Der Fiskalpakt ist beschlossen. Bund und Länder haben sich kurz vor der parlamentarischen Pause nach zähen Verhandlungen geeinigt. Die Kommunen können aufatmen, denn sie werden deutlich entlastet und durch den Fiskalpakt nicht zusätzlich belastet.
Antje tillmann MdB, Vorsitzende des KPV-Bundesfachausschusses Finanzen, erklärt die Funktionsweise und Details des Fiskalpakts in der Sommerausgabe der KOPO.
Mit dem Fiskalpakt verpflichten sich 25 von 27 EU-Staaten (außer Großbritannien und Tschechien), einheitliche und dauerhaft verbindliche Haushaltsregeln in ihren nationalen Rechtsordnungen zu verankern. Die vereinbarte Schuldenbremse lehnt sich stark an das deutsche Vorbild an. Damit soll die akute, zu hohe Staatsverschuldung schnellstmöglich zurückgeführt und zukünftige übermäßige Staatsverschuldung nachhaltig vermieden werden.
Ergänzung bereits bestehender Regeln
Der Fiskalpakt ergänzt und verschärft die bestehenden EU-Regeln, also den Stabilitäts- und Wachstumspakt zur haushalts- und wirtschaftspolitischen Überwachung. Eine dieser Verschärfungen besteht darin, dass von den Staaten eine Reduzierung ihrer über 60 Prozent liegenden Staatsschulden um ein Zwanzigstel jährlich (Art. 4 Fiskalpakt) gefordert wird.
Die Schuldenbremse
Zusätzlich sieht der Vertrag nationale Schuldenbremsen vor. Das gesamtstaatliche strukturelle Defizit darf die Obergrenze von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht übersteigen, solange die Schuldenquote nicht deutlich unter 60 Prozent liegt (Art .3 Abs. 1 Buchst. b) und d). Die Verantwortung für solide Finanzen liegt damit da, wo sie hingehört: auf nationaler Ebene. Die Umsetzung in nationales Recht muss mit starker und permanenter Bindungswirkung, vorzugsweise auf Verfassungsebene, erfolgen (Art. 3 Abs. 2).
Die Umsetzung kann durch eine Klage vor dem EuGH durchgesetzt werden (Art. 8). Kläger sind die Staaten des aktuellen Dreiervorsitzes im Rat. Mitgliedstaaten, die sich in einem Defizitverfahren befinden, müssen ein Konsolidierungsprogramm auflegen (Art. 5). Die Eröffnung und alle weiteren Beschlüsse im Rahmen eines Defizitverfahrens werden hinsichtlich der Nichteinhaltung des Defizitkriteriums künftig mittels umgekehrt qualifizierter Mehrheit quasi automatisch erfolgen (Art. 7).
Wirtschaftliche Koordinierung
Die Vertragsparteien verpflichten sich zu einer verstärkten wirtschaftspolitischen Koordinierung (Art. 9 ff.). Der Vertrag regelt das Verfahren zur besseren politischen Steuerung des Währungsgebiets in Gestalt von regelmäßigen, mindestens zwei Mal im Jahr stattfindenden Tagungen des Euro-Gipfels (Art. 12).
Einbeziehung demokratisch gewählter Abgeordneter
Es ist zudem die Möglichkeit einer Konferenz von Vertretern des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente zu Fragen der Haushaltspolitik und anderer vom Vertrag erfasster Angelegenheiten vorgesehen (Art. 13).
Der Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM)
Der ESM soll für ein Jahr parallel zur Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) bestehen und diese dann ersetzen. Geraten Staaten der Währungsgemeinschaft in eine existentielle finanzielle Schieflage, die die Stabilität der Euro-Zone als Ganze ernsthaft gefährdet, können sie Hilfen beantragen (Europäische Zentralbank und Kommission entscheiden, ob eine Notfallsituation für die Euro-Zone als Ganze vorliegt). Die Spanne an Hilfsmaßnahmen reicht von Hilfskrediten (Art. 16 ESM-Vertrag) und vorsorglichen Kreditlinien an Staaten (Art. 14) über Primärmarkt- und Sekundärmarktkäufe von Staatsanleihen (Art. 17, 18) bis zu Darlehen an den Staat zur Rekapitalisierung seiner Finanzinstitute (Art. 15).
Die nationalen Regierungen sind nur dann berechtigt, einen Antrag auf Hilfe zu stellen, wenn sie zuvor auch den Fiskalpakt ratifizieren und sich zu Haushaltsdisziplin verpflichten (Abs. 5 Präambel ESM-Vertrag). Deshalb sind Fiskalpakt und ESM auch zwei Seiten derselben Medaille.
Auch für das aktuelle Beispiel Spanien gilt: Obwohl nicht der Staat, sondern die Banken des Landes sich in finanzieller Schieflage befinden, bleibt der Staat Antragsteller und Empfänger der Hilfsmaßnahmen. Er trägt das Risiko des Ausfalls. Im Zweifel muss der Staat aufgrund der dann höheren Verschuldung verstärkt Reformen vorantreiben …
Dies ist nur ein Auszug des Artikels von Antje Tillmann MdB. Den kompletten Artikel finden Sie in der aktuellen KOPO.