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Energy Sharing – Ein Reallabor in der Gemeinde Bakum

Allgemein

Erneuerbaren Strom produzieren und vor Ort nutzen und teilen? Was sich wie Zukunftsmusik anhört, wird in einem Demonstrationsprojekt in der Gemeinde Bakum schon heute realisiert. Christian Haase war zu Besuch bei neoom: Das Start-up hat gemeinsam mit der Energiegenossenschaft Bakum und EWE NETZ eine Energy Sharing Community ins Leben gerufen. Geteilt wird der Strom aus einem gemeinsamen Windpark und PV-Anlagen. Das fördert die Akzeptanz für den Ausbau Erneuerbarer Energien und stärkt die Gemeinschaft.

In der Gemeinde Bakum im niedersächsischen Oldenburger Münsterland entsteht derzeit in einem Pilotprojekt eine Energy-Sharing-Community. Darin teilen die Mitglieder der Bürgerenergiegemeinschaft Bakum den Strom ihres gemeinsamen Windparks und ihrer PV-Anlagen auf dem Dach. Damit dies trotz noch fehlender gesetzlicher Rahmenbedingungen möglich ist, haben sich die Gemeinde Bakum, die Energiegenossenschaft Bakum, die EWE Netz GmbH und das Freistädter Scaleup neoom in einem Demonstrationsprojekt zusammengetan.

Die Gemeinde Bakum nutzt bereits einen Großteil an erneuerbaren Energien für die Gewinnung von Strom und Wärme. In Bakum wird mehr Strom erzeugt, als verbraucht wird, nämlich genau 164 Prozent.

Bakums Bürgermeister Tobias Averbeck setzt für 2024 einen klaren Schwerpunkt beim Thema Energie. Dabei liegt ihm die Kostensicherheit besonders am Herzen. Erfreut ist er, dass die Gemeinde im Bereich der Erneuerbaren Energien bereits besser aufgestellt ist als manch andere.

Wir sind bei vielen Themen in unserer Gemeinde besser aufgestellt als andere, ja man spricht sogar von der Vorreiterkommune Bakum, was das Thema Erneuerbare Energien angeht. Das schafft Planungs- und Kostensicherheit. Gerade das Thema Planungssicherheit ist in der Politik zu etwas Besonderem geworden, wobei das schon seltsam ist. Denn Planungssicherheit und Verlässlichkeit sollten zur politischen DNA gehören. Leider erlebt man gerade vor allem auf der Bundesebene das genaue Gegenteil davon. Wir legen deshalb aber nicht die Hände in den Schoß, sondern wollen beim Thema Erneuerbare Energien weiter denken. Das beinhaltet vor allem das Thema energy sharing. Hier wollen wir im neuen Jahr mit unseren Partnern EWE, neoom und der Energiegenossenschaft Bakum ein erstes Leuchtturmprojekt an den Start bringen“, so der Bürgermeister. 

Klimaaktive Kommune

Die Gemeinde Bakum baute in den letzten Jahren die Stromerzeugung durch erneuerbare Energien stetig aus. So auch auf den Dächern der kommunalen Gebäude. Seit Oktober 2022 ist auf der Sporthalle Bakum eine Photovoltaikanlage mit 99,63 kWp und seit Januar 2024 auf der Oberschule Bakum eine Anlage mit 99,44 kWp installiert.

Zudem soll auf dem neuen Rathaus, das im März 2024 bezogen wurde, ab 2025 ebenfalls eine 50 kWp Photovoltaikanlage in Betrieb genommen werden.

Die Photovoltaikanlage der Sporthalle Bakum konnte nur realisiert werden, weil im Vorfeld eine umfangreiche Dachsanierung das Gebäude aus 1989 zu einem KfW-70 Gebäude werden ließ. Gewünschter Nebeneffekt war die Anpassung der Statik, sodass die Tragfähigkeit für die PV-Anlage gegeben war. Die KfW-Förderung hatte aber auch Schattenseiten. Die PV-Anlage durfte wegen der KfW-Förderung keinen erneuerbaren Strom ins öffentliche Netz einspeisen (Doppelförderungsverbot). Die Folge war, dass nur der Eigenverbrauch der Sport- und Schwimmhalle in Höhe von circa 20 bis 40 kW von der PV-Anlage bereitgestellt werden durfte, da diese beiden Gebäude im Gegensatz zu unserem Rathaus, der Oberschule und der KiTa St. Anna auch schon vor Umsetzung des Projektes über einen Hausanschluss verbunden waren.

Bei höherer Sonneneinstrahlung regelte sich dann die Anlage auf dem Sporthallendach ab. In Zeiten der Energiekrise und dem allgemeinen Wunsch von mehr erneuerbar erzeugter Energie sorgte das für Unverständnis.

Aus diesem Unverständnis entwickelte sich die Projektidee. Schließlich gab es weitere kommunale Gebäude in der örtlichen Nähe der Sporthalle, die ebenfalls Strom benötigten und noch keine PV-Anlage hatten. Aufgrund dieser örtlichen Nähe kam die Überlegung, mit dem überschüssig erzeugten Strom der Sporthalle auch weitere Gebäude in der Nähe zu versorgen.

Hilfreich bei der Umsetzung war die Kooperation mit dem Batteriespeicherhersteller neoom aus Österreich. Mit der Firma neoom erarbeitete die Gemeinde Bakum ein Pilot-Modell zur Umsetzung von Energy Sharing. Die Versorgung der kommunalen Gebäude mit dem Strom von Sporthalle und Oberschule wurde dann von der ortsansässigen Firma Elektro Baumann umgesetzt.

Konkret wurden die Hausanschlüsse von fünf Gebäuden (Sporthalle, Schwimmhalle, Oberschule, Kita St. Anna und Rathaus) getrennt und zu einem gebündelten Anschluss mit einer Leistung von 250 kW an einer Stelle zusammengefasst. An dieser Stelle wurde auch ein 200 kW Batteriespeicher installiert. Der neue, gebündelte Hausanschluss verfügt zudem über einen Zugang zur Einspeisung mittels eines Notstromaggregats. So könnten im Ernstfall alle Gebäude zentral mittels Generator versorgt werden.

Das Projekt ließ sich in dieser Form nur umsetzen, da alle Grundstücksflächen der betroffenen Gebäude aneinander angrenzen und im Eigentum der Gemeinde Bakum stehen. Wäre das nicht der Fall, würden Netzentgelte fällig, die die Wirtschaftlichkeit des Projektes gefährdet hätten. Ein derartiges Projekt unter kommunalen Liegenschaften in Deutschland ist nach unserer Erkenntnis bislang einzigartig. Durch Berichte der örtlichen Presse wurden auch andere Städte und Gemeinden auf das Projekt aufmerksam und erkundigten sich über die Realisierung.

Autor:

Christian Haase MdB, Haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Bundesvorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands (KPV)

Dieser Beitrag erscheint in der KOPO-Ausgabe 9/2024.
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