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Neue Studie: Entwicklung der kommunalen Steuern zwischen 2005 und 2017

Finanzen

Von 2015 bis 2017 stiegen die Steuereinnahmen der Gemeinden um 13 Prozent, der Finanzierungsüberschuss lag im vergangenen Jahr mit 10,0 Milliarden Euro so hoch wie nie zuvor, die Verschuldung sank um ein Prozent. Möglich gemacht haben diese positive Entwicklung die gute Konjunktur und kräftige Steuererhöhungen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young).

In den vergangenen fünf Jahren haben 53 Prozent der deutschen Kommunen die Gewerbesteuer angehoben, 60 Prozent haben die Grundsteuer mindestens einmal heraufgesetzt. Im gleichen Zeitraum kletterten die Einnahmen der Kommunen aus der Grundsteuer um 17 Prozent, die Einnahmen aus der Gewerbesteuer stiegen sogar um 25 Prozent.
Allerdings verlor der Trend zu Steuererhöhungen zuletzt etwas an Dynamik: Im vergangenen Jahr haben 13 Prozent der Kommunen ihren Grundsteuersatz erhöht, ein Jahr zuvor hatten 16 Prozent an der Steuerschraube gedreht, im Jahr 2014 sogar 23 Prozent. Gewerbesteuererhöhungen gab es im vergangenen Jahr bei zehn Prozent der deutschen Städte und Gemeinde – nach 13 Prozent im Jahr 2016. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) zur Entwicklung der Grundsteuer-B- und Gewerbesteuerhebesätze aller deutschen Kommunen in den Jahren 2005 bis 2017.

„Während die Kommunen daran arbeiten, ihre Finanzen in Ordnung zu bringen, ist Wohnen und Wirtschaften in Deutschland in den vergangenen Jahren immer teurer geworden“, beobachtet Prof. Dr. Bernhard Lorentz, Partner bei EY und Leiter des Bereichs Government & Public Sector für Deutschland, die Schweiz und Österreich. „Gerade hochverschuldete Kommunen in strukturschwachen Regionen mussten zum Teil massiv an der Steuerschraube drehen, um überhaupt die Chance auf einen ausgeglichenen Haushalt zu haben.“

Prosperierende Regionen gerade im Süden Deutschlands konnten in den vergangenen Jahren dagegen weitgehend auf Steuererhöhungen verzichten und ihre Attraktivität als Wirtschafts- und Wohnstandorte festigen. Auf der anderen Seite hat sich gerade für besonders finanzschwache Kommunen die Situation im Standortwettbewerb verschlechtert.

Der Blick auf Nordrhein-Westfalen zeigt aber auch, dass in dem Bundesland, wo die Hebesätze inzwischen deutschlandweit am höchsten sind, die Steuererhöhungen der vergangenen Jahre durchaus Wirkung zeigten: Die NRW-Kommunen konnten ihre Einnahmen aus Grund- und Gewerbesteuer im vergangenen Jahr um neun Prozent steigern. Sie erwirtschafteten 2017 sogar einen Finanzierungsüberschuss von drei Milliarden Euro – den höchsten bundesweit.

Grundsteuern stiegen in Hessen, NRW und dem Saarland am stärksten
Dabei gibt es allerdings regional erhebliche Unterschiede: So stieg der durchschnittliche Grundsteuerhebesatz in Hessen in den vergangenen fünf Jahren um 51 Prozent und in NRW und dem Saarland immerhin noch um etwa ein Viertel. Weitgehend von Steuererhöhungen verschont wurden hingegen die Bürger in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen, wo die jeweiligen Durchschnittssätze um weniger als fünf Prozent stiegen. Und während jede saarländische Kommune mindestens einmal die Grundsteuer heraufsetzte und in Hessen 97 Prozent der Gemeinden eine Erhöhung vornahmen, blieben in Baden-Württemberg und Bayern bei mehr als zwei Dritteln der Gemeinden die Hebesätze stabil.
Eigentümer wie auch Mieter müssen derzeit in Nordrhein-Westfalen mit Abstand am meisten zahlen: Dort liegt der durchschnittliche Grundsteuerhebesatz bei 534 – ein Anstieg um 16 Punkte im Vergleich zu 2016. Am wenigsten verlangen die Kommunen in Schleswig-Holstein (324), Bayern (346) und Baden-Württemberg (352) von Haus- und Wohnungseigentümern bzw. Mietern.

