In Nordrhein-Westfalen soll ab dem nächsten Schuljahr ein gemeinsamer Unterricht für behinderte und nicht behinderte Schüler eingeführt werden. Dafür soll die Inklusion im nordrhein-westfälischen Schulgesetzt verankert werden. Die Kommunen, Lehrerverbände und die kommunalen Spitzenverbände befürchten Mehrkosten in dreistelliger Millionenhöhe. Unklar ist, wer die Kosten übernimmt. Um eine drohende Verfassungsklage zu vermeiden, will die Landesregierung nun ein einjähriges Moratorium, wonach die Kommunen die entstehenden Folgekosten ein Jahr lang prüfen und erst dann über eine Klage entscheiden sollen.
Für Nordrhein-Westfalens Schulministerin Löhrmann ist das Thema Inklusion klar. Die Kommunen würden keine Aufgaben übernehmen müssen, die sie nicht schon jetzt haben. Deshalb müsse das Land auch keine Mehrkosten erstatten. Kommunen, Spitzenverbände und Lehrerverbände argumentieren dagegen. Vor allem fehlen gesetzliche Standards für die Inklusion, die allen Beteiligten Sicherheit und verlässliche Strukturen etwa für eine genaue Schulentwicklungsplanung geben, sowie eine Zusicherung der erforderlichen Finanzmittel für die bauliche, sächliche und personelle Ausstattung.
Damit die Inklusion nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ umgesetzt werden kann, braucht es nach Auffassung der Kommunen und Spitzenverbände mehr Ressourcen für Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte, für mehr Sonderpädagogen, Schulbegleiter, Pflege- und Assistenzkräfte und noch vielem mehr. Auch die Barrierefreiheit an muss berücksichtigt werden.
Verlässliche Planung ist nicht möglich
Neben Aussagen zur generellen Finanzierung und einer Anerkennung der Konnexität vermissen die Lehrerorganisationen und kommunalen Spitzenverbände eine realistische Kostenfolgeabschätzung, die über Jahre hinweg eine vernünftige Planung und Umsetzung der Inklusion überhaupt erst ermöglicht. Die Landesregierung argumentiert, dass aufgrund der Komplexität des Vorhabens keine Schätzungen möglich seien. Ein Gutachten, welches von den kommunalen Spitzenverbänden im Juli vorgestellt wurde, entkräftet diese Aussage. In dem Gutachten wurde exemplarisch für die Stadt Essen sowie für den Kreis Borken nachgewiesen, dass selbst bei Ausbau der Inklusion unter einfachsten Qualitätsstandards erhebliche Mehrkosten für die Kommunen entstehen. Die Prognoseverfahren des Gutachtens seien auf alle Kommunen in Nordrhein-Westfalen übertragbar.
CDU-Schulexpertin Petra Vogt warnte die Koalition davor, das Gesetz nach dem „vernichtenden Urteil“ der Experten in der Anhörung einfach durchzupeitschen. Schulministerin Löhrmanns Angebot, im Gesetz eine verschärfte „Evaluierungsklausel“ zur späteren Prüfung möglicher Mehrkosten zu verankern, hält die CDU für unzureichend.