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Ohne Wettbewerb kein erfolgreicher Breitbandausbau

Allgemein, Versorgung

Die Ausbauziele der Breitbandstrategie der Bundesregierung bis 2014 sind ehrgeizig. Bei der Versorgung mit dem Internet gibt es große regionale Unterschiede. Vor allem im ländlichen Raum gibt es noch viele weiße Flecken. Die Frage ist, wie man möglichst schnell aus den Städten heraus auf das Land kommt.

gruetznerEin Beitrag von Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbandes
der Anbieter Telekommunikations- und Mehrwertdiensten
(VATM e.V.)

 

Zweifellos ist der Breitbandausbau in Deutschland weiterhin eine große Herausforderung für die nächsten Jahre. Sie ist nur zu meistern, wenn die erforderlichen Investitionen gemeinsam von der Telekom Deutschland und den Wettbewerbern geschultert werden, um so möglichst schnell und möglichst viele Haushalte erreichen zu können. In den vergangenen Jahren haben die Wettbewerber mehr als die Hälfte der Investitionen getragen – seit der Liberalisierung insgesamt rund 55 Milliarden Euro.

Glasfaser-SC-Stecker©meerisusi-Fotolia_27664965_XLNur über die Vielfalt der Technologien und Anbieter sind die ehrgeizigen Breitbandziele der Bundesregierung noch zu erreichen. Wir brauchen ein Anreizsystem, das Investitionen ermöglicht. Dabei treiben in diesem Jahr vor allem drei Themen die Diskussion: die Mietpreise für die sogenannte letzte Meile bis zum Endkunden, die Regelungen für den Einsatz der Vectoring-Technologie und der drohende Politikwechsel in Brüssel.

Die von der EU-Kommission geführte Diskussion zur Steigerung von Breitbandinvestitionen gerät immer mehr zum Vabanquespiel für die Wettbewerber im Markt. Mit der sich derzeit in der Abstimmung befindlichen EU-Empfehlung zur „Kostenorientierung und Nichtdiskriminierung“ droht die Abkehr von einem verlässlichen, wettbewerbsfördernden und in weiten Teilen erfolgreichen EU-Telekommunikationsmodell. Um die selbst gesetzten Breitbandziele erreichen zu können, verzichtet die EU-Kommission auf eine konsequentere Förderung bewährter Regulierungsgrundsätze und setzt im Rahmen eines Paradigmenwechsels einseitig auf Investitionsanreize für Ex-Monopolisten.

Ein Kurswechsel im Rahmen der EU-Regulierungspolitik führt jedoch nicht zu den gewünschten Investitionen in FttH/B-Netze, dem Glasfaserausbau bis zum Gebäude/der Wohnung, und hilft nicht, die EU-Breitbandziele zu erreichen. Die Entwicklung auf dem deutschen Markt zeigt nachweislich, dass die Telekom Deutschland (TD) sich auf die Ausbaugebiete in den Städten und Ballungszentren konzentriert, in denen sie Kunden an die Kabelnetzbetreiber verliert. Die im Rahmen der Vectoring-Strategie von der TD gesetzte Quote, 65 Prozent der Bevölkerung mit breitbandigen Anschlüssen zu erreichen, entspricht in etwa dem von Seiten der Kabelnetzbetreiber erreichbaren Ausbaugebiet. Sie betrifft damit die Aufrüstung in den bereits breitbandig gut erschlossenen Städten und Ballungszentren.

Die Investitionen der Telekom in neue Glasfasernetze liegen trotz ihrer extrem hohen Einnahmen aus den Mieten für die Teilnehmeranschlussleitung (TAL) seit Jahren weit unter den Breitbandinvestitionen der Wettbewerber. Auch insgesamt liegt europaweit der Anteil der FttH-Investitionen durch die etablierten Betreiber bei 22 Prozent, während 70,6 Prozent der Investitionen von alternativen Betreibern sowie 6,4 Prozent von Gemeinden verwirklicht worden sind (Quelle: IDATE for FTTH Council Europe 2012).

Damit verfehlt die Kommission nicht nur das selbst gesetzte Ziel zusätzlicher Investitionsanreize in FttH/B und vor allem FttC als sinnvollen Zwischenschritt, sondern belohnt Incumbents, die weiterhin auf die alte Kupferader setzen. Die EU-Kommission setzt in Deutschland damit mehr als die Hälfte der Investitionen aufs Spiel, ohne dass die Telekom Deutschland strategisch und wirtschaftlich in den eher ländlichen Bereichen den Ausbau vorantreiben würde.

 

Höhere TAL-Miete behindert Breitbandausbau

Durch die Entscheidung der Bundesnetzagentur (BNetzA), den monatlichen Mietpreis für die gesamte TAL um 11 Cent auf 10,19 Euro zu erhöhen, gewinnt die Telekom Millionen für ihren eigenen Breitbandausbau in den ohnehin bereits gut versorgten wettbewerbsintensiven Regionen. Zugleich bedeutet dies eine deutliche Belastung des Wettbewerbs und der Infrastrukturinvestoren in Höhe  von mehr als 37 Millionen Euro im Genehmigungszeitraum und eine Entwertung der Investitionen der Unternehmen, die Glasfaser bis zum Hauptverteiler (HVt) gebaut haben.

Da praktisch auch alle bis zum Kabelverzweiger (KVz), dem grauen Kasten am Gehwegrand,  ausbauenden Unternehmen weiterhin auf die überteuerte lange HVt-TAL angewiesen sind, wird auch deren Investitionskraft geschwächt. Die Erhöhung der HVt-Miete um einen insgesamt zweistelligen Millionenbetrag ist daher eine unerklärliche Kehrtwende weg von der Planungssicherheit für Investoren. Die Begründung beruht auf einem Berechnungsmodell, das an den Marktrealitäten vorbeigeht: Statt realer Kosten, wie vom VATM seit Jahren gefordert, werden fiktive Wiederbeschaffungswerte für abgeschriebene uralte Kupferleitungen angesetzt. Statt die nur hypothetische Wiederbeschaffung dann wenigstens hypothetisch per Glasfaser zu realisieren, legt die BNetzA Kupferpreise zu Grunde. Statt fiktiver Durchschnittspreise wird der nur fiktive Ausbau unter Berücksichtigung real steigender Tiefbaukosten ermittelt. Real sinkende TAL-Anschlusszahlen verteuern zusätzlich die „Stückkosten“ pro TAL.

Aber es wird noch absurder: Die fiktiven Kosten stiegen laut der erfolgten Berechnung auch deshalb, weil sich wegen der drohenden zukünftigen Glasfasernutzung die Nutzungsdauer des – nur fiktiv neu eingebauten – Kupfers deutlich verkürze. Die BNetzA berechnet also zu Lasten der Wettbewerber die Kosten für eine technische und wirtschaftliche Fehlinvestition. Selbst wenn man weiter – ganz hypothetisch – von Wiederbeschaffung ausgeht, so sollte zumindest der technisch heute zwingende Ausbau in Glas und die entsprechend jahrzehntelange Nutzung dieser Neuinvestition zu Grunde gelegt werden.

Vorschläge für ein faires Vectoring

Bei ihrem Entwurf für die Nutzung der Vectoring-Technologie – die Leitungen noch schneller macht –   sind die Bemühungen der BNetzA Investitionen weiter zu ermöglichen, hingegen deutlich erkennbar. Es muss jedoch festgestellt werden, dass die vorgeschlagenen Vectoring-Regelungen gleichwohl einseitig Ausbaumöglichkeiten der Telekom begünstigen. Zugleich besteht für die Wettbewerber in deutlich geringerem Maße Planungssicherheit. Der Vorschlag der Regulierungsbehörde geht über die eigentliche Regelung etwaiger Konfliktfälle hinaus. Sie sieht sogar nachträglich Kündigungsrechte der Telekom gegenüber den Unternehmen vor, die zuerst in den Breitbandausbau investiert und die Versorgung der Bürger ermöglicht haben. Dies mit Eigentumsrechten der Telekom zu begründen, hält der VATM nicht für schlüssig und politisch für ungerechtfertigt.
Um die Investitionsmöglichkeiten der Telekom, aber auch der Wettbewerber gerade in weniger gut versorgten Gebieten aufrechtzuerhalten und, wenn möglich, zu verbessern, sind aus Sicht des VATM in vier Bereichen Korrekturen und Klarstellungen am Entwurf der Bundesnetzagentur erforderlich.

1.     Bisher sind keine klaren Sanktionen vorgesehen. Wenn die TD den Ausbau ankündigt, ihn dann aber unterlässt, werden andere Investoren blockiert. Im betroffenen Ortsnetz muss für betroffene Unternehmen, aber auch für die Politik klar sein, dass bei unterlassenem Ausbau alle weiteren Blockademöglichkeiten der TD entfallen.

2.     Die einseitig zu Gunsten der TD geplanten Kündigungsmöglichkeiten müssen gegenüber Investoren, die zumindest in bislang nicht versorgten Gebieten den Erstausbau betreiben, präzise eingeschränkt werden, damit Investitionsanreize gesetzt werden können

3.     Einseitige Planungs- und Kündigungsmöglichkeiten der TD müssen ausgeschlossen sein, wenn hierdurch Ausschreibungs- und Förderungsmöglichkeiten im Rahmen der EU-Vorgaben zu Lasten von regionalen Investoren eingeschränkt werden.

4.     Auch fehlt Klarheit bei der Ausgestaltung hochwertiger Bitstrom-Vorproduktangebote am Hauptverteiler, die eine Angebotsvielfalt für den Kunden garantieren.

Fazit: Wir möchten mit unseren Vorschlägen die im Grundsatz gute Zielsetzung unterstützen. Sie spiegeln die Erfahrung der Unternehmen wider, die fest entschlossen sind, weiter in die verbesserte Versorgung der Bürger zu investieren. Nur bei gleichwertigen Investitionsbedingungen können wir die Breitbandziele des Bundes und der Länder gemeinsam mit der Telekom Deutschland erreichen.

Bild:meerisusi@Fotolia

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