Am 5. September nullt es bei Thomas Hunster-Petermann. Der Hammer Oberbürgermeister, stellvertretender KPV-Bundesvorsitzender und Landesvorsitzender der KPV in Nordrhein-Westfalen wird 60 Jahre alt. An die Rente denkt das politische Schwergewicht noch lange nicht. Warum auch? Hunsteger–Petermann blickt auf etliche politische Erfolge zurück und hat noch viel vor. Die KOPO sprach mit ihm über seine Lieblingsstadt, den gläsernen Elefanten und wie man Wahlen gewinnt.
KOPO: Der 60.Geburtstag – bedeutet diese Zahl etwas für Sie?
Hunsteger-Petermann: Der 60. Geburtstag ist nur eine von vielen Stationen in meinem Leben. Ich messe diesem Tag nicht die ganz große Bedeutung zu. Dass ich älter werde, merke ich im Wesentlichen daran, dass mein erstes Enkelkind auf der Welt ist. Ich selbst fühle mich topfit, so dass ich mir über alles Weitere keine Gedanken mache.
KOPO: 2014 sind Kommunalwahlen und 2015 sind Oberbürgermeisterwahlen in Nordrhein-Westfalen. Heißt das, dass Sie wieder antreten?
Hunsteger-Petermann: Ich selbst fühle mich in keiner Weise abgenutzt – und die Menschen in Hamm bewerten das zum Glück ganz ähnlich. Nach 14 Jahren Amtszeit ist diese Zustimmung nicht unbedingt selbstverständlich. Mit Ausnahme von ganz wenigen Momenten habe ich nach vor große Lust auf diese Aufgabe – und die braucht man auch bei den Herausforderungen, die noch vor uns liegen.
KOPO: Wie gewinnt man Wahlen?
Hunsteger-Petermann: Man wird nicht für die Verdienste der Vergangenheit gewählt, sondern für die Vorhaben in der Zukunft. Für Hamm bedeutet das: Wir müssen nach wie vor am Strukturwandel arbeiten, neue Arbeitsplätze schaffen und für eine gute, zukunftsfähige Bildung unserer Kinder sorgen. Zudem ist es eine Mammutaufgabe, den demografischen Wandel zu bewältigen.
KOPO: Was macht einen guten Oberbürgermeister aus?
Hunsteger-Petermann: Der Bürger erwartet einen Leitungsanspruch. Ein Oberbürgermeister muss wissen, was er bewirken will – und er muss seine Vorstellungen konsequent durchsetzen, auch wenn es mal Diskussionen und Widerstände gibt. Das heißt natürlich nicht, dass ein Umschwenken verboten ist, wenn es bessere Lösungen als die eigenen gibt. Grundsätzlich ist es wichtig, dass sich ein Oberbürgermeister ehrlich um die Belange der Bürger kümmert.
KOPO: Was waren politische Highlights in Ihrem Leben, auf was sind Sie stolz?
Hunsteger-Petermann: Ich bin stolz auf den wirtschaftlichen Wandel in Hamm. In früheren Zeiten haben mehr als 15 000 Menschen im Kohlebergbau und in der Stahlindustrie gearbeitet – diese Arbeitsplätze konnten wir komplett auffangen, vor allem durch den Ausbau der Logistik. Im Jahr 2009 wurde die staatliche Hochschule Hamm-Lippstadt gegründet. Sie wurde mit dem Gesetz zum Ausbau der Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen durch den Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen beschlossen. Schwerpunkte sind die Fächer, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Damit erfahren die bestehenden Bildungsangebote in der Region eine hervorragende Ergänzung. Der Weg bis heute war nicht unbedingt einfach: Viele Entwicklungen haben wir uns hart erarbeitet. Das Symbol für den Fortschritt und den Wandel in unserer Stadt ist der „Gläserne Elefant“.
