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Abwanderung aus den neuen Bundesländern ist gestoppt

Allgemein

Die jahrzehntelange Abwanderung aus den neuen Bundesländern ist gestoppt. Seit 2012 können die fünf Flächenländer im Osten mehr Menschen aus dem Westen oder dem Ausland anziehen, als sie umgekehrt verlieren. Von dieser Trendwende profitiert allerdings nur eine Minderheit der Gemeinden.

Lediglich 15 Prozent von ihnen verzeichneten zwischen 2008 und 2013 mehr Zu- als Fortzüge – 85 Prozent der ostdeutschen Gemeinden erlebten weiterhin eine Nettoabwanderung. Das Gefälle zwischen den Wachstums- und Schrumpfregionen wird damit immer größer. Zu diesem Ergebnis kommen die Autoren der Studie „Im Osten auf Wanderschaft“, die das Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung jetzt vorgestellt hat. Insbesondere die ostdeutschen „Leuchttürme“ Leipzig, Dresden, Jena, Erfurt und Potsdam sind zu neuen Magneten geworden, vor allem für junge Menschen, die einen Ausbildungs- oder Studienplatz suchen. Weil sich in den Städten der Arbeitsmarkt verbessert hat, verbleiben viele von ihnen dort auch nach der Ausbildung. Selbst eine Familiengründung treibt die jungen Menschen nicht mehr unbedingt in die Randgebiete der Ballungsräume. Damit verfügen die ostdeutschen Flächenländer endlich wieder über national und international wettbewerbsfähige Städte. „Gerade die neuen Bundesländer brauchen diese Zentren, die sich wirtschaftlich wie demografisch dynamisch entwickeln“, so Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts „Sie können als wichtige Wachstumsmotoren bei ansonsten rückläufigen Einwohnerzahlen wirken und sollten weiter gestärkt werden.“

Die Kehrseite dieser Entwicklung ist, dass die Großstädte vor allem junge Einwohner aus den ländlichen Regionen abziehen. Zwar können einige entlegene und kleine Gemeinden im Saldo Familien anziehen, dieser Zuzug wiegt jedoch die Verluste bei den übrigen Altersgruppen nicht auf. In der demografischen Gesamtbilanz bleiben diese ländlichen Gemeinden auf Schrumpfkurs. „Damit sie nicht weiter in die Abwärtsspirale aus Bevölkerungsrückgang und schwindender Infrastruktur geraten, sind neue, am Bedarf vor Ort orientierte Versorgungsformen notwendig“, sagt Institutsleiter Klingholz.

Einige mittelgroße Städte können sich jedoch in einem schrumpfenden Umfeld stabilisieren. „Dies birgt Vorteile“, erklärt Manuel Slupina, der Hauptautor der Studie: „Als lokale Versorgungszentren bieten sie kurze Wege zu Ärzten, Apotheken, Geschäften, Restaurants oder kulturellen Einrichtungen.“ Ihre Leistungsfähigkeit ist für die Lebensqualität der gesamten Region wichtig. Für die steigende Zahl der Ruheständler aus dem Umland dürften diese Städte weiter an Anziehungskraft gewinnen. „Die Städte sollten sich dabei nicht scheuen, ihr altersfreundliches Umfeld nach außen zu vermarkten“, rät Slupina. „Die Befürchtung, dies könnte potenzielle jüngere Zuwanderer vergraulen, ist fehl am Platz.“ Ein Zuzug von Älteren bedeutet auch eine verstärkte Nachfrage nach Dienstleistungen und damit neue Arbeitsplätze für jüngere Menschen etwa für Friseure, Kulturschaffende, im Handel und in der Pflege.

Die große Zahl an Flüchtlingen, die derzeit – und voraussichtlich auch weiterhin – nach Deutschland kommt, wird über das gesamte Land verteilt. Auch in kleineren Orten oder entlegenen Regionen sind so Menschen aus Syrien, Irak oder Afghanistan angelangt. „Für die ländlichen Gemeinden eröffnet sich damit die Chance, neue Bewohner zu gewinnen“, sagt Reiner Klingholz. „Wo sich Flüchtlinge dauerhaft niederlassen, könnten Schulen vor der Schließung bewahrt werden, neue Geschäfte oder kleine Unternehmen entstehen und Leerstand würde zu Wohnraum.“ Zwar verfügen ländliche Kommunen, anders als die Städte, kaum über Migrantennetzwerke, die Neuankömmlinge anziehen. Sie bieten jedoch andere Vorteile: Wo die Gemeinschaft in Vereinen oder über die Freiwillige Feuerwehr organisiert ist, wo man sich gegenseitig kennt und unterstützt, ist eine Integration prinzipiell leichter möglich als im anonymen städtischen Umfeld. „Gemeinden, die sich gezielt um neue Mitbürger aus der großen Zahl der Flüchtlinge bemühen, sollten dabei Unterstützung der Länder erhalten“, fordert Reiner Klingholz.

 

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