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Daten gehen zur Verwaltung, nicht die Menschen

Digitalisierung

Eine gut ausgebaute digitale Infrastruktur, eine moderne Verwaltung und effektiver Datenschutz sind Schlüssel zu Innovation und Wachstum. Da neben US-amerikanischen Techgiganten vor allem asiatische Unternehmen und Staaten an der Spitze der digitalen Transformation stehen, lohnt sich ein vergleichender Blick nach Asien als führende Wachstums- und Innovationsregion der Welt.

Der Blick nach Asien zeigt: Im Bereich der digitalen Innovation spielt es eine entscheidende Rolle, wie Innovation angestoßen wird. Zudem ist es wichtig, wie das Vertrauen der Menschen in staatliche Stellen und Unternehmen ausgeprägt ist und für wie kompetent sie diese halten, mit neuen Technologien umzugehen.

Grundlage für die digitale Transformation in vielen Ländern Asiens sind strategische politische Initiativen, die langfristige Visionen definieren. Die Regierung Taiwans formulierte im Jahr 2017 die Vision einer smarten Nation mit offenen Daten und innovativen Anwendungen als Eckpfeiler. Die sogenannte MyData-Plattform und das ministeriumsübergreifende Übertragungsnetzwerk und Portal „T-Road“ bilden zusammen mit der elektronischen Identität (Electronic Identification Cards), kurz eID, als Schlüssel zur Nutzung der personenbezogenen Daten den Kern der dortigen modernen digitalen Verwaltung. Die Plattform ähnelt sehr dem estnischen X-Road und den Plattformen, die Finnland und Estland seit Jahren in Betrieb haben – nachdem die Bürgerinnen und Bürger ihre Identität mithilfe der eID verifiziert haben, können sie verschiedene staatliche Dienstleistungen über T-Road beantragen.

Die vom taiwanesischen National Development Council (NDC) aufgebaute personalisierte digitale Serviceplattform MyData ist das zentrale Projekt im Rahmen des taiwanesischen Smart Government. Mit dem Kerngedanken der „souveränen Einwilligung“ der Bürgerinnen und Bürger und dem sicheren Zugang zu Daten wurde eine Online-Service-Plattform entwickelt, die verschiedene Regierungs- und Verwaltungsbehörden verbindet. So müssen bestimmte Bescheide von Bürgerinnen und Bürgern nicht erneut und zusätzlich verlangt werden, wenn sie elektronisch beantragt und übermittelt werden können. Mit anderen Worten, die „Daten laufen“ von einer zu anderen Staatsinstanz, nicht die Menschen.

Foto: © nicholashan – stock.adobe.com

Datenhoheit liegt bei den Bürgern

Mit der eID wird das Kontrollrecht über persönliche Daten an die Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben. Über die Plattform My-Data entscheiden sie, welche personenbezogenen Daten an welche Institutionen zur einmaligen Nutzung weitergegeben werden. Die Datenhoheit bleibt bei den Bürgerinnen und Bürgern. Mit der Einwilligung der betroffenen Person ermächtigt die eID Behörden und Finanzinstitute, persönliche Daten zur einmaligen Nutzung zu übertragen, was die Qualität und Effizienz des öffentlichen Dienstes erhöht. Gleichzeitig kann man dies als einen Ausdruck der gelebten digitalen Souveränität der Bürgerinnen und Bürger sehen.

Erstaunlicherweise sind solche Transformationsprozesse auch in Asien keine Einbahnstraße. Der verpflichtende Charakter vieler digitaler Werkzeuge ist ein Dorn im Auge der Zivilgesellschaft. Dass beispielweise die Umsetzung der My-Data-Plattform in Taiwan mehrmals verschoben werden musste, lag an vermehrten Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit und zum Teil am Datenschutz. Der Druck der Zivilgesellschaft erzeugte parteiübergreifend Wirkung, sodass die Fortentwicklung der digitalen Verwaltung an zusätzliche Aufsichtsmaßnahmen geknüpft wurde. Transparenz und offene Daten sind ein wesentlicher Baustein für Bürgerbeteiligung sowie Innovation. Sie werden als wichtiger Bestandteil des Wirtschaftswachstums und der besseren Regierungsführung auf der ganzen Welt angesehen, da sie als Grundlage für viele Dienste und Anwendungen dienen. Das taiwanesische Informationsfreiheitsgesetz als Grundlage der Open-Data Politik knüpft an Informationen und nicht an Daten an und soll Vertrauen in das Staatswesen schaffen.

In Taiwan lässt sich anschaulich beobachten, wie eine starke Kooperation zwischen Regierung, Zivilgesellschaft und Unternehmen im Sinne einer Offenen Regierungsführung (Open Government) entstanden ist. Das definierte Ziel ist es, neben der Verbesserung der digitalen Behördendienste eine öffentlich-private gemeinsame Governance zu erreichen, indem Daten – seien es personenbezogene Daten, Open oder Big Data – in einer transparenten Art und Weise genutzt werden und die Kraft aller gesellschaftlichen Kreise von der Industrie über die Regierung bis hin zu akademischen und Forschungseinrichtungen zusammengeführt und mobilisiert wird.

Was Deutschland daraus lernen kann?

Vertrauen in den Staat und eine digital kompetente Verwaltung sind wichtige Voraussetzungen für das gesamte nationale Innovationsökosystem. Hierfür müssen entsprechende Kompetenzen langfristig aufgebaut werden. Verwaltungs- und Dienstleistungsplattformen erweisen sich als Grundpfeiler eines digitalen „smarten“ Staates und sollten mit öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen begleitet werden – warum der Staat bestimmte Maßnahmen digital umsetzt und was die Mehrwerte daraus sind, muss transparent gemacht werden. Daneben ist die Öffnung der Regierung und Verwaltung und die Einbindung der Zivilgesellschaft und Wirtschaft im Sinne eines Open Government ausschlaggebend.

Foto: © KAS

Autor: Christian Echle, Leiter der Abteilung Asien/Pazifik der Konrad-Adenauer-Stiftung

Dieser Beitrag ist in der Mai-Ausgabe der kommunalpolitischen blätter (KOPO) erschienen.

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