KOPO: Der gläserne Elefant …
Hunsteger-Petermann: … ist das Wahrzeichen unserer Stadt, das man im Ruhrgebiet und den umliegenden Regionen kennt. Die ehemalige Waschkaue der Zeche „Maximilian“ wurde durch den heimischen Künstler Horst Rellecke zu einem „Gläserne Elefant“ umgestaltet, der für die Besucherinnen und Besucher sogar begehbar ist. Der „Maximilianpark“ wurde 1984 für die erste Landesgartenschau in Nordrhrein-Westfalen gestaltet. Damals hat kaum jemand geglaubt, dass auf einem ehemaligen Zechengelände so etwas Schönes entstehen kann.
KOPO: Haben sie auch Niederlagen erlebt? Wie geht man damit um?
Hunsteger-Petermann: Am besten ist es, Niederlagen ganz zu vermeiden. Das gelingt am ehesten, wenn man mit Leuten im Gespräch bleibt und sie so weit wie möglich in die Entscheidungen mit einbindet: Nicht nur nach außen, sondern auch nach innen. Wir als CDU haben immer geschlossen abgestimmt. Das ist wichtig. Eine Partei oder eine Fraktion, die sich nach außen zerschießt, hat keine Zukunft. Um das zu verhindern, braucht es viel interne Kommunikation, auch wenn das manchmal sehr viel Zeit kostet. Natürlich habe auch ich Abstimmungen verloren, natürlich musste auch ich mit meinen Interessen zurückstehen: zum Beispiel, als es um den „Lippesee“ ging, der unserer Stadt in vielerlei Hinsicht einen Schub gegeben hätte. Auch um die Müllverbrennungsanlagen gab es in den 80er Jahren schwere Auseinandersetzungen. aber damit muss man leben. Die Mehrheit kann man nicht beschimpfen. Ich rege mich zwar schnell mal auf – aber genauso schnell ich rege ich mich auch wieder ab.
KOPO: Was ist Macht und was macht Sie mit einem?
Hunsteger-Petermann: Macht darf kein Selbstzweck sein. Macht ist vor allem die Chance zur Gestaltung. Wenn man sieht, dass aus der eigenen Arbeit etwas Gutes hervorgeht, dann ist das ein schönes Gefühl.
KOPO: War das gerade ein flammendes Plädoyer für die Kommunalpolitik?
Hunsteger-Petermann: Ich bin ein leidenschaftlicher Kommunalpolitiker. Das bezweifeln nicht einmal meine härtesten Kritiker. Der besondere Reiz liegt im Unmittelbaren: Genau damit haben aber auch die Momente zu tun, die gelegentlich etwas anstrengend sind. Mit ehrlicher Kritik habe ich überhaupt kein Problem. Vielmehr ärgern mich die Menschen, die ausschließlich wissen, was sie alles nicht wollen. Nörgelei darf kein Prinzip sein.
KOPO: Was ist Ihr Rat an jungen Menschen, die sich für Politik interessieren?
Hunsteger-Petermann: Die Politik gestaltet das Leben der Menschen ganz unmittelbar – deshalb sollten auch junge Politiker ein Stück Lebenserfahrung mitbringen. Hilfreich dafür ist in jedem Fall eine abgeschlossene Berufsausbildung, zumal man dadurch auch ein zweites Standbein hat, das einem in wichtigen Situationen die nötige Gelassenheit geben kann.
KOPO: Seit 50 Jahren stehen Sie als Laiendarsteller auf der Waldbühne in Heesen und spielen die unterschiedlichsten Rollen. Was gibt Ihnen die Schauspielerei?
Hunsteger-Petermann: Das Theater ist für mich ein wichtiger Ausgleich. Ohne diesen Ausgleich kann man die Arbeit nicht machen, schon gar nicht erfolgreich. Zudem verliere ich durch die Waldbühne nie die Bodenhaftung: Viele kennen mich von kleinauf. Dort sagt man mir schonungslos, dass ich nicht der Größte und Schönste bin. Anders ist es auch nicht zu erklären, dass man mir bis heute nicht die Rolle des jugendlichen Liebhabers angeboten hat: Vermutlich war ich dafür schon immer zu …. kräftig.
KOPO: Wen haben Sie am liebsten gespielt??
Hunsteger-Petermann: Den Sheriff von Nottingham, den bösen Gegenspieler von Robin Hood. Man kann schließlich nicht immer edel und hilfreich sein. Ein bisschen blöd war damals nur, dass ich einfach nicht schießen kann. Während der Aufführung gab es immer wieder mal laute Lacher, weil ich die Zielscheibe nicht getroffen habe. Irgendwann haben wir die Pfeile direkt im Schwarzen platziert, ich musste dann nur noch in die richtige Richtung schießen.
KOPO: Hat der Politiker Hunster-Petermann etwas von dem Schauspieler Hunsteger-Petermann gelernt?
Hunsteger-Petermann: Ein Politiker sollte kein Schauspieler sein: Das merken die Menschen sofort. Das Theater hat mir die Angst vor Publikum genommen. Die Waldbühne hat immerhin 1700 Plätze, da verliert man schnell die Hemmungen. Es ist wichtig, dass man den Menschen bei seiner Rede direkt in die Augen schaut: Nur so kannst du wissen, ob du sie tatsächlich erreichst. Laut genug war ich immer: Mehr als 30 Jahre lang habe ich in meinem Fleischerbetrieb gegen Maschine angeredet -da kann man nicht mehr leise sprechen, selbst wenn man es mal möchte.
KOPO: Was ist Ihnen noch wichtig?
Hunsteger-Petermann: Am wichtigsten ist mir natürlich die Familie: Meine Frau Gerda, meine Tochter Maria, mein Schwiegersohn Stefan – und natürlich mein Enkelkind. In der Reihenfolge darf unser Hund Elli natürlich auch nicht fehlen. Zu jedem Morgen gehört ein ausgiebiger Spaziergang. Früher hat er mich gezogen, heute ist das ein wenig umgekehrt. Das ist in Ordnung, so lange ich ihn nicht durch das Dorf tragen muss.
KOPO: Die Politik, gerade die Arbeit eines Oberbürgermeisters nimmt aber sehr viel Zeit in Anspruch. Sitzungen, Termine, Einweihungen usw. Wie kommt die Familie damit klar?
Hunsteger-Petermann: Meine politische Tätigkeit war schon eine Belastung für die Familie, insbesondere für meine Frau. Schließlich mussten wir auch noch eine eigene Fleischerei betreiben. Meine Frau hatte aber immer Verständnis, zumal sie selbst Mitglied in der Jungen Union war. Gerda verfolgt sehr aufmerksam, was um mich herum so passiert. Wir können uns trefflich über Politik streiten. Außerdem ist Sie selber Gymnasiallehrerin und hat ihre eigenen Interessen
KOPO: Was sind die nächsten Ziele, die Sie erreichen wollen?
Hunsteger-Petermann: Wer sich weiterentwickeln will, muss sich sozial engagieren. Das gehört zu meinen christlichen Grundwerten. Besonders die Anliegen von jungen Menschen waren mir schon immer wichtig. Unser großes Ziel in Hamm ist es, allen Kindern die gleichen Bildungschancen zu bieten. Auf diesem Weg gibt es viele tolle Erfolge, insbesondere bei Familien, die ihre Wurzeln nicht in Deutschland haben. Gleichzeitig ist uns allen bewusst, dass wir auf unserem gemeinsamen Weg noch lange nicht am Ziel sind, es bleibt noch viel zu tun.
KOPO: Herzlichen Dank für das Gespräch. Die KPV gratuliert herzlich zum Geburtstag und wünscht Ihnen alles Gute und viel Erfolg für die Zukunft.
Das Gespräch führte Gaby Grabowski