Seit der Flüchtlingskrise 2015 wird eine Verbesserung der Lebenssituation in den Herkunftsländern Asylsuchender als Ziel ausgegeben. Durch Hilfen vor Ort sollen dabei Fluchtursachen bekämpft werden. Im Landkreis Donau-Ries hat man sich dieser Aufgabe angenommen. Im Gespräch mit der KOPO-Redaktion hat Landrat Stefan Rößle dazu einige Fragen beantwortet.
KOPO: Wie kam es zu Ihrem Engagement?
Stefan Rößle: Ich habe die Bilder aus dem Jahr 2015 noch lebhaft in Erinnerung: Ausgefallener Schulsport durch notbelegte Turnhallen, voll besetzte Busse Asylsuchender vor unserem Landratsamt aber auch riesige Herausforderungen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer. Gleichzeitig konnte man in Summe eine große Solidarität und Hilfsbereitschaft gegenüber den ankommenden Flüchtlingen beobachten. Wir wollen nicht, dass sich ein Szenario wie damals wiederholt und unseren Teil dazu beitragen die Situation zu verbessern. Durch die Schaffung von Perspektiven vor Ort sollen dabei junge Menschen sich in ihrer Heimat etwas aufbauen können.
KOPO: Welche konkreten Projekte gibt es bereits?
Stefan Rößle: Wir haben uns das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 insgesamt zehn Schulen allein aus Mitteln unseres Landkreises zu bauen. Dank des überwältigenden Interesses werden wir dieses Ziel auch sicher erreichen. Errichtet werden diese Schulen in Burkina Faso, Malawi, Namibia und voraussichtlich Tansania. Darüber hinaus gibt es auch weitere Projekte in Afghanistan und Jordanien. In Kabul soll unter anderem ein Kinderkrankenhaus durch unsere Kliniken und Seniorenheime (ein gemeinsames Kommunalunternehmen) unterstützt werden und es sind Hilfeleistungen für ein Flüchtlingscamp geplant. In der jordanischen Stadt Jerash wird unser Abfallwirtschaftsverband zum Aufbau einer kommunalen Abfallentsorgung sein Know-How beisteuern. Dieses Projekt wird durch Engagement Global gefördert.
KOPO: Beim Thema Entwicklungshilfe denken viele in erster Linie an Bundes- statt an Kommunalpolitik. Ist es Ihrem Landkreis tatsächlich möglich spürbar zu Verbesserungen vor Ort beizutragen?
Stefan Rößle: Auch ich hätte mir vor einigen Jahren ein solches Engagement unseres Landkreises noch nicht vorstellen können. Das Motto unserer Aktionen „Aus dem Regionalen für das Regionale“ macht aber deutlich: Wir wollen mit regionalen Mitteln gezielte Einzelprojekte in den ärmsten Regionen der Welt umsetzen. Unser Ziel ist es dabei echte Perspektiven zu schaffen und so Fluchtursachen zu bekämpfen. Speziell der Bau von Schulen spielt dabei eine große Rolle. Durch Bildung ermöglichen wir den Kindern die Möglichkeit eines besseren Lebens in ihrer Heimat. Dabei handelt es sich auf lange Sicht um eine Art Hilfe zur Selbsthilfe für die betroffenen Regionen. Denn wer könnte die Situation vor Ort effektiver verbessern, als gut ausgebildete und vor Ort verwurzelte, junge Menschen mit dem Willen Etwas aufzubauen?
KOPO: Immer wieder ist von Korruption oder von Hilfsangeboten zu hören, die im Sande verlaufen. Wie kann für Ihre kommunalen Entwicklungshilfeprojekte sichergestellt werden, dass diese erfolgreicher sind?
Stefan Rößle: Die Hilfsangebote unserer Region werden zu großen Teilen aus Spenden unserer Bürgerinnen und Bürger und lokalen Firmen gestellt. Deshalb hat es oberste Priorität, dass auch wirklich jeder gespendete Euro dort ankommt, wo er gebraucht wird. Da wir als bayerischer Landkreis bislang über keine Verbindungen nach Afrika oder Asien verfügten, greifen wir auf bestehende Kontakte zurück. Hierzu zählen langjährige Städtepartnerschaften einiger Gemeinden, persönliche Kontakte engagierter Landkreisbürger und auch die Stiftung Fly & Help, die inzwischen über 150 Schulen weltweit errichtet hat. Durch diese Strukturen sind wir vor Ort vernetzt und haben einen transparenten Überblick über all unsere Projekte. Darüber hinaus wird vor jedem Schulbauprojekt mit der Stiftung Fly & Help ein präziser Nutzungsvertrag abgeschlossen, der die Finanzierung, die Ausstattung mit Lehrern und die langfristige Nutzung als Schule garantiert.
KOPO: Den vielen Unterstützern stehen häufig aber auch Menschen gegenüber, die sich den Einsatz von Spendengeldern, statt in Afrika, in struktur- und sozialschwachen Regionen Deutschlands wünschen.
Stefan Rößle: Der Vielzahl unserer Landkreisbürger geht es sehr gut. Das belegen auch eine inzwischen negative Arbeitslosigkeit und die niedrigste Jugendarbeitslosenqoute Deutschlands. Zudem liegt unser Landkreis im Punkto Investitionen unter den Top-Regionen der Bundesrepublik. Gerade Sanierungen und Neubauten von modernen Schulen tragen dazu einen erheblichen Teil bei. Darüber hinaus wurden unsere Bemühungen bisher äußerst positiv aufgenommen. Außerdem ist dabei auch die Relation interessant: In manchen Regionen Afrikas ist es möglich eine Schule, die etwa 600 Schülern Platz bietet, für etwa 40.000 € zu errichten. Im Moment planen wir den Bau einer Schule in unserem Landkreis, die eine ähnliche Anzahl an Schülern beherbergen wird. Allein mit den Mitteln dieses Projektes könnte man in Afrika über 1.000 Schulen errichten. Mit dem Einsatz von verhältnismäßig geringen Mitteln wird also viel erreicht. Zudem ist es auch wichtig zu betonen, dass wir keinen Euro aus öffentlichen Mitteln entnehmen, sondern unsere Entwicklungshilfeprojekte ausschließlich durch Spenden finanzieren.
KOPO: Wer sind diese Spender?
Stefan Rößle: Neben zahlreichen Privatpersonen gibt es auch Firmen, die aus eigenen Mitteln oder durch gemeinsame Spenden der Mitarbeiter eine ganze Schule finanzieren können. Jede Spende hilft Menschen in den ärmsten Regionen der Welt.
KOPO: Auch Sie selbst bauen, aus Ihrem privaten Vermögen, eine Schule in Afrika.
Stefan Rößle: So ist es. Ich bin von der Idee vollends überzeugt und wollte unbedingt einen Teil dazu beitragen, nicht nur politisch, sondern auch persönlich. Ich werde mir auch ein eigenes Bild von der neuen Schule in Malawi machen und freue mich auf diese Erfahrung.
Stefan Rößle ist Landrat im Kreis Donau-Ries und Vorsitzender der KPV der CSU in Bayern
Dieser Beitrag ist in der Dezember-Ausgabe der KOPO erschienen.
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Das Spendenkonto „Eine Welt“ wurde speziell für Schulbauprojekte in Burkina Faso eingerichtet:
– IBAN: DE38 7225 0160 0020 0600 00
– Stichwort: „Eine Welt“
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