Profitstreben darf keine treibende Kraft im Gesundheitswesen sein. Doch genau diese Gefahr sehe ich bei den investorengetragenen medizinischen Versorgungszentren (iMVZ). Ihr Versorgungsanteil und damit auch ihr Einfluss wachsen rasant. Seit 2015 ist ihre Zahl im Freistaat um mehr als 220 Prozent gestiegen. Das birgt erhebliche Risiken für die Versorgung. Denn das Streben nach Profitmaximierung steht in einem Zielkonflikt mit einer am Wohl der Patientinnen und Patienten ausgerichteten Versorgung.
Wenn man ein iMVZ mit einer Einzelpraxis vergleicht, fällt auf: Die MVZ in Händen von Finanzinvestoren rechnen im Schnitt pro Patient etwa 10 Prozent mehr Leistungen ab. Ökonomische Motive scheinen also eine größere Rolle zu spielen. Das kann auch den Patienten schaden und verschlechtert die Finanzlage der Krankenkassen noch weiter, während ein oft undurchsichtiges Netz aus Investoren Gewinne einfährt.
Der wachsende Einfluss der iMVZ birgt auch erhebliche Risiken für die Versorgung im ländlichen Raum. So verlagern Finanzinvestoren die Versorgungskapazitäten verstärkt in lukrative Ballungsgebiete – mit entsprechenden nachteiligen Folgen für die flächendeckende Versorgung der Bürgerinnen und Bürger. Bei den medizinischen Versorgungszentren in Investorenhand brauchen wir auch deshalb dringend mehr Regulierung und mehr Transparenz.
Für Transparenz und klare Richtlinien
Bayern setzt sich hierfür sowohl im vertragsärztlichen als auch im vertragszahnärztlichen Bereich seit längerem ein. Auf Initiative Bayerns haben die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Gesundheit der Länder bereits im Rahmen der 94. Gesundheitsministerkonferenz (GMK) im November 2021 einstimmig beschlossen, iMVZ weiter zu regulieren. Die GMK hat den Bund aufgefordert, eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter seiner Federführung einzurichten.
Leider hat das BMG zunächst keinerlei Interesse gezeigt, sich dieses Themas anzunehmen. Deshalb hat Bayern die Initiative ergriffen und vorgeschlagen, eine länderoffene Länderarbeitsgruppe einzusetzen, an welcher das BMG mitwirkt. Die Auftaktsitzung fand am 10. November 2022 statt; weitere Sitzungen werden folgen. Ob und inwieweit das BMG allerdings bereit ist, Ergebnisse der Länderarbeitsgruppe aktiv umzusetzen und damit selbst regulierend tätig werden zu wollen, ist nach wie vor offen.
Wir dürfen nicht noch mehr Zeit verlieren. Da sich neu gegründete iMVZ auf ihren Bestandsschutz berufen können, sind fortschreitende Veränderungen in der Versorgungslandschaft unumkehrbar. Wir brauchen hier endlich Transparenz, etwa ein Register, und klare Richtlinien bei der Gründung von iMVZ.
Klar ist: Für alle Bürgerinnen und Bürger Bayerns muss die ärztliche Versorgung wohnortnah und in guter Qualität gewährleistet werden. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) stellt dabei qua Gesetz die vertragsärztliche Versorgung sicher. Um Versorgungsdefizite zu beheben, hat die KVB vielfältige Fördermaßnahmen bis hin zum Betrieb von Eigeneinrichtungen: Ich begrüße es, dass die erste KVB-Eigeneinrichtung seit Juli im Landkreis Wunsiedel im Bereich der hautärztlichen Versorgung tätig ist.
Förderung des medizinischen Nachwuchs
Wir flankieren die KVB-Aktivitäten mit weiteren zielgerichteten Maßnahmen. Unsere Niederlassungsprämie haben wir zur Landarztprämie ausgebaut. Mit ihr fördern wir auch Filialbildungen und medizinische Versorgungszentren im ländlichen Raum.
Mit dem Stipendienprogramm haben wir Anreize geschaffen, um Studierende für eine spätere Tätigkeit im ländlichen Raum zu gewinnen. Wir fördern angehende Ärztinnen und Ärzte, die sich im Gegenzug verpflichten, im Anschluss an die Facharztausbildung mindestens fünf Jahre im ländlichen Raum tätig zu werden. Bisher konnten wir so schon 287 Studentinnen und Studenten für eine spätere Tätigkeit im ländlichen Raum motivieren.
Auch mit der Landarztquote, die wir zum Wintersemester 2020/21 etabliert haben, trägt die Staatsregierung zum Erhalt und zur Verbesserung der medizinischen Versorgung in ländlichen Regionen bei. Die Abiturnote spielt dabei im Auswahlverfahren keine Rolle. Bewerberinnen und Bewerber sichern dafür zu, als Fachärztin beziehungsweise Facharzt der Allgemeinmedizin oder der Inneren Medizin mindestens zehn Jahre in einem bayerischen Bedarfsgebiet zu praktizieren.
Darüber hinaus fördert das StMGP den qualitativen Ausbau von Weiterbildungsverbünden oder die Gesundheitsregionenplus, die Hausärztinnen und Hausärzte bei der Niederlassung durch Beratung und Vernetzung ebenfalls unterstützen können – und dies vielerorts bereits tun. Nicht zuletzt wollen wir die Kommunen bei ihren Bemühungen um eine wohnortnahe medizinische Versorgung unterstützen. Dazu werden wir 2023 ein Förderprogramm zur Unterstützung des kommunalen Engagements für eine wohnortnahe vertragsärztliche Versorgung auflegen.
Autor: Klaus Holetschek MdL, Bayerischer Staatsminister für Gesundheit und Pflege
Dieser Beitrag ist in der Dezember-Ausgabe der kommunalpolitischen blätter (KOPO) erschienen.
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