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Bundestagsdebatten finden kaum noch Zuhörer

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Die Bundesbürger interessieren sich immer weniger für die Diskussionen im Deutschen Bundestag. Nur jeder Vierte kann sich konkret an eine Debatte der letzten Monate erinnern, und auch die Medienberichterstattung über die parlamentarische Arbeit hat sich in den vergangenen Jahren halbiert. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine Studie der Bertelsmann Stiftung über Debatten und Fragestunden im Bundestag.

Nach einer aktuellen Umfrage der Stiftung für die Studie hat in den vergangenen Monaten nur gut ein Viertel der Befragten in Deutschland (27 Prozent) eine Bundestagsdebatte im Radio oder Fernsehen verfolgt. Noch weniger können sich an ein dort diskutiertes Thema erinnern. Im Vergleich zu den 80er Jahren ist dies ein Rückgang um die Hälfte. Die geringe Wahrnehmung des Bundestages hat konkrete Auswirkungen: Nach dieser Umfrage können beispielsweise heute nur 54 Prozent die aktuellen Oppositionsparteien im Bundestag benennen.

Eine vergleichende Medienanalyse verzeichnet einen klaren Rückgang um 41 Prozent der Berichterstattung in den wichtigsten deutschen Print- und Online-Medien. Dabei wurden in den vergangenen zwölf Monaten lediglich 275 Beiträge in den wichtigsten deutschen Print- und Online-Medien verzeichnet; gegenüber 468 Beiträgen im Vergleichszeitraum der Jahre 2005 bis 2006. Über einzelne DAX-Unternehmen wird deutlich mehr berichtet als über alle Bundestagsdebatten zusammen.

Um die Diskussionen im Bundestag zukünftig wieder lebendiger, transparenter und bürgerfreundlicher zu gestalten, schlägt die Stiftung eine umfassende Reform der Regierungsbefragung im Bundestag vor. So sollen durch attraktivere Formate die Bürger mehr und direkt beteiligt werden. Nach Einschätzung der Studienautoren würden vor allem Fragen und unmittelbare Antworten zu aktuellen Themen zwischen den Entscheidern und Fragestellern mehr Dynamik in die politische Debatte bringen.

Über die Studie „Debatten und Fragestunden im Deutschen Bundestag“

Die Studie basiert auf mehreren komplementären Analysen zur Nutzung der Debatten- und Frageformate im Deutschen Bundestag, der Wahrnehmung des Parlamentes bei den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Berichterstattung über Debatten und Fragestunden in deutschen Medien. Ein quantitativer und qualitativer Vergleich mit der Fragestunde im britischen Unterhaus zeigt Anwendungspotenziale und Grenzen einer Übertragbarkeit des britischen Modells für Deutschland auf. Die repräsentative Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach wurde in der Zeit vom 1. bis zum 11. September 2014 unter 1.530 Personen im Alter ab 16 Jahren vorgenommen.

Die Präsenzanalyse deutscher Leitmedien über einen vergleichbaren Zeitraum von zwei Jahren (2005/06 und 2013/14) wurde durch das F.A.Z.-Institut/PRIME Research erstellt. Gegenstand der quantitativen Analyse ist die Berichterstattung deutscher Leitmedien über die Debatten des Deutschen Bundestages. Die Präsenz von Bundestagsdebatten in Medien wurde mit der Präsenz ausgewählter DAX30-Unternehmen verglichen. Ebenso erfolgte ein Vergleich mit der Berichterstattung über das britische Unterhaus in britischen Medien.

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