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Digitale Identität: Der Perso im Handy

Digitalisierung

In der nun vorgelegten Digitalstrategie ist auch von der Digitalen Identität die Rede. Eine wichtige Frage zur Digitalen Identität wird viel zu selten gestellt: Kann hier der Personalausweis mit seiner Online-Ausweisfunktion (eID) einen Beitrag leisten?

Der gemeinnützige Verein buergerservice.org e.V. betreibt seit der Vereinsgründung im Jahr 2014 Aufklärungsarbeit zur Online-Ausweisfunktion des Deutschen Personalausweises (eID). Als Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender von buergerservice.org kann ich die Frage mit einem deutlichen „Ja“ beantworten. Um es auf den Punkt zu bringen: Deutschland ist beim Thema sichere digitale Identitäten (SDI) in einer Pole Position, aber keiner weiß das.

Selten – wenn überhaupt – und dann auch nur in SDI-Fachkreisen spricht man davon, dass es in Deutschland seit über 12 Jahren den Deutschen Personalausweis mit Online-Ausweisfunktion (eID = elektronische Identität) gibt, und dass das System immer noch nicht in der Breite genutzt wird. Dabei ist es international eine unangefochtene Erkenntnis, dass ohne sichere digitale Identitäten wichtige Bereiche der Digitalisierung (E-Government, E-Health, IoT usw.) nicht umfangreich erschlossen werden können.

Sicherer Identitätsnachweis in der digitalen Welt


An dieser Stelle versucht das übliche Internet-Marktgeschehen seit vielen Jahren eine attraktive technische Lösung für die sichere digitale Identität herzustellen und zu vermarkten. Begriffe aus dem globalen Internet, wie Blockchain, FIDO, ID-Wallet, Bank-ID, Apple-ID, Google-ID, Identity-Provider und vieles mehr tauchen dabei sehr häufig in den Projekten auf. Vielfältige staatliche Fördermaßnahmen unterstützen seit mehreren Jahren dieses Marktgeschehen. Von außen betrachtet scheint es wie ein Hamsterrad, was nie das eigentliche Ziel erreichen kann.

Foto: Bundesministerium des Innern und für Heimat

buergerservice.org hat sich deshalb mit der Frage auseinandergesetzt, was wollen wir mit der sicheren digitalen Identität erreichen? Wir kamen dabei zu dem Schluss, dass wir unser Rechtswesen in der digitalen Welt ebenbürtig wie in der analogen Welt verfügbar haben wollen. Das Rechtswesen, welches einem einfachen Prinzip gerecht werden muss: wer einem anderen einen Schaden zufügt, muss dafür Verantwortung übernehmen. Da nicht jede Person freiwillig diese Verantwortung übernimmt, wird sie haftbar gemacht. Verantwortung können aber nur wir Menschen übernehmen und nicht die Technik. Wir Menschen haben uns dafür in den staatlichen Hoheitsgebieten entsprechend organisiert (Gesetze, Verwaltung, Polizei, Staatsanwälte, Gerichte, Strafvollzug usw.). Damit das System nach den Regeln des jeweiligen Staates funktioniert, hat jeder Staatsbürger eine Staatsbürgerschaft, eine vom jeweiligen Staat herausgegebene analoge Identität. Diese analoge Identität muss in der digitalen Welt verfügbar gemacht werden: „nur eine echte analoge Identität ist eine gute digitale Identität“

Wenn es also um haftungsrechtliche Fragen in der digitalen Welt geht, stößt das globale Internet an Grenzen: die staatlichen Hoheitsgebiete. Länder, welche im Bereich der sicheren digitalen Identitäten und deren Akzeptanz und Nutzung durch die Bevölkerung deutlich weiter sind als Deutschland, haben eine einzige landesspezifische Lösung. Dabei spielt es in den jeweiligen Ländern keine Rolle, ob man einen Kartenleser für die digitale Identität anschaffen muss wie in Estland, ob man seine Bank-ID zum Einsatz bringt, wie etwa in Schweden, oder ob man für sein Smartphone im Bürgeramt eine ID registrieren lässt wie in Österreich.

Sicher und nutzerfreundlich


Das oben beschriebene SDI-Marktgeschehen in Deutschland ist noch zu sehr durch das globale Internet geprägt und kommt aus dem „Hamsterrad“ nicht heraus. Es bedarf in Deutschland Anstrengungen, um dieses Marktgeschehen mit der bereits vorhandenen staatlichen Lösung, der eID, zusammenzuführen. Deutschland hat für circa zwei Milliarden Euro in einem zehnjährigen Austauschverfahren den Deutschen Personalausweis mit Online-Ausweisfunktion an alle Deutschen Staatsbürger ausgegeben. Das Smartphone kann als Kartenlesegerät, und in naher Zukunft durch eine elektronische Kopie aus dem Kartenausweis als Kartenersatz, verwendet werden. Die Usability der zugehörigen Software (AusweisApp2) ist zwischenzeitlich hervorragend. Die dezentrale Datenhaltung im PIN-geschützten Kryptochip in jedem einzelnen Kartenausweis macht einen einzelnen oder massenhaften Datenklau unmöglich und gibt jedem Ausweisinhaber die volle Kontrolle über seine Daten.

Deutschland hat aus Sicht von buergerservice.org beim Thema SDI mit dem Deutschen Personalausweis eines der weltweit besten Produkte geschaffen und an seine Bürgerinnen und Bürger herausgegeben. Allerdings wurden bisher noch keine der Aufgabe entsprechenden Marketingmaßnahmen (Vertrieb, Aufklärung, Wissensvermittlung usw.) unternommen. Es bedarf entsprechender Investitionen, damit wir unsere SDI-Pole-Position in den Bereichen Technik, Prozesse, Organisation, Recht auch auf die Bereiche Akzeptanz und Nutzung ausdehnen können.

Mehr Informationen unter www.buergerservice.org

Foto: privat

Autor: Rudolf Philipeit, Vorstandsvorsitzender buergerservice.org

Dieser Beitrag erscheint in der Oktober-Ausgabe der kommunalpolitischen blätter (KOPO).

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