Grundsteuer B in hessischen und NRW-Kommunen am höchsten
Die Großstadt mit der höchsten Grundsteuer ist mit einem Hebesatz von 855 Prozent Duisburg. Noch höhere Hebesätze weisen sieben weitere nordrhein-westfälische Kommunen auf sowie das rheinland-pfälzische Dierfeld und das hessische Nauheim, das mit 960 Prozent an der Spitze aller deutschen Kommunen liegt. Keine Grundsteuer müssen die Bürger in insgesamt dreizehn deutschen Kommunen bezahlen, von denen sieben in Rheinland-Pfalz liegen, fünf in Schleswig-Holstein und eine in Baden-Württemberg. Die Grundsteuer B wird auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben und trifft damit so gut wie alle Bürger, da diese entweder selbst Hausbesitzer sind oder an der Steuer über die Mietnebenkosten beteiligt werden. Sie brachte den deutschen Kommunen 2017 insgesamt knapp 14 Milliarden Euro ein – 13 Prozent der gesamten Steuereinnahmen. Im Vergleich zur Gewerbesteuer ist sie eine verlässlichere Einnahmequelle für die Kommunen, da sie keinen konjunkturellen Schwankungen unterliegt und eine breitere Erhebungsbasis hat.

Gewerbesteuer steigt weniger stark als Grundsteuer
Bei der Gewerbesteuer, die immerhin 42 Prozent der gesamten Steuereinnahmen der Kommunen ausmacht, waren die Kommunen mit Steuererhöhungen in den vergangenen Jahren vorsichtiger – womöglich um die ortsansässigen Betriebe nicht übermäßig zu belasten. Zwar erhöhten seit 2012 immerhin 53 Prozent der Gemeinden ihren Gewerbesteuerhebesatz – insgesamt stieg der bundesweite durchschnittliche Hebesatz aber nur von 347 auf 362 Prozent, also um 15 Prozentpunkte. Die Grundsteuer stieg im gleichen Zeitraum fast doppelt so stark: um 29 Prozentpunkte.

Gewerbesteuer: NRW-Städte mit den höchsten Hebesätzen
Die Gewerbesteuer ist die wichtigste Einnahmequelle der Städte und Gemeinden. 2017 spülte sie 44,2 Milliarden Euro in die Kassen der Kommunen. Im Großstadtvergleich liegt abermals eine nordrhein-westfälische Stadt an der Spitze: In Oberhausen beträgt der Gewerbesteuer-Hebesatz 550 Prozent. Noch höhere Hebesätze wiesen zum Jahresende 2017 zwei rheinland-pfälzische Kommunen auf: Wettlingen (600 Prozent) und Dierfeld (900 Prozent).

Auf der anderen Seite gibt es bundesweit immerhin fünf Kommunen mit dem Mindesthebesatz von 200 Prozent, von denen zwei in Mecklenburg-Vorpommern und drei in Brandenburg liegen.

Vorerst scheint Trendwende geschafft – aber Konjunkturdelle könnte Finanznot wieder verschlimmern
In den vergangenen drei Jahren konnten die deutschen Städte und Gemeinden jeweils steigende Finanzierungsüberschüsse erwirtschaften, auch die Gesamtverschuldung sank zuletzt leicht. Das hat offenbar zu einer gewissen Entspannung der Situation geführt, beobachtet Lorentz: „In vielen Städten und Gemeinden ist der Handlungsdruck in den vergangenen Jahren geringer geworden, da die Schulden leicht sinken und die gute Konjunktur zusätzliche Einnahmen beschert. Obendrein dürfte aus Sicht der politisch Verantwortlichen vielerorts inzwischen die Grenze des Zumutbaren erreicht sein.“

Allerdings könnte eine Verschlechterung der Wirtschaftslage die Finanzsituation der Kommunen schnell wieder deutlich verschlechtern – zumal auch die Ausgaben in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sind, was sich noch als problematisch erweisen dürfte, so Lorentz: „Gerade die Personalausgaben der Gemeinden sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen – allein im vergangenen Jahr um vier Prozent. Dieser Kostenblock macht inzwischen mehr als ein Viertel der Gesamtausgaben der Kommunen aus und lässt sich von den einzelnen Städten und Gemeinden wenig bis gar nicht beeinflussen – insbesondere nicht im Fall eines Wirtschaftsabschwungs. Im Krisenjahr 2009 sanken etwa die Einnahmen aus der Gewerbesteuer um gut ein Fünftel, es entstand ein Finanzierungsdefizit von 7,5 Milliarden Euro.

Zudem ist noch immer ungewiss, wie sich die bevorstehende Grundsteuerreform auf die Einnahmesituation der einzelnen Kommunen auswirken wird, auch wenn der politische Konsens besteht, dass es insgesamt zu keiner Mehrbelastung der Bürger kommen soll. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April dieses Jahres muss die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer bis Ende 2019 überarbeitet werden. Anschließend bleibt für die Umsetzung Zeit bis Ende 2024.

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