Wir gedenken heute der jüdischen Opfer der Reichspogromnacht 1938. Doch in diesem Jahr fordert das Gedenken auch Taten von uns:
Die Dimension des Terrors vom 7. Oktober sprengt die Dimensionen aller bisherigen Kriege und kriegerischen Auseinandersetzungen in denen Israel seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1948 seine Existenz verteidigen musste. Selbst der jahrzehntelange Raketenbeschuss aus dem Gaza-Streifen, aus dem Libanon oder Syrien, bei dem auch bereits tausendfach blind auf die Zivilbevölkerung, auf israelische Familien gefeuert wurde, verschwindet hinter dem Terror dieses Oktoberwochenendes. Und auch auf deutschen Straßen gibt es gewaltätige Demonstrationen, die die Greueltaten des 7. Oktober verherrlichen.
Die schrecklichen Bilder und Videos von den barbarischen Verbrechen der Terrororganisation Hamas in Israel vom 7. Oktober und den Tagen danach sind kaum auszuhalten, gerade in dem Wissen, dass die Realität vor Ort sich noch viel brutaler verhalten hat und verhält. Babys, Kinder, Frauen und Männer wurden von den Schergen der Hamas regelrecht abgeschlachtet, gequält und gedemütigt, in deren Häusern, beim Frühstück oder auf dem Kulturfestival in der Negev. Wohnhäuser wurden in Brand gesetzt und die daraus flüchtenden Familien wurden niedergeschossen. Eltern, die ihre Kinder mit ihren Körpern schützten, wurden kaltblütig ermordet, Söhne mussten von Kugeln verletzt reglos im Blut ihrer Eltern ausharren, bis sie von israelischen Verteidigungskräften gerettet werden konnten. Großmütter und ihre Enkelinnen wurden gefoltert und von den Terroristen in den Gaza-Streifen verschleppt. Dort werden sie wie bereits auf den schrecklichen Pfaden ihrer Entführung von den palästinensischen Verbrechern in den sozialen Medien als Beute vorgeführt und gedemütigt.
Es fällt schwer, über diese Taten zu schreiben und ich frage mich selbst, ob es richtig ist, dies in solcher Bildsprache überhaupt zu Papier zu bringen. Aber Ja, es ist richtig und notwendig, denn nur so lässt sich annähernd vermitteln, um welche Dimension des Terrors es sich am 7. Oktober und in den Tagen danach bis heute gehandelt hat. Und all dies ist in israelischen Gemeinden geschehen, in jenem Land, das nicht nur von Jüdinnen und Juden in der Welt als sicherer Hafen für jüdisches Leben gilt. Jetzt mussten israelische Dörfer, in denen Hamas-Terroristen Verbrechen von unvorstellbarer Grausamkeit begangen haben, von der eigenen israelischen Armee, der IDF, befreit werden.
Am 7. Oktober hat Raketenhagel als infernaler Donnerhall den schrecklichen Ungeist und Hass des Völkermordes durch die Dörfer Israels getragen. An keinem anderen Tag seit dem Holocaust wurden so viele Jüdinnen und Juden Opfer eines solchen Hasses, wie dies auch der israelische Staatspräsident Herzog in bewegenden Worten erklärt hat.
Und um diese Dimension geht es. Das brutale Abschlachten unschuldiger Familien ist weit entfernt von selbst schlimmen individuellen Schicksalen gefallener Soldatinnen und Soldaten in kriegerischen Gefechten, oder auch von zivilen Opfern solcher Kriege. Das Ziel des Hamas Terrors war und ist die Auslöschung jüdischen Lebens, ist die Ausradierung Israels von der Landkarte, ist der Völkermord an Jüdinnen und Juden, wie es die Hamas bereits in ihrer Charta von 1988 festgeschrieben hat.
Die vor aller medialen Augen in den Gaza-Streifen erfolgten Entführungen gequälter und gedemütigter Jüdinnen und Juden wirken wie Deportationen in Leid und Tod. Nicht in Zügen, aber auf Motorrädern und den Ladeflächen von Pickup-Trucks.
Dass auch viele ausländische Besucher Israels – auch Deutsche – Opfer dieses Terrors geworden sind, zeigt umso mehr die blindwütige Gewalt im barbarischen Vorgehen der Hamas.
Der 7. Oktober ist das israelische 9/11
Diese Bilder werden das kollektive Gedächtnis Israels und seiner Menschen über Generationen prägen. Der 7. Oktober 2023 ist das israelische 9/11 und genau wie der 11. September 2001 nicht einzig ein Angriff auf die Vereinigten Staaten von Amerika war, sondern auf die gesamte westliche Welt, gilt auch dieser Angriff nicht alleine dem Jüdischen Staat, sondern den Wertepartnern Israels in der Welt, zu denen in besonderem Maße auch Deutschland und die EU gehören.
Doch soll in den anhaltenden Stunden des Terrors gegen Israel dies heute hier nicht im Vordergrund stehen, auch nicht die Rolle des Mullah-Regimes im Iran, das für diesen Terror mit verantwortlich ist.
Im Vordergrund muss das Leid der Menschen Israels stehen, die Solidarität, das Mitgefühl und die Unterstützung, jedoch nicht alleine in Worten, sondern in Taten.
Doch Europa begreift die Dimension des 10/7 zumindest noch nicht. Es hat sich wie weite Teile der Welt über die Jahrzehnte zu sehr an den Konflikt im Nahen Osten gewöhnt und bewegt sich fast geschäftsmäßig in einer Routine, die verallgemeinert, relativiert und Täter-/Opferrollen in ein gefährliches Gleichgewicht setzt.
Zeitenwende im Umgang mit dem Nahen Osten
Man erkennt hinter dem Stapel unzähliger Resolutionen die Dimension von 10/7 nicht. Den Solidaritätsadressen folgt fast eingespielt die Aufforderung zur Deeskalation und zur Verhandlung über eine Zwei-Staaten-Lösung.
Ohne die Komplexität des Konfliktes ausblenden zu wollen, ist jetzt jedoch nicht der Zeitpunkt eingeübter Routinen, sondern der Erkenntnis, dass wir an einer Zeitenwende auch im Umgang mit dem Nahen Osten und ganz besonders in unserer europäischen Solidarität gegenüber Israel stehen.
10/7 war nicht ein weiterer Tag von Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und Israelis, 10/7 war terroristischer Völkermord an Jüdinnen und Juden in Israel, im eigenen Land.
Und Europa muss dies erkennen und europäische Solidarität und Unterstützung gegenüber Israel muss in diesem Bewusstsein handeln, in allen Belangen!