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Interkommunale Zusammenarbeit funktioniert

Allgemein, Innenpolitik

Großes entsteht immer im Kleinen – mit diesem Slogan wirbt das Saarland seit 2014. Groß sind jedoch auch die finanziellen, demografischen, strukturellen Herausforderungen des Landes. Dabei gewinnt die interkommunale Zusammenarbeit zunehmend an Bedeutung. Ein Vorreiter hierbei: der Landkreis St. Wendel.

„Der Ausbau der interkommunalen Zusammenarbeit muss vorangetrieben werden, um kommunale Aufgaben effektiver und effizienter wahrnehmen zu können“, heißt es im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD für die 16. Legislaturperiode des Landtages des Saarlandes. Die Koalitionspartner werden dabei noch konkreter: Das saarländische Innenministerium will einen Katalog erstellen, in dem mögliche Bereiche der interkommunalen Zusammenarbeit verzeichnet sind, zudem Kommunen verbindliche Vorgaben hinsichtlich verschiedener Felder der Zusammenarbeit machen. Weiterhin heißt es: „Die Kommunalaufsicht wird ermächtigt, durch Erhebung von Kennzahlen die Effizienz von Verwaltungshandeln einzelner Kommunen offen zu legen, mit anderen zu vergleichen und steuernd einzugreifen.“ Eine Gebietsreform werde dabei nicht ausgeschlossen, konkrete Umsetzungsschritte, wenn überhaupt, jedoch vorerst in die nächste Legislaturperiode verlegt.

Kleines Land, große Herausforderungen

Der Ausbau der interkommunalen Zusammenarbeit hat dabei einen ernsten Hintergrund, schließlich ist die finanzielle Situation der saarländischen Kommunen „äußerst problematisch“, wie der Kommunale Finanzreport der Bertelsmann Stiftung gezeigt hat. Denn der demografische Wandel wirkt sich mit Fachkräftemangel und Alterung hierzulande besonders stark aus – eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft prophezeit dem Saarland einen Bevölkerungsrückgang von 6,8 Prozent bis zum Jahr 2035.

Dabei wird auch immer mal wieder die Eigenständigkeit des Bundeslandes in Frage gestellt. Es geht somit um nicht weniger als die Zukunftsfähigkeit des Saarlandes. Kurzum: Das kleinste Flächenland Deutschlands steht vor großen Herausforderungen. Herausforderungen, denen sich der saarländische Landkreis St. Wendel offen stellt – und vorprescht. Hier, im nördlichen Saarland, leben auf 476,12 km² knapp 88 900 Menschen in sieben Gemeinden und einer Kreisstadt. „Wir sind auf vielen Gebieten Spitzenreiter im Saarland und darüber hinaus: geringe Arbeitslosigkeit, gesunde Wirtschaft, Motor der touristischen Entwicklung in der Großregion. Auch, weil wir in vielen Gebieten Vorreiter sind und waren“, sagt Udo Recktenwald (CDU), seit 2008 Landrat des Landkreises St. Wendel.

Udo Recktenwald ist Landrat des Landkreises St. Wendel (Copyright: Landkreisamt St.Wendel)

Vorreiter – das will der Landkreis auch beim Thema interkommunale Zusammenarbeit sein. Denn gemeinsam mit dem saarländischen Innenminister Klaus Bouillon initiierte der Landrat bereits 2015 das Projekt „Interkommunale Zusammenarbeit im Landkreis St. Wendel“. Erstmals im Land für einen Landkreis und alle kreisangehörigen Kommunen. Das Ziel: gemeinsam auszuloten, auf welchen Feldern intensiver kooperiert werden könne.

In der ersten Phase, bis Dezember 2016, war die Bertelsmann-Stiftung mit im Boot, übernahm unter anderem Koordination und Moderation. Recktenwald: „Von Beginn an haben wir uns auf klare Vorgaben geeinigt: die Effizienz der Verwaltungsabläufe steigern, ohne dabei an Qualität und Bürgernähe zu verlieren. Fusionen von Kommunen sind ausgeschlossen. Zudem: Alle Entscheidungen werden von den acht Gemeinden und dem Landkreis gemeinsam getroffen. Nicht jede Kommune muss von Anfang an jeden Schritt mitgehen.“

Beitragsfoto: Landratsamt (historisches Gebäude), Foto: Landkreisamt St. Wendel

Eingerichtet wurde eine Steuerungsgruppe, bestehend aus dem Landrat, den acht Bürgermeistern und Vertretern des Innenministeriums. Darunter entstanden vier Arbeitsgruppen mit den Themenschwerpunkten Interne Services, Finanzen, Ordnungswesen/Jugend/Soziales und Bauwesen. Und hier gab es eine intensive Einbindung der Mitarbeiter der Verwaltungen, begleitet durch mehrere Informationsveranstaltungen. Dabei wurden alle Felder des kommunalen Handels durchleuchtet und konkrete Vorschläge erarbeitet. Etwa beim Thema Personalkostenabrechnungen der Gemeinden und des Landkreises: Diese werden zentralisiert, vom Landkreis übernommen, in Teilen bereits ab dem 1. Januar 2018. Dies hat der Kreistag des Landkreises St. Wendel im Januar 2017 einstimmig beschlossen. In der Mache sind zudem etwa die gemeinsame Anschaffung der IT-Software, ebenso von Büroausstattungen und Verbrauchsmaterialien.

Dabei ist aller Anfang schwer. Nicht in jedem Bereich finden sich gleich und sofort Allheillösungen. Es sind Diskussionen, es sind Prozesse, die hier angestoßen werden. Bei einigen ist der Ausgang offen. „Wir konzentrieren uns auf den so genannten Backoffice-Bereich, somit primär auf Abläufe, die im Hintergrund laufen, die die Bürger nicht direkt betreffen. Hier haben wir Potentiale erkannt und setzen sie da, wo sinnvoll, um“, sagt Landrat Recktenwald. Dabei geht es in erster Linie um Qualitätssicherung und Effizienz, denn nicht überall lassen sich dadurch Kosten einsparen.
Dass der Ausbau der interkommunalen Zusammenarbeit notwendig, für die Kommunen überlebenswichtig ist, das haben alle Beteiligten im Landkreis erkannt. Und treiben freiwillig diese Zusammenarbeit voran. Und dies bereits lange, bevor es konkret im Koalitionsvertrag der saarländischen Regierung festgeschrieben wurde.

Beispiel: Bäderkonzept

Der Landkreis hat ein Kreisbäderkonzept auf die Beine gestellt. Bereits im September 2015 rief Landrat Recktenwald dazu eine Arbeitsgruppe ins Leben. Die Bäder sind unverzichtbarerer Bestandteil der Gesundheitsvorsorge, des Schwimmen Lernens für Kinder, des Schul- und Vereinssports, zudem teilweise von touristischer Bedeutung. Jedoch schreiben die insgesamt sieben kommunalen Bäder im Landkreis seit Jahren rote Zahlen. Es wurde ein Vorschlag erarbeitet, der vorsieht, dass der Landkreis übernimmt eine finanzielle Ausgleichsfunktion übernimmt. Der Landkreis bezuschusst die Kommunen mit Zwei Euro pro Badebesuch jedes Schul- und Vereinsschwimmens. Pro sonstigem Badebesucher gibt es zusätzlich 50 Cent; dazu, je nach Art und Größe des Bades, für zunächst drei Jahre eine Pauschale zwischen 5.000 und 30.000 Euro. Auch soll die wirtschaftliche Effizienz der Bäder gesteigert werden – etwa durch gemeinsame Ausbildung des Personals oder gemeinsame Beschaffungen und bessere Technik. Landrat Recktenwald fasst zusammen: „Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe waren ein weiterer Meilenstein der interkommunalen Zusammenarbeit in unserem Kreis. Hier zogen alle Beteiligten an einem Strang.“ Ähnliches – ein gemeinsames landkreisweites Konzept – ist gerade im Themenfeld Tourismus in der Mache.

Der Beitrag ist in der Dezember-Ausgabe der KOPO erschienen.

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