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Stadtwerke: Partnerschaft neu aufstellen

Versorgung

Stadtwerke sind zuverlässige und etablierte Partner der Kommunen im Bereich der Energie- und Wasserversorgung, der Bereitstellung des ÖPNV und weiterer kommunaler Dienstleistungen. Sie sind regional verankert und genießen damit ein großes Vertrauen der Bürger.

Nora Nording, Fachgebietsleiterin KMU-
Vertretung beim BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.

Bild: (c) privat

In dieser Situation füllen die Stadtwerke ihre Rolle als Dienstleister für Kommune und Bürger aus, sie sind Umsetzer und Ausführer von Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge. Darüber hinaus müssen sich Stadtwerke auf neue Herausforderungen durch den Klimawandel einstellen. Die Dekarbonisierungsziele werden zwar in Berlin oder Brüssel beschlossen, sie müssen aber auch durch die Kommunen und ihre Partner, allen voran durch die Stadtwerke, umgesetzt werden.

Derzeit befinden sich viele Stadtwerke im Wandel. In der Vergangenheit war es ihre Kernaufgabe, die Versorgung mit Energie und Wasser, sowie die Abwasserentsorgung zu gewährleisten. Hinzu kommen weitere Aufgaben der Daseinsvorsorge. Mit diesen Aufgaben konnten Stadtwerke gute Gewinne erwirtschaften. Durch die Liberalisierung des Energiemarktes sind die Margen im Versorgungsgeschäft in den vergangenen Jahren gesunken. Gleichzeitig sind die bürokratischen Belastungen für die Unternehmen gewachsen. Insbesondere die Dekarbonisierung aller energiewirtschaftlichen Bereiche stellt die Stadtwerke vor eine Mammutaufgabe. Wollen Stadtwerke mit Blick auf diese Herausforderungen erfolgreich bleiben, müssen sie zusätzlich zu den bestehenden Aufgabenbereichen neue profitable Geschäftsfelder erschließen.

Neue Geschäftsmodellentwicklung als Reaktion auf geänderte Anforderungen

Durch die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und die Anpassung der bestehenden Aufgabenbereiche an die Anforderungen des Klimaschutzes, erweitert sich der Aktionsradius der Stadtwerke über die bisher gekannten und erprobten Bereiche der traditionellen Daseinsvorsorge hinaus. Wo Stadtwerke bisher als Dienstleister und Umsetzer für die Kommune auftraten, stellt sich nun die Frage, ob und inwiefern sich die Rolle der Stadtwerke in ihrer Kommune durch den Wandel in ihrem Umfeld erweitert und verändert.
Welche Kompetenzen erfordert dieser Wandel und was bringen Stadtwerke in die neue Situation aktiv ein? Für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle ist vor allem die Digitalisierung ein entscheidender Treiber. Zudem werden Erneuerbare Energien in den Sektoren Strom, Wärme, Verkehr, Gebäude und Industrie in ihrer Bedeutung weiter zunehmen. Smart-City-Konzepte bieten Stadtwerken die Möglichkeit, innovative Anwendungsfelder wie z. B. in den Bereichen Digitalisierung und Energieeffizienz gemeinsam mit der Kommune zu entwickeln und so ein großes Dekarbonisierungspotenzial zu nutzen.
Um ihre bestehenden Geschäftsfelder zu erweitern, müssen Stadtwerke die Möglichkeit haben, sich an der Entwicklung von Innovationen zu beteiligen. Sie müssen diese initiieren, vorantreiben und schließlich in Form von konkreten Praxisprojekten implementieren können. Aus ökonomischer Sicht ist dies für viele Stadtwerke essenziell, um langfristig auf wirtschaftlich soliden Füßen zu stehen und weiterhin ein starker Partner der Kommunen zu bleiben. Stadtwerke, die neue Geschäftsfelder entwickeln und als Innovationstreiber agieren, sind nicht mehr lediglich Dienstleister, Ausgestalter und Umsetzer von gegebenen kommunalen Aufträgen. Sie entwickeln sich selbst zum Gestalter und Initiator.


Neue Anforderungen an politische Rahmenbedingungen für Stadtwerke


Die neue Rolle betrifft nicht nur ihr Selbstverständnis, sondern stellt auch Anforderungen an die politischen Rahmenbedingungen:


Die Gewinnabführungen der Stadtwerke sind ein unverzichtbarer Bestandteil der kommunalen Haushalte. Zudem übernehmen Stadtwerke vielerorts weitere Aufgaben der Daseinsvorsorge, die nicht gewinnorientiert sind, wie zum Beispiel den Betrieb des ÖPNV oder der Bäder. Dadurch fehlt ihnen häufig im Vergleich zu rein privatwirtschaftlichen Unternehmen der finanzielle Spielraum für Innovationen.
Zudem werden kleine und mittlere Unternehmen in kommunaler Hand bei vorgesehenen administrativen Erleichterungen und Förderprogrammen häufig benachteiligt, was ihnen die Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen weiter erschwert. Häufig gelten Stadtwerke aufgrund der EU-KMU-Definition (2003/361/EG Art. 3, Abs. 4) nicht als KMU (kleine und mittlere Unternehmen) wodurch sie nicht vorgesehene Erleichterungen und Förderprogramme in Anspruch nehmen können.

Einschränkungen durch Gemeindeordnungen
Bild: ©Achim Wagner_stock.adobe.com


Viele Gemeindeordnungen unterscheiden sich im Bereich der zulässigen Betätigungsfelder für Stadtwerke. Dadurch entstehen vereinzelt Wettbewerbsverzerrungen, da sich manche Unternehmen, je nachdem welcher Gemeindeordnung sie unterliegen, sich in bestimmten wirtschaftlichen Bereichen nicht betätigen dürfen, beispielsweise
dem Betrieb von Ladesäuleninfrastruktur.

Diese Regelungen entstammen jedoch einer Zeit, in der Stadtwerke mit ihrem Kerngeschäft wirtschaftlichglänzen konnten und sind angesichts der heutigen Bedingungen nicht mehr zeitgemäß. Zudem verhindern sie ganzheitliche Konzepte beispielsweise für Quartiere und stehen somit einer effizienten Wertschöpfung entgegen.

Fehlende Planungssicherheit

Stadtwerke haben zumeist einen mehrjährigen Etatplan für ihre Projekte, diese werden entsprechend mit langen Vorlaufzeiten kalkuliert und finanziert. Anpassungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen sind in den vergangenen Jahren in immer kürzeren Zeitabständen erfolgt, was eine verlässliche Finanzierung und Realisierung von Projekten für Stadtwerke erschwert. Zudem bedeutet eine geringe Planungssicherheit ein hohes Maß an Bürokratie und Personaleinsatz, Kosten die Stadtwerke effizienter
nutzen können.

Neue Rolle für Stadtwerke als Voraussetzung für starke Partnerschaft mit Kommunen
Bild: ©Leo Lintang_stock.adobe.com

Viele Stadtwerke befinden sich mitten in einem Transformationsprozess. Sie müssen sich intern neu aufstellen, um innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln. Gleichzeitig müssen sie auf veränderte Rahmenbedingungen und Anforderungen wie z. B. politische Zielvorgaben im Bereich des Klimaschutzes und damit verbundener Dekarbonisierungsstrategien reagieren. Viele Stadtwerke definieren ihre Rolle neu. Sie sind nicht mehr nur Ver- und Entsorger sowie Dienstleister für die Kommune und Ausgestalter von kommunalen Aufträgen. Sie sind zunehmend Initiatoren von Innovationen und aktiver Gestalter einer modernen Kommune. Für diese neue Rolle bedarf es jedoch einer Verbesserung der finanziellen und regulatorischen Rahmenbedingungen. Der Abbau bürokratischer Hemmnisse und weiterer Benachteiligungen, die Gewährleistung einer angemessenen Planungssicherheit sowie die Sicherstellung ausreichender finanzieller Handlungsspielräume sind hierbei die Aufgabe für politische Entscheider in Kommunen, in den Bundesländern, im Bund sowie in der EU.
Die Kommunen sollten sicherstellen, dass sie ihre Stadtwerke im Transformationsprozess mit den ihnen möglichen Mitteln unterstützen und sich für die erforderlichen Anpassungen der politischen Rahmenbedingungen einsetzen. Die Stadtwerke werden ihren Auftrag zur kommunalen Daseinsvorsorge auch in einer zunehmend digitalisierten und dekarbonisierten Welt weiter erfüllen und darüber hinaus neue Geschäftsmodelle erschließen.
Wenn beides gewährleistet ist, können Stadtwerke den Anforderungen einer neuen Energiewelt vollumfänglich gerecht werden und weiterhin ihre zentrale Rolle uneingeschränkt ausfüllen: Ein starker Partner für Kommune und Gesellschaft zu sein.

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