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Interview – Fit für die Großstadt?

Interview

Nur noch wenige Städte werden von der CDU regiert – alle anderen von sozialdemokratischen und neuerdings auch immer öfter von grünen Oberbürgermeistern. Versteht die CDU die Großstädte nicht, hat sie die falschen Themen oder die falschen Kandidaten? Dr. Eva Lohse ist seit dem 1. Januar 2002 Oberbürgermeisterin in Ludwigshafen. KOPO-Chefredakteurin Gaby Grabowski sprach mit der beliebten Politikerin über moderne Großstadtpolitik, erfolgreiche Kandidaten und ihr Erfolgsgeheimnis.

Eva Lohse Interview

Dr. Eva Lohse ist seit dem 1. Januar 2002 Oberbürgermeisterin der Stadt Ludwighafen.

KOPO: Ist die CDU in den Großstädten für moderne urbane Menschen einfach nicht mehr wählbar – also keine Großstadtpartei mehr?

Dr. Eva Lohse: Die CDU ist eine Volkspartei. Das heißt, sie hat den Anspruch, sich mit ihrem politischen Angebot an alle soziologischen Gruppen und Schichten der Bevölkerung zu richten. Das schließt selbstverständlich die Menschen in den großen Städten ein. Die CDU kann ihren Status als Volkspartei nur dann erhalten, wenn sie – auch – eine Großstadtpartei ist.

 

KOPO: Die CDU hat viele krachende Niederlagen in den Großstädten hinnehmen müssen und die Oberbürgermeisterwahlen verloren. Sie regiert nur noch in drei der 20 größten deutschen Städte. Sogar in Stuttgart, einer traditionellen CDU-Hochburg regieren jetzt die Grünen.

Dr. Eva Lohse: Was heißt regieren? In Frankfurt, zum Beispiel, gibt es einen neuen Oberbürgermeister von der SPD, aber immer noch eine schwarz-grüne Koalition im Stadtrat. Auch in vielen anderen Städten ist die CDU mit in der Verantwortung, ohne den Oberbürgermeister zu stellen. Ich will das Problem nicht kleinreden, aber ich finde, wir sollten das differenzierter betrachten. Die Wirklichkeit ist komplizierter. Nach der OB-Wahl in Stuttgart hieß es, die CDU treffe nicht mehr das Lebensgefühl in den Großstädten. Dabei wird völlig übersehen, dass es in Stuttgart im ersten Wahlgang ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Kandidaten von CDU und Grünen gegeben hat, während die SPD-Kandidatin praktisch keine Rolle gespielt hat.

 

KOPO: Dennoch wählt der gut situierte Mittelstand in den Ballungsräumen heute eher Grün als Schwarz – kommen die Konservativen zu verstaubt daher? Sind die Grünen da besser?

Dr. Eva Lohse: Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt. Wolfgang Schuster hat in Stuttgart vieles von dem, was die Grünen üblicherweise in ihre Wahlprogramme schreiben, längst umgesetzt. Eine modernere Politik kann man kaum machen. Trotzdem gilt die CDU bei vielen, wie Sie es gesagt haben, als „verstaubt“.

 

KOPO: Was erwarten die Bürger heute noch von moderner Großstadtpolitik – was sind die relevanten Themen?

Dr. Eva Lohse: Die Leute erwarten von der Kommunalpolitik nicht, dass sie die Welt verändert, sondern dass sie die konkreten Probleme vor Ort löst. Für uns in Ludwigshafen war das in den letzten Jahren tatsächlich in erster Linie Familienpolitik. Wir haben 70 Millionen Euro in den Ausbau der Kindertagesstätten investiert und 300 zusätzliche Erzieherinnen eingestellt. Wir haben mittlerweile in jeder Schulform ein Ganztagsangebot. Und wir haben Baugebiete ausgewiesen, die vor allem für junge Familien mit Kindern interessant sind. Andere wichtige Themen sind die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen, der Erhalt beziehungsweise der Ausbau der Infrastruktur, natürlich auch der Verkehrsinfrastruktur.

 

KOPO: Hat sich die Stadtgesellschaft verändert? Trifft die CDU nicht mehr das richtige Lebensgefühl?

Dr. Eva Lohse: Wir haben es in den Städten zunehmend mit einer saturierten Gesellschaft zu tun. Der Wohlstand, den wir als Gesellschaft insgesamt erreicht haben, wird oft als selbstverständlich vorausgesetzt. Es fehlt das Verständnis dafür, dass wir uns anstrengen müssen, wenn wir diesen Wohlstand erhalten wollen. Das ist das Lebensgefühl, aus dem manche politischen Wettbewerber ihre Erfolge ziehen. Ich glaube, dass es gefährlich ist, wenn sich dieses Gefühl verfestigt. Und zwar nicht nur für die CDU als Partei, sondern daraus kann eine politische Haltung entstehen, die insgesamt den Wohlstand in unserem Land gefährdet.

 

KOPO: Was muss ein Kandidat heute mitbringen, um gewählt zu werden?

Dr. Eva Lohse: Er – oder sie – muss in erster Linie kompetent sein. Zum bürgerlichen Ethos gehört es, dass Führungspersonal vor allem nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ausgewählt wird. Zur Eignung für ein politisches Führungsamt gehören natürlich auch kommunikative Fähigkeiten. Und vor allem braucht man ein großes Maß an Empathie. Die Arbeit einer Oberbürgermeisterin ist nicht einfach nur ein Job, sondern sie ist auch eine Art von Beziehung. Wer keinen inneren Bezug zu „seiner“ Stadt und zu den Menschen hat, der kann dieses Amt nicht ausfüllen.

 

KOPO: Im Moment sind die Frauen in der Politik sehr erfolgreich. Angela Merkel als Bundeskanzlerin, in Rheinland-Pfalz konnte Julia Klöckner schon beachtlicher Erfolge vorweise und tritt zu den nächsten Landtagswahlen als aussichtsreiche Kandidatin für das Amt der Ministerpräsidentin an. Sie stehen als Oberbürgermeisterin seit 2002 an Spitze von Ludwigshafen – was können Frauen in der Politik besser als Männer?

Dr. Eva Lohse: Ich kann nur sagen, was mir persönlich hilft. Das ist zum einen, dass ich in Gesprächen in der Regel zuerst einmal versuche, zuzuhören, um zu erfahren, was mein Gegenüber bewegt. Das zweite ist, dass ich Entscheidungen nicht über das Knie breche, sondern dass ich versuche, mich gründlich zu informieren, dass ich sorgfältig abzuwägen und nach einer Lösung suche, mit der möglichst viele leben können. Und der dritte Punkt ist, dass ich mich nicht dadurch profiliere, dass ich schlecht über andere rede.

KOPO: Herzlichen Dank für das Gespräch.

Das komplette Interview können Sie in der aktuellen Ausgabe der KOPO lesen.

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