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Hamburger entscheiden über Rückkauf ihrer Energienetze

Energie, Versorgung

Wenn am kommenden Sonntag ganz Deutschland aufgerufen ist, einen neuen Bundestag zu wählen, dürfen die Hamburger Bürger zusätzlich in einem Volksentscheid bestimmen, ob die Stadt die Energienetze zurück kaufen soll. Die Netze für Strom, Gas und Fernwärme sollen nach Wunsch der Initiative „Unser Hamburg – unser Netz“ wieder zurück in die öffentliche Hand. Der Senat der Stadt ist dagegen. Mit einer strategischen Beteiligung könne man auch so alle gewünschten Ziele erreichen.

stadtwerke-nmann77-Fotolia1,3 Millionen Hamburger sollen am 22. September zusätzlich zur Bundestagswahl ihr Kreuz beim Volksentscheid zum Rückkauf der Hamburger Energienetze machen. Für den Rückkauf tritt die Initiative „Unser Hamburg – unser Netz“ ein, die von Umweltverbänden, Kirche, der Gewerkschaft GEW, Grünen und Linken sowie der Verbraucherzentrale unterstützt wird. Auf der anderen Seite stehen der Senat der Stadt, Wirtschaftsverbände SPD, CDU, und FDP sowie die Gewerkschaft BCE. Zu teuer, sagen die einen. Machbar und auf lange Sicht sinnvoll, sagen die anderen.

Konzessionen laufen aus

Für das Hamburger Stromnetz läuft die Konzession Ende 2014 aus. Das Gasnetz könnte zwei Jahre später, Ende 2016, übernommen werden. Einzig bei der Fernwärme gibt es unterschiedliche Ansichten, wann und wie diese an die Stadt zurück gehen kann. Mit dem Vattenfall-Vorgänger HEW habe Hamburg 1994 vereinbart, dass die Fernwärme nach 20 Jahren wieder an die Stadt zurück gehen könne. Vattenfall sieht das anders. Der Fall müsste wohl gerichtlich entschieden werden.

In jedem Fall würde die Rekommunalisierung der Netze teuer werden. Dennoch hält die Initiative den Rückkauf für machbar. Das neu zu gründende städtische Unternehmen soll ihrer Ansicht nach, ohne den Haushalt zu belasten, etwa mit Hilfe kommunaler Bürgschaften günstige Kredite aufnehmen. So hat Hamburg im vergangenen Jahr auch den Kauf von 25,1 Prozent an den Energienetzen finanziert. 543,5 Millionen Euro zahlte die Stadt an Vattenfall und E.ON dafür. Die Kredite wiederum sollen aus den Gewinnen des städtischen Unternehmens abbezahlt werden.

Ein kompletter Rückkauf soll mindestens 2 Milliarden Euro kosten. Dies ist allerdings nur ein aus dem schon für die Anteile gezahlten Preis hochgerechneter Schätzwert. Laut Initiative würde der vollständige Rückkauf 500 Millionen Euro günstiger sein. Doch sie kann nur schätzen, da die Stadt das Gutachten zur Kaufpreisermittlung nicht herausgibt. Dagegen hat die Initiative vergeblich geklagt.

Der Senat und ihm voran der Bürgermeister argumentieren, dass man mit Vattenfall und E.ON Investitionen in die ökologische Modernisierung der Hamburger Energieversorgung vereinbart habe. Mit dem strategischen Einkauf von rund 25 Prozent und den geschlossenen Verträgen erreiche man alles, was man sich vorgenommen habe. Gehe dagegen der Netzkauf auf Pump wirtschaftlich schief, werde es sehr teuer. Eine Gewinngarantie ist mit den Netzen nicht verbunden.

Sollte es am Sonntag zu einem deutlichen „Ja“ der Bürger kommen, müssten Senat und Bürgerschaft alle notwendigen und zulässigen Schritte unternehmen, um die Hamburger Energienetze wieder vollständig in die öffentliche Hand zu übernehmen. Allerdings sind nur Senat und Bürgerschaft an den Entscheid gebunden. Die Energieversorger Vattenfall und E.ON wollen die Mehrheit an den Netzen behalten und können nicht zum Verkauf gezwungen werden. Somit müsste Hamburg den Weg über die Konzessionsausschreibung gehen. Eine Netzgesellschaft müsste gegründet werden, die sich um die Konzession bewirbt. Allerdings muss sie sich dann gegen andere Wettbewerber durchsetzen. Die Konzession wird zwar von der Stadt vergeben, doch schauen Bundeskartellamt und Netzagentur bei Konzessionsvergaben ganz genau hin. Eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung der eigenen Netzgesellschaft könnte sonst Klagen nach sich ziehen.

 

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