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Digitalisierung im Gerichtssaal

Digitalisierung

In Baden-Württemberg schreitet die Digitalisierung in den Gerichtssälen weiter voran: Immer mehr Gerichte führen die papierlose E-Akte ein und sind mit W-LAN ausgestattet. Während der Pandemie wurden in den Arbeitsgerichten bereits zwei Drittel aller Verhandlungen per Video geführt.

Am Arbeitsgericht Ulm wird bei Richter Nikolaus Zimmermann über eine Kündigung verhandelt. Doch anstatt persönlich im Gericht präsent zu sein, sind ihm die Beteiligten auf einem Bildschirm zugeschaltet.

Während der Pandemie setzten die Gerichte in Baden-Württemberg stärker auf Videoverhandlungen, um Kontakte zu reduzieren. Insbesondere ist dies bei den Arbeitsgerichten geschehen – laut eines Sprechers des Justizministeriums in Stuttgart fanden dort während der Pandemie bereits zwei Drittel aller Verhandlungen per Video statt.

Land schafft technische Voraussetzungen

Um dies möglich zu machen, müssen zunächst Grundlagen für die Digitalisierung von Gerichtssälen geschaffen werden: Laut Justizministerium arbeiten rund 70 der Gerichte im Südwesten mit der elektronischen Akte, 40 weitere sollen dieses Jahr hinzukommen.

Foto: © Sandor-Jackal-Fotolia.com

Weiterhin ist es notwendig, die Gerichte mit Internet zu versorgen. Bislang ist dies in 700 Gerichtssälen der Fall.

Richter Zimmermann schätzt an den Videoverhandlungen vor allem den Umweltaspekt. „Wenn etwa mehrere Prozessbeteiligte eine lange Anfahrt haben für eine Verhandlung, die auch mal nur einige Minuten dauern kann, lässt sich damit einiges an Aufwand sparen“, erklärt er.

Zudem sei es erstaunlich, wie wenig anders eine Videoverhandlung im Vergleich zu einer Verhandlung in Präsenz ablaufe.

Der Ministeriumssprecher aus Stuttgart betont, dass die Videoverhandlung in der Zivil- und Arbeitsgerichtsbarkeit aus dem gerichtlichen Alltag nicht mehr wegzudenken sei.

Nicht für alle Prozesse geeignet

Da es bei den Arbeitsgerichten eine klareTrennung zwischen Güte- und Kammerterminen gibt, sind die Videoverhandlungen dort besonders geeignet, so Zimmermann. Er hält sie bei den Güteterminen, wo zunächst geklärt wird, ob es nicht doch zu einer Einigung kommen kann, für eine gute Lösung. Die Grenze sei aber dort, wo es stark auf den persönlichen Eindruck ankomme oder sehr komplexe Sachverhalte zu erörtern seien.

Die Ansicht des Richters teilt auch das Justizministerium. Dennoch spricht sich Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges für einen Ausbau der Videoverhandlungen aus. Sie fordert zudem, dass Richter Video-Prozesse verbindlich anordnen können. Das würde auch Arbeitsrichter Zimmermann helfen. Bislang weiß er nämlich nie genau, wer per Video zugeschaltet sein wird und wer dann doch zu ihm ins Gericht kommt. Der Aufwand, dies bei allen Prozessen und mit allen Beteiligten vorher abzusprechen, sei einfach zu groß, erklärt er.

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