnahmen sicherstellen und weiterentwickeln. Dazu gehören die Entwicklung und der Einsatz einer pädagogischen Konzeption als Grundlage für die Erfüllung des Förderungsauftrags sowie der Einsatz von Instrumenten und Verfahren zur Evaluation der Arbeit in den Einrichtungen.“

Wie funktioniert ein Qualitätsmanagement in Kindergärten?

Bei der Feststellung und Weiterentwicklung der Qualität in Kindertageseinrichtungen wird mit verschiedenen Qualitätsdimensionen gearbeitet: Die Strukturqualität beschreibt die äußeren Umstände, räumliche Gegebenheiten aber auch den Erzieher-Kind-Schlüssel. Diese Aspekte können durch die Landespolitik, die für die jeweiligen Landeskindergartengesetze die Verantwortung trägt, direkt beeinflusst und gestaltet werden. Hier sind z. B. folgende Fragen zu beantworten: Wie groß sind die Räumlichkeiten des Kindergartens? Gibt es Gruppennebenräume? Wie viele Fachkräfte betreuen wie viel Kinder?

„Der Landkreis Osnabrück hat das Ziel, allen seinen Kindertageseinrichtungen die Verleihung des ‚Deutschen Kindergartengütesiegels‘ zu ermöglichen“.

Auch die Träger der Kindertageseinrichtungen können zu einer guten Strukturqualität beitragen, indem sie die gesetzlichen Möglichkeiten zum Personaleinsatz angemessen ausnutzen und ihre Kindergärten und Außenflächen baulich in einem guten und kindgerechten Zustand halten. Eltern erkennen eine gute Strukturqualität an der Größe und Beschaffenheit des Gebäudes und einer „guten Personalstruktur“.

Fotolia_43811920_©-lagomUnter Prozessqualität versteht man die Qualität der Beziehungen und Interaktionen zwischen dem pädagogischen Personal und den Kindern aber auch den Eltern. Diese Qualitätsdimension kann die Einrichtung, die Leitung, das Team und jeder einzelne Mitarbeiter selbst steuern. Eltern nehmen eine gute Prozessqualität oft als eine subjektiv empfundene „gute Atmosphäre“ wahr. Sowohl die Struktur als auch die Prozessqualität ist durch externe Evaluatoren konkret messbar.

Der Begriff Orientierungsqualität beinhaltet die Einstellungen und Orientierungen des Personals und des Trägers zu den Kindern und zur Zusammenarbeit mit den Eltern. Hier stellen sich Fragen zur Konzeption oder zur Profilierung des Kindergartens: Handelt es sich um einen kirchlichen Kindergarten? Arbeitet er nach einem bestimmten Konzept oder orientiert er sich an bestimmten pädagogischen Grundausrichtungen?

Beim Qualitätsmanagement entsteht ein Kreislauf aus Qualitätsfeststellung, Qualitätsentwicklung, Qualitätssicherung und erneuter Qualitätsfeststellung. Den erfolgreich durchlaufenen Prozess kann der Kindergarten dann anhand eines Zertifikates oder einer Gütesiegelplakette nach außen demonstrieren. Es gibt auch Verfahren, die auf der Basis von ‚Qualitätshandbüchern‘ regelmäßig die Qualität der Arbeitsaufläufe in den Blick nehmen und kontrollieren. Bei allen Verfahren erfolgt in der Regel eine Zertifizierung im dreijährigen Turnus.

Qualität ist bereits messbar

Viele Kindergärten haben sich bereits auf den Weg gemacht und arbeiten mit trägerspezifischen Verfahren wie z. B. dem katholischen KTK-Gütesiegel oder der DIN ISO Zertifizierung. Die Wissenschaft hat Instrumente zur Feststellung und Messung der Qualität in Kindergärten und in der Kindertagespflege entwickelt, die bereits in der Praxis erprobt sind und zunehmend zum Einsatz kommen. Die Jugendämter sind gesetzlich verpflichtet, den Einsatz von Qualitätsinstrumenten voranzutreiben. Dieser Verpflichtung werden sie zunehmend nachkommen. Frau Familienministerin Kristina Schröder hat in ihrem im letzten Jahr vorgestellten 10-Punkte-Plan auch eine Initiative zur Kindergartenqualität angekündigt.

Fazit: Beim Einkauf oder in der Werkstatt, bei der Hotelübernachtung oder im Restaurant – überall finden wir Belege, Siegel, Plaketten und Zertifikate, die eine gute Qualität oder aber den Einsatz eines Qualitätsmanagements belegen. So werden wir auch in den – nach der Familie! – wichtigsten Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsinstitutionen, unseren Kindergärten und Tagesstätten, künftig immer häufiger Belege für eine nachgewiesene gute Qualität der pädagogischen Arbeit finden. Das ist gut für die Eltern und Kinder aber auch ein Vorteil für die Träger und deren Mitarbeiterinnen im aufkommenden Wettbewerb um die Kinder.

 

Titelbild:lagom@fotolia